Achtung, Satire

Bei empfindlichen Journalisten mit Glaskinn muss man das sagen.

Nehmen wir uns den amtierenden US-Präsidenten als Beispiel. Schliesslich ist er die weisse Hoffnung vieler Journalisten und sagt über seinen Konkurrenten Donald Trump: «Ich verbrachte 90 Minuten auf der Bühne und debattierte mit einem Typen, der die Moral eines Strassenköters hat». Wie er dann wohl die Moral seines Sohnes qualifizieren würde?

Auch nicht gerade nett. Aber ZACKBUM geht es hier mehr um Joe Bidens Behauptung:

«Ich kann diesen Job machen.»

Das ist ein Wahlspruch, den sich auch viele Schweizer (und deutsche) Journalisten zu Herzen nehmen.

Fangen wir mit dem Ausland an. Die beiden Spitzenkräfte der «Süddeutschen Zeitung» haben mit einer Schmierenreportage über den ihnen unliebsamen Politiker Aiwanger den Ruf recht ramponiert; mit einer Bespitzelungsaktion gegen die eigene Redaktion während der Plagiatsaffäre um eine stellvertretende Chefredaktorin den Ruf versenkt. Dennoch sagen Wolfgang Krach und Judith Wittwer (obwohl die öffentlich eigentlich nie etwas sagt) sicherlich: Wir können diesen Job machen.

Der «Stern» hatte mal einen Henri Nannen als Chefredaktor und weit über eine Million Auflage. Der Henri-Nannen-Preis wurde umbenannt, den heutigen Chefredaktor kennt keiner, die Auflage kratzt an der Schwelle zu unter 300’000. Dennoch sagt Gregor Peter Schmitz, der sich nicht entblödet, bei der Preisverleihungsfeier nur vegetarische Gerichte anzubieten: Ich kann diesen Job machen.

Die Geschäftsführerin samt Chiefs, Officers und Kopfsalat bei der kleinen, unglücklichen «Blick»-Familie, die ein grauenhaftes Redesign zu verantworten hat, den kompetenten und erfolgreichen Oberchefredaktor Dorer mit unverständlicher Begründung feuerte, dem Boulevardblatt den Boulevard abtreiben will, mit «Blick+» einen plussenden Minuserfolg landete, Ladina Heimgartner sagt sicherlich auch: Ich kann diesen Job machen.

Das Quotenfrauen-Duo an der Spitze des einstmals angesehen Tages-Anzeigers ist dafür verantwortlich, dass das Blatt dramatisch an Substanz verloren hat, woke Gutmenschen mit ihren Hobbys und Steckenpferden die Leser quälen und vertreiben dürfen, die verbliebenen Konsumenten streng erzogen und auf den richtigen Lebensweg geführt werden sollen, wobei auch Schreibverbote und Kochgebote helfen sollen. Kompetente Vorgänger wurden zurückgestuft, wer kann, verlässt das sinkende Schiff. Dennoch sagen Raphaela Birrer, bei der die Redaktion zusammenzuckt, wenn sie ein neues Leitartikel-Desaster ankündigt,  und «Digital Leader» Kerstin Hasse im Duett: Wir können den Job.

Bevor aufgeheult wird: ja, das ist natürlich sexistisch und Ausdruck der Rape Culture und ein Beispiel für die männlich dominierte Unterdrückungssprache.

Auch Beat Balzli, der zur Chefredaktion der NZZamSonntag kam wie die Jungfrau zum Kind und seither nicht so recht weiss, was er mit diesem Job anfangen soll (zumindest von einer Online-Offensive ist nichts zu sehen), während er gleichzeitig allen Egobolzen auf der Redaktion freien Auslauf gibt, dabei aber das Niveau des Blatts, vor allem auf dem Cover, bedenklich senkt, sagt sicherlich: Ich kann diesen Job machen.

Das gilt selbstverständlich auch für Thomas Bucheli, dem Oberwetterfrosch von SRF. Zu den vornehmsten Aufgaben gehört die Wetterprognose; das ist eigentlich der Sinngehalt und die Existenzgrundlage eines Meteorologen. Denn der Mensch ist zu faul, morgens aus dem Fenster zu schauen. Er will am Vorabend schon wissen, ob er den Regenschirm einpacken soll. Und ob er sich sommerlich, hochsommerlich oder hitzesommerlich anziehen soll. Da ist ihm Bucheli aber keine grosse Hilfe. Bereits zum zweiten Mal weist ihm die «Weltwoche» nach, dass er sich – neuer Rekord – um bis zu 11 Grad mit Temperaturvorhersagen verhaut. Komischerweise immer nach oben, nie nach unten. Während professionellere Wetterdienste ziemlich nahe an den tatsächlich gemessenen Temperaturen liegen. Bucheli sieht aber nach wie vor keinen Anlass zur Selbstkritik, SRF räumte ihm (und seinem Hauptkritiker nicht) sogar eine Rechtfertigungsarie vor laufender Kamera ein. Denn auch Bucheli meint sicher: Ich kann diesen Job machen.

Das meinen auch viele Wirtschaftsjournalisten, die zwar keine Bilanz lesen können, aber furchtbar wichtige Ratschläge erteilen. Das meinen viele Auslandjournalisten, die am Schreibtisch in der Schweiz sitzen, aber genau wissen, wie es in Venezuela, China, Cabo Verde oder Uganda zu und her geht. Das meint die ganze Bagage von woken Kulturjournalisten, die absolute Schreibnullen hochjubeln und die wenigen noch nicht geflüchteten Leser mit Suadas über inklusive Sprache quälen. Das meinen all die Träger eines ganz, ganz kleinen Bildungsrucksacks, die zudem nur ein Löffelchen dabei hatten, als der Herr Hirn vom Himmel regnen liess.

Aber allesamt meinen sie, dass sie ihren Job machen könnten. Schlichtweg schon deshalb, weil sie keinen anderen können. Obwohl für so viele, viel zu viele das Diktum von Karl Kraus gilt: «Keinen Gedanken haben und ihn ausdrücken können – das macht den Journalisten.» Da aber die meisten gar nicht wissen, wer Kraus war, kratzt sie das auch nicht.

Denn noch etwas haben sie mit Biden gemeinsam: Selbstkritik, Einsehen des eigenen Unvermögens – völlig ausgeschlossen. Niemals. Nur unter Zwang. Und selbst dann nur gequält und oberflächlich.

Damit geht’s dann steil den Bach runter in die Bedeutungslosigkeit und Abschaffung der eigenen Existenzgrundlage. Wofür niemand Bedauern verspürt.

5 Kommentare
  1. Victor Brunner
    Victor Brunner sagte:

    Beispiel eines TA Journalisten der meint den Job machen zu können:

    Parteitag in Essen
    «AfD-Chef Chrupalla steht auf der Kippe»
    von Dominique Eigenmann, Berlin, am 28.06.2024.

    Chrupalla wurde mit 82,72 der Wählenden im Amt bestätigt, Weidel mit 79,77%. Eigenmann hat keine Ahnung von Deutschland, von AfD, er ist nicht in der Lage die deutsche Realität im Leidmedium abzubilden. Das Frau Birrer da nicht eingreift beweist das auch sie dem Job nicht gewachsen ist!

    Antworten

Dein Kommentar

An Diskussion beteiligen?
Hinterlasse uns Deinen Kommentar!

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert