Assange free!

Endlich mal eine gute Nachricht.

Laut übereinstimmenden Berichten wurde Julian Assange aus dem Hochsicherheitsgefängnis in England entlassen und ist auf dem Weg in seine Heimat Australien. Dabei soll es einen Zwischenstopp geben, wo er eine teilweise Schuldanerkennung unterzeichnen werde.

In dieser soll er sich teilweise der Spionage schuldig bekennen; die entsprechende Strafe gelte mit seiner überlangen Haft in England als abgesessen.

Assange hatte auf seiner Enthüllunsplattform Wikileaks Hunderttausende von US-Dokumenten veröffentlicht, die schwere Kriegsverbrechen der USA im Irak und in Afghanistan nachwiesen. Damit zog er sich den Zorn der US-Regierung zu, die lange Jahre auf seiner Auslieferung in die USA bestand, wo ihm möglicherweise 175 Jahre Haft gedroht hätten.

Sollten diese letzten Etappen seines Martyriums überstanden sein, muss sich Assange um seinen angeschlagenen physischen und psychischen Gesundheitszustand kümmern. ZACKBUM wünscht ihm auf diesem Weg alles Gute und Bessere. Neben Edward Snowden gehört er zu den wenigen Menschen, die sich furchtlos mit dem mächtigsten Staat der Welt angelegt haben – und überlebten.

Gleichzeitig erinnern wir an die Schandflecke der Mainstreammedien. Nur lustlos haben sie in den letzten Jahren über den Fall Assange berichtet, zu peinlich war ihnen dieser schwarze Fleck, diese Behandlung eines Dissidenten im freien Westen. Das Asyl in einer Botschaft, seine Verhaftung, seine fünfjährige Isolationshaft in einem Hochsicherheitsknast nahe London.

Besonders schändlich waren die Einlassungen des vorher schon verhaltensauffälligen Journalisten Stefan Kornelius aus München, dessen abstruse Kommentare aus der «Süddeutschen Zeitung» dank Tamedia auch auf den Schweizer Leser überschwappten.

So schrieb diese Schande seiner Zunft tatsächlich: «Nichts an diesem Mann ist einfach. Die Geschichte des Wikileaks-Gründers, Hackers und Politaktivisten ist überladen mit Widersprüchen, Mythen und einer ungesunden Ideologisierung.»

Der Atlantiker Kornelius will nichts auf die recht bekleckerte Weste der US-Wildwestjustiz kommen lassen. Daher schäumt er gegen all die, die den Amis «eine Politisierung der Justiz unterstellen, die ein Verfahren in den USA unmöglich erscheinen lässt».

Unglaubliche Frechheit, ist Kornelius ausser sich: «Das ist eine groteske Unterstellung, die seit Jahren schon angestellt wird, um den Fall politisch aufzuladen.» Dass ein US-Verteidigungsminister seinen Tod gefordert hat, dass selbst Friedensnobelpreisträger Obama grimmig wurde, wenn es um Assange geht, dass von US-Politikern sein Tod ohne Prozess gefordert wurde, was soll’s.

Was wirft er Assange eigentlich vor? «Die Publikation von einer Viertelmillion Datensätzen hält keinem Vergleich stand, in ihrer Masslosigkeit und Radikalität widerspricht sie allen journalistischen Grundsätzen.»

Ein Journalist der «Süddeutschen Zeitung», die schon ungezählte Male an der Ausschlachtung und Publikation von Millionen von gestohlenen Datensätzen beteiligt war, bezeichnet das, was Assange tat, als masslos und im Widerspruch zu journalistischen Grundsätzen?

Wie absurd und wider jede Logik und gesunden Menschenverstand darf hier jemand wüten, ohne dass ihm Einhalt geboten wird?

Gab es auf diesen Unsinn wenigstens Gegenworte aus der Tamedia-Redaktion? I wo, dafür ist Assange nicht woke genug, hat nie behauptet, ein Opfer sexueller Übergriffe gewesen zu sein. Im Gegenteil, auch gegen ihn wurden solche haltlosen Vorwürfe erhoben; entsprechende Untersuchungen in Schweden wurden nach Jahren eingestellt.

