Geeiertes aus der NZZ
Ein Kommentar als Slalom mit Beinbruch und Eiertütschen.
Der grosse Samstagskommentar war mal ein Ding bei der NZZ. Heutzutage nimmt sich meistens God Almighty Eric Gujer dieser edlen Aufgabe an. Leider nicht immer.
Diesmal ist Gerald Hosp am Gerät. Eigentlich ein alter Hase im Wirtschaftsressort der alten Tante, aber vielleicht doch etwas sprunghaft, so als Österreicher (hops, schon sitzen wir in der Diskriminierungsfalle).
Der nimmt sich diesmal des leidigen Themas Wirtschaftssanktionen gegen Russland an.
Schon im Lead beginnt er allerdings mit einem Slalom: «Gemessen an ihren ursprünglichen Zielen sind die westlichen Einschränkungen gescheitert. Trotz allem braucht es Sanktionen als langfristige Strategie, um den Kreml einzudämmen.» Aha, weil sie gescheitert sind, braucht es sie weiterhin. Superlogik, wäre Orwells Wahrheitsministerium nicht eingefallen.
Bitteres Fazit von Hosp: «Die russische Wirtschaft fiel aber nicht in sich zusammen, vielmehr wächst sie seit dem Jahr 2022 stärker als diejenigen Deutschlands, Frankreichs oder Grossbritanniens – laut den russischen Daten.»
Hm, also vