Wumms: Thomas Ribi

Der klassische Philologe wird’s verstehen: si tacuisses …

Inzwischen haben alle alles zum Fall Assange gesagt. Da kommt aber noch Ribi nachgeklappert und ruiniert sich seinen Ruf.

«Ein falscher Held», so rempelt er in der NZZ den gerade nach fünf Jahren Isolationsknast in einem Hochsicherheitsgefängnis freigekommenen Julian Assange schon im Titel an. Stellvertretend für alle, die Mitgefühl zeigen, kanzelt er den Schweizer Gebührenfunk ab: ««Ein Justizdrama nimmt ein humanes Ende» titelte SRF online larmoyant.»

Die Wirklichkeit, wie Ribi sie – larmoyant oder eher jämmerlich – sieht, sei aber eine andere. Bei deren Beschreibung versteckt er sich hinter anderen, anonymen Meckerern: «Kritiker werfen ihm (Assange, Red.) schon lange vor, aus reinem Geltungsdrang zu handeln.» Blöd nur: diese Heckenschützen haben keinen Namen.

Dann holzt Ribi selbst los: «Quellenschutz, eines der elementarsten Gebote im Journalismus, kümmerte ihn nicht. Es war ihm egal, welches Schicksal die Menschen erwartete, die in den umfangreichen, detaillierten Files namentlich erwähnt wurden.»

Assange behaupte, ein Journalist zu sein, dabei habe er nur ihm zugespielte Dokumente veröffentlicht, schlimmer noch: er «leistete auch das nicht, was die Arbeit von Journalistinnen und Journalisten ausmacht: Fakten einzuordnen, Geschehnisse zu erklären, und darzulegen, welche Folgen Ereignisse haben könnten».

Und als Sahnehäubchen legt Ribi noch in Frageform drauf: «Im Dienst Russlands?» Der Beweis: «Immerhin hatte ihm der Propagandasender Russia Today 2012 einen Job als Moderator einer TV-Show angeboten. Und Assange hatte ihn übernommen.» Also ist oder war er im «Dienst Russlands»? Das ist Einordnung und Erklärung à la Ribi? Das ist Vermutungs- und Unterstellungsjournalismus.

Dann wollen wir mal für Ribi die journalistische Arbeit übernehmen. Hat man von ihm jemals solch harsche Worte über die Ausschlachtung von Hehlerware gehört, fälschlich Leaks und Papers und Secrets genannt? Hat man eine Kritik gehört, dass dort selbstherrliche Journalisten nach nicht ausgewiesenen Kriterien entscheiden, wen sie ans mediale Kreuz nageln – und wen nicht? Wie selektiv sie ihnen aus unbekannten Motiven zugespielte gestohlene Daten verwenden?

Hat man von Ribi ein strenges Wort gehört, als sich die USA (und Deutschland) schmählich aus Afghanistan zurückzogen und Hunderte, wenn nicht Tausende ihrer lokalen Mitarbeiter zurückliessen und dem sicheren Tod auslieferten? Rücksichtslos, amoralisch, unethisch.

Ribi räumt immerhin ein: «Dabei hat er, zumindest in den Anfängen, tatsächlich Fehlverhalten aufgedeckt: Folter, Menschenrechtsverletzungen.» Wieso ordnet er aber nicht ein, dass die Verantwortlichen für ein Massaker in Bagdad, das per Video aufgezeichnet worden war und dank Assange an die Öffentlichkeit kam, nicht zur Verantwortung gezogen wurden? Obwohl sie öffentlich identifiziert wurden?

Wenn seiner Meinung nach die vollständige Veröffentlichung von Dokumenten ohne Schwärzungen oder Vorzensur verantwortungslos sei, was wäre dann die Alternative? Wer soll entscheiden, was unterdrückt werden muss und was nicht? Ribi vielleicht? Die Hehlerware verwendenden Journalisten der Papers und falsch bezeichneten Leaks? Weiss man bei denen, ob sie ihre selektive Auswahl nicht zuletzt aus pekuniären Gründen trafen?

Assange ist sicherlich keine reine Lichtgestalt, sondern ein Mensch. Mit Fehlern und Schwächen. Aber ein Held ist er zweifellos. Ribi hingegen ist ein falscher Journalist, der seinen Beruf verfehlt hat, wie das schon Karl Kraus konstatierte.

Si tacuisses, philosophus mansisses. Das ist Latein, das hat Ribi mal verstanden. Und verlernt.

2 Kommentare
  1. René Küng
    René Küng sagte:

    Gut gemacht Herr Zeyer, um’s mal plump zu sagen, Wasser in den Rhein zu schütten.

    Gut gemacht Ribi: so dumb hat sich selbst und seine Zahlstelle noch selten jemand bloss gestellt.
    Diese Atlantiker und ihre Sprachrohre sind die wahre Pest der Erde, DIE Verschwörer, die Wahrheitsverdreher. Wann kapiert das der Hinterste und Letzte, wenigstens auf zackbum?
    Assange ist übel, weil er die Kloake sichtbar macht?

    Die Mehrheit wird sich wohl weiter von SRF & Co betrügen, belügen und im seligen Glauben braten lassen, zu den Guten zu gehören.
    Bla bla bla über die Bundesräte im Wallis; Drosten & sein Medienspezie bekommen eine Doppelseite um das zerbröselte Lügenimperium mit noch mehr Schwurbel zu fliggen; Da Da Da Vorschau auf das weltbewegende Tingeltangel der grossen Nation der freien Welt von gestern Abend.
    Die Realität danach entlarvt, wie lächerlich die (und wir) sind, wer diese westliche Welt noch ernst nimmt: https://www.infosperber.ch/politik/satire-zum-tv-duell-der-praesidentschaftskandidaten/

    Hab mir heute Morgen ganz solidarisch den dreckigen Teil der Arbeit von Herrn Zeyer wieder mal angetan. Und nach einem Regional-Ausguss eines Organs die Schnauze voll gehabt.
    So viel gut geschmierte Volksverdummung.

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  2. H.R. Füglistaler
    H.R. Füglistaler sagte:

    Assange hat Furchtbares durchgemacht. Die ganze Verlogenheit der
    Führer des «Wertewestens» musste er qualvoll am eigenen Leib erdulden.
    Grossartig aber auch die Standhaftigkeit seiner wahren Freunde, die
    ihn in scheinbar aussichtsloser Lage immer unterstützten.
    Wenige können halt doch viel erreichen. Und zum Glück gibt es
    Zackbum!

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