Hat Tamedia wenigstens etwas gelernt? I wo. So kommentiert der Autor der SZ Adrian Kreye das Geschehen:  «Pionier des Journalismus. Julian Assange ist frei. So endet ein Rechtsstreit glimpflich, durch den alle Seiten viel verloren haben. Trotz allem ist dem Wikileaks-Gründer ein besonderer Platz in der Geschichte sicher.»

Könnte man so stehen lassen. Aber was verstolpert Tamedia daraus und versteckt es – im Gegensatz zum Original-Artikel – hinter der Bezahlschranke? «Analyse zum Assange-Freispruch: Ein Pionier der Pressefreiheit, der seiner Sache schadete. Julian Assange ist frei. Er wird als Kämpfer und Erneuerer des Journalismus in die Geschichte eingehen. Und als Egomane, der oft für Aufruhr statt Aufklärung sorgte.»

Anschliessend folgt der gleiche Lauftext aus der SZ. ZACKBUM wartet darauf dass mal ein Autor der SZ sich dagegen verwahrt, durch unfähige Produzenten bei Tamedia dermassen durch den Kakao gezogen zu werden.

Alleine eine Tat von Assange verdient schon mal tiefsten Respekt. Am 5. April 2010 veröffentlichte Wikileaks Videoaufnahmen, wie ein US-Kampfhelikopter auf Zivilisten in Bagdad Jagd machte und sie tötete. Als anschliessend noch die Tonspur veröffentlicht wurde, wie sich die Soldaten grölend über die um ihr Leben rennenden Menschen lustig machten, herrschte allgemeine Abscheu, Vielleicht mit Ausnahme von Kornelius.

Was nachzutragen bleibt: keiner der an diesem Massaker Beteiligten wurde jemals zur Rechenschaft gezogen …

Also ist Assange endlich frei, nachdem er einen hohen Preis für seinen Mut bezahlte. Ganze 63 Treffer gibt es für das Stichwort Assange in der Mediendatenbank SMD am Dienstagmorgen. Eher überschaubar, wenn man das mit den Berichten über den russischen Dissidenten Nawalny vergleicht. Über den erschienen im vergangenen Jahr über 6000 Berichte; über Assange kümmerliche 1000, was vor allem der Tatsache geschuldet ist, dass er durch seine Berufungen gegen das US-Auslieferungsgesuch ein wenig in die Schlagzeilen kam.

Ob sich hier das schlechte Gewissen von Mainstream-Journalisten ausdrückt, die wohlfeil auf den Kreml einprügelten und dessen unmenschliche und letztlich tödliche Behandlung eines Dissidenten kritisierten? Während sie vorsichtig ihr Einreisevisum in die USA nicht in Gefahr bringen wollten, stattdessen die Vorgehensweise Assanges kritisierten, der ebenfalls ohne Rücksicht auf Verluste Öffentlichkeit in Dunkelkammern herstellte.

Aber wenn zwei das Gleiche tun, ist es im einäugigen Mainstreamjournalismus natürlich nicht das Gleiche. Jede Publikation mit Reichweite, die etwas auf sich hält, hätte unablässig auf das Schicksal Assange hinweisen müssen. Nur die «Weltwoche» widmete ihm jüngst eine Titelgeschichte.Überall sonst faselten Journalisten von Kornelius abwärts (kaum möglich) und aufwärts Unverbindliches. Ein Schandfleck.

8 Kommentare
  1. W. Gloor
    W. Gloor sagte:

    Sehr erfreulich, dass Assange frei ist. Nicht so recht freuen werden sich die Putin-Freunde. Immer, wenn Kritik am Kreml-Diktator bezüglich seines Umgangs mit Nawalny geäussert wurde, verwiesen sie auf den rechtlichen Umgang der USA mit Assange. Motto: Die haben doch auch….. etc. Im Gegensatz zu Nawalny lebt Assange noch und macht wenigstens körperlich einen guten Eindruck. Die psychischen Folgen der langen Einzelhaft dürften hingegen bedeutend sein.

