Pflichtlektüre für TV-Zuschauer

Warum es nötig ist, die «Rundschau» zu sezieren.

Die Lektüre des Dreiteilers von Thomas Baumann kann so lange wie der dort in Scheiben zerlegte Beitrag der «Rundschau» dauern. Wieso sollte man sich das antun?

Zum einen, weil die «Rundschau» regelmässig ein paar Hunderttausend Zuschauer hat. Sie arbeitet zwar daran, ihr Publikum zu verkleinern, aber dennoch: sie ist eine Medienmacht. Was sie ausstrahlt, hat Wirkung. Wen sie kritisiert, der hat ein Problem.

Zum anderen, weil «Rundschau»-Beiträge regelmässig für politische Anliegen verwendet werden, sich in ihnen angebliche und selektiv ausgewählte Experten mit Eigenwerbung profilieren können.

Wer Macht hat, sollte damit sorgsam umgehen. Insbesondere, wenn es sich um Machtausübung in einem Zwangsgebührensender handelt, der zu Ausgewogenheit und Fairness verpflichtet ist.

Wer Macht hat, sollte zur Selbstkritik fähig sein, Fehlerkultur betreiben, sich auch mal für Fehlleistungen entschuldigen. All das trifft auf die «Rundschau» nicht zu. Sie lässt sogar auf harmlose Fragen die Medienstelle mit einer Null-Aussage antworten. Wie viele Redaktionsmitglieder eine Ergebenheitsadresse an ihren Chef unterzeichnet hätten, das könne nicht gesagt werden, «Persönlichkeitsschutz». Lachhaft.

Überhaupt nicht zum Lachen ist, was Baumann in seiner minutiösen Recherche (moderndeutsch Kontextualisierung) herausgefunden hat. Der Beitrag der «Rundschau» über die Prügelattacke in Schaffhausen erfüllt alle Kriterien. Leider nicht von professionellem, seriösem, anständigem Journalismus. Sondern er ist voll von Thesen- und Gesinnungsdemagogie. Er unterstellt, insinuiert, verknüpft filmisch (oder im gesprochenen Subtext) Ereignisse mit Vermutungen, stellt eine Pseudorealität her.

Es ist tatsächlich eine Kunst, in wenigen Minuten eine komplexe Story zusammenzufassen; dafür Dokumentarbilder zu finden, Protagonisten zu interviewen und längliche Ermittlungsergebnisse knapp in Bild und Ton zu übertragen. Überall muss selektioniert, herausgeschnitten, neu zusammengefügt werden, der Zuschauer muss an der Hand genommen und durch eine komplexe Realität geführt werden.

Das ist keine Hexenkunst, sondern banales Handwerk. Wie man das macht, zeigt (fast) jede angelsächsische Dokumentarsendung. Natürlich hat auch schon der Leuchtturm «60 Minutes» schwache Stunden gehabt. Aber hier herrscht im Allgemeinen kühle Professionalität, Faktencheck, wird hinterfragt und lieber zu Tode recherchiert als Unsinn publiziert.

Die Autopsie dieses einen Berichts der «Rundschau» ist nötig (und seine Lektüre auch), weil man danach der Forderung von Kurt W. Zimmermann in der «Weltwoche» zustimmen muss: eine solche «Rundschau» sollte eingestellt, abgeschafft werden. Weil sie nicht reformierbar ist. Was falsch ist, aber nicht besser und anders werden kann, bleibt falsch. Wäre die «Rundschau» so wenig wirkmächtig wie die Randrandgruppenorgane «Republik» oder «Nebelspalter», die zudem nicht von Zwangsgebühren finanziert werden, könnte man die Macher sich weiterhin in ihrer unter Luftabschluss verfaulenden Gesinnungsblase suhlen lassen.

Aber eine Sendung von SRF? Das geht nicht. Das kann nicht weg, das muss weg.

5 Kommentare
  1. Karl Warth
    Karl Warth sagte:

    Herzlichen Dank! Eine sehr kritische Figur in dem Ganzen stellt Agota Lavoyer dar. Es vergeht keine Woche mehr, in der sie nicht als Expertin bei SRF und/oder Tagi auftritt. Um die Hintergründe zu verstehen, lohnt sich ein Blick auf ihren Instagram-Account. Da wird klar: Es geht darum, feministische Bücher zu verkaufen. Lavoyer postet da Stories, mit in Leuchtstift markierten Zitaten aus dem eigenen(!) Buch.
    Was Agita Lavoyer ebenfalls auf Instagram gepostet hat, ist ihre Meinung zur Unschuldsvermutung. Sie dürfe nicht als „vermeintlich moralisches Prinzip“ benutzt werden. Sie fordert, man solle den Frauen pauschal mit „Wir glauben euch!“ begegnen und meint, das können man auch trotz der Unschuldsvermutung. Sie meint da irrwitzig, wenn man jemanden auf der Strasse nach der Uhrzeit fragen würde, man auch nicht davon ausgehen würde, dass die angegebene Uhrzeit nicht stimmen könne. Schöne Expertise, das…

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  2. Manfred
    Manfred sagte:

    Der ‹Rundschau› auf die Finger schauen und einseitige Darstellungen aufspiessen. Thats the way we like it!

    Aber: ich habe mir den Dreiteiler angetan und ich war nicht begeistert. Der forensische Stil ist das Eine. Der Anspruch an den Rundschaubeitrag kann doch nicht eine lückenlose Indizienkette mit mehrfach belegten Fakten sein. Und die penetrate Art, jede Verkürzung, jede unbelegte Aussage, jedes offene Ende in Art eines Winkeladvokaten auf die schlimmstmögliche Art zu interpretieren und dabei auch immer dasselbe in der anderen Richtung zu versuchen, ist mir sehr unangenehm aufgefallen.

    Also ich lese so etwas nur, wenn ich muss.

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  3. Victor Brunner
    Victor Brunner sagte:

    Nachrichten, Informationssendungen von SRF sind immer ideologisch geprägt, teilweise Pfusch. Was nicht genehm ist wird unterschlagen .
    Beispiel:
    Die Zivilverwaltung Israel hat 1270 Hektar im Westjordanland annektiert, zu israelischem Staatsland erklärt. Entspricht einer Fläche von fast 13 Quadratkilometern. Das der Landraub Israels die Situation im Nahen Osten anheizt wird den ZwangsgebührenzahlerInnen vorenthalten. Auch von jüdischen Organisationen die sich immer lautstark zu Wort melden nichts, kein Protest!

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  4. Guido Kirschke
    Guido Kirschke sagte:

    Die Unfehlbarkeit kann und muss sich nicht entschuldigen. Es wird sich bei der SRG nichts ändern, ausser die Zwangsgebühren würden abgeschafft.

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  5. H.R. Füglistaler
    H.R. Füglistaler sagte:

    Die Rundschau muss nicht abgeschafft werden. Nur das
    «Spitzenpersonal».
    Der Beitrag über FW konnte nicht absolut objektiv sein.
    Dass das Video aber eine derart weite Verbreitung gefunden
    hat, ist allein schon ein grosser Verdienst.

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