Sonntag, Leidenstag
Am 7. Tag ruhte der Herr. Das merkt man.
Eigentlich ist das Cover der SonntagsZeitung durchaus vielversprechend. Eine attraktive «Wein-Weise», ein launiger Vergleich zwischen Deutschland und der Schweiz als Einstimmung auf das Spiel, und Gelegenheit für den den Migros-Chef, aufmunternde Worte zu der Krise in seinem Haus zu sagen.
Allerdings ist dann leider nicht alles Gold, was glänzt. Zum Thema Migros muss Chef Arthur Rutishauser in seinem Editorial die grossen Linien ziehen und erklären, wieso der orange Riese wankt. Schlichtweg wegen hausgemachten Problemen grössenwahnsinniger Manager, die Milliarden in den Sand setzten.
Das Interview von Edith Hollenstein und Christopher Gilb verläuft dann aber leider nach dem Motto: was wollten Sie schon immer mal unwidersprochen sagen, und das erst noch glattgestreichelt von der Corporate Communication, denn Christian Dorer versteht natürlich sein Handwerk.
Daraus entstehen dann wunderprächtige Antworten auf vermeintlich kritische Fragen: «Ich habe keine schlaflosen Nächte, denn ich zweifle nicht am eingeschlagenen Weg. Es belastet mich jedoch, dass unsere Entscheidungen das Schicksal vieler Menschen beeinflussen. Insbesondere weil diejenigen, die nun die Migros verlassen müssen, nicht schuld sind an der aktuell schwierigen Situation.» Und er als neuer Boss natürlich auch nicht …
Woran erkennt man ein grottenschlechtes Interview, nebenbei? An solchen Fragen: «Was heisst das? … Und was leiten Sie daraus ab? … Will die Migros zu einem Discounter werden? … Warum?» Ein Vorschlag zur Güte: wieso lässt die SoZ so ein Interview nicht von einer KI machen? Die würde das genauso, wenn nicht besser hinkriegen, und alle Beteiligten hätten viel Zeit gespart.
Immerhin ist Rutishauser mal wieder für einen (kleinen) Knaller gut. Nachdem «Inside Paradeplatz» darüber berichtet hatte, dass die kantonale Volkswirtschaftsdirektorin Carmen Walker Späh ihren Chefbeamten nicht nur hochkant entsorgt hatte, sondern auch noch eine Strafanzeige nachschob, rätselte man: warum denn das? Rutishauser weiss mehr: er «soll Löhne unterschlagen haben». Also Einnahmen aus seiner Vorgesetzten bekannten Nebenjobs. Sieht eigentlich verdächtig nach Nachtreten und Rache aus.
Dann erreicht der «Fokus» einen neuen Tiefpunkt. «Wir müssen platonisch splitternackt sein». Wer will bei einem solchen Titelzitat dann noch das Gähn-Interview mit einer Psychologin über das Allerweltsthema Freundschaften lesen? ZACKBUM nicht. Die Bebilderung hilft übrigens auch nicht.
Und eine Seite mit Markus Somm und Jacqueline Badran ist auch nur was für ganz starke Nerven.
Das gross auf der Front angepriesen «Duell» erweist sich dann als müde halbe Seite. Die mal wieder beweist: Humor will gekonnt sein. «Bratwurst vs. Currywurst … Heidi vs. Winnetou … Deutsche Bahn vs. SBB … Aromat vs. Liegestuhl» usw. Ist das vielleicht komisch. Gleich sechs Geistesriesen der SoZ haben sich hier bemüht. Dafür kann es nur eine Antwort geben: rote Karte!
Dass sich Klaus-Michael Kühne öffentlich ins Hemd heulen darf «Ich habe mich von Herrn Benko einlullen lassen», nun ja, auch Milliardäre spüren den Schmerz, wenn ihnen ein paar Dutzend Millionen abhanden kommen.
Problemlos zum Millionär wird man hingegen, wenn man die Anlagetipps des Geldonkels Martin Spieler beherzigt: «Bei Investieren in Private die Risiken nicht ausblenden». Hätte doch Kühne nur auf ihn gehört.
Anschliessend begibt sich die SoZ aber auf ganz dünnes Eis:
ZACKBUM enthüllt die Antwort: einen «eiskalten Chablis». Das beweist aber mal wieder, dass Frauen halt doch nicht so viel von Wein verstehen. Denn erstens kommt das darauf an, zweitens sollte man einen Grand Cru bei 12 bis 14 Grad zum Mund führen.
Aber das Hauptproblem hier ist doch, dass der Titel samt Foto schwer nach Sexismus riecht, schmeckt, kantig im Abgang ist und im Oberton nach Altherrenschweiss müffelt.
Völlig gaga ist diesmal die Autoseite. Immerhin wird kein Zwölfzylinder für 250’000 angepriesen. Denn es geht noch absurder:
Kommt halt davon, wenn man den Artikel sparsam aus der «Automobil-Revue» übernimmt, wo die Schmonzette über ein Unikat neben anderen Autostorys mit Nutzwert sicher Sinn macht.
Wenig Sinn macht dann die abschliessende Werbestory über «Korfus kleine Schwester». Objektiv, kritisch, unabhängig. Obwohl: «Diese Reise wurde unterstützt von Edelweiss und Visit Greece». Besonders launig ist hier der Ess-Tipp: «In der Taverne … wird nicht bestellt, sondern gegessen, was auf den Tisch kommt. Eine frühzeitige Reservierung ist erforderlich.» Also absolut ein Must für alle Hungrigen. Auswahl null, dafür früh reservieren. Und nicht nur der Flug, auch der Aufenthalt ist gesponsert. Unglaublich.
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