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  2. René Küng
    René Küng sagte:

    Danke Herr Zeyer
    und wirklich die Hoffnung, dass der Mann sich durch seinen ‹deal› mit der ‹freien Welt› sein bisschen Frieden erkaufen kann – er hat mehr als genug für die Welt getan. Und auf sich genommen.
    Für eine Welt die grösstenteils (ausser einer kleinsten, engagierten Minderheit) keinen Wank für ihn tat.
    Einer der aufgezeigt hat, hätte, wem diese Mehrheit ‹vertraut› und folgt…..

    Was ich nicht verstehe, ist, wenn Herr Zeyer die Presse-, Meinungs- und andere Freiheiten in diktatorischen, autoritären oder ideologisch anders ausgerichteten Universen an den Pranger stellt.
    Die Bevölkerung dort weiss wenigstens, wie sie die Zeitungen lesen, Fernsehen sehen und hören sollen. Dass sie angelogen, unterdrückt, verarscht werden.
    Gerade das Beispiel Assange schreit ja danach aufzuzeigen, wie schlimm, zynisch, traurig, schweinisch es bei uns im ‹freien› Westen zunehmend geworden ist. Covid-Krieg gegen alle, ‹Angriffskrieg›, Recht auf Selbstverteidigung und alle rollende Verdummungs- und Unterdrückungs-Agenden sind mehr als Alarmzeichen.
    Aber der grosse Unterschied: unsere Journis und nach oben geschwemmten Quoten-Kreischen machen FREIWILLIG oder ohne Willen, mit null entwickeltem kritischem, historischem oder selber denkendem Verstand mit.
    Denn, wo noch Spuren davon aufblitzen, da lauert die Gefahr, dass du den Job gleich los bist.

    Was ist schlimmer, erzwungene, historisch nachvollziehbare Unfreiheit – oder freiwillige, erpresste, hysterisch oder minderbemittelte Aufgabe der Freiheiten?

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  3. H.R. Füglistaler
    H.R. Füglistaler sagte:

    Assange kann nicht genug gelobt und gewürdigt werden.
    Leider haben wir sogar in der Schweiz Charakterlumpen,
    die einfach nie begreifen werden, dass die Freiheitsrechte
    nicht nur für sie gelten.

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  4. Ast
    Ast sagte:

    Und der Tagi entblödet sich nicht, daraus eine humanitäre Aktion der USA zu phantasieren: US-Richterin zu Assange: «Sie sind ein freier Mann» . Kommentare werden dementsprechend hart geprüft und dürfen nicht zu differenziert ausfallen, ist sonst schwierig mit Schwarz-weiss-Malen in der Redaktion des weiteren Kommentarverlaufs. Wichtig dort für Kommentatoren, nutzen Sie die Schere in ihrem Kopf, niemals Ross und Reiter beim Namen nennen!

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  5. Jürg Streuli
    Jürg Streuli sagte:

    Markus Somm vom Nebelspalter hat sich in „Bern einfach“ als fanatisierter Vasall der Amis massiv über die Freilassung geärgert und geriet dabei in beängstigende Hyperventilierung. Julian Assange sei ein Verbrecher der Menschenleben gefährde und die grösste Strafe verdiene. Dass Assange als investigativer Journalist tatsächlich die perfiden Kriegsverbrechen der USA wie an der Zivilbevölkerung des Iraks aufgedeckt hat, passt einem Somm nicht ins ideologische Konzept. Somm möchte viel lieber Moskau bombardieren lassen. Soviel zur Glaubwürdigkeit.

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    • Victor Brunner
      Victor Brunner sagte:

      Somm ist eben kein Journalist sondern ein Plapperi. Das in Guantanamo immer noch Menschen sitzen, wahrscheinlich auch Unschuldige, ohne rechtstaatliches Verfahren blendet er aus. Wie die BAZ fährt Somm den Nebi an die Wand, bleibt zu hoffen das die Abonnenten das zur Kenntnis nehmen!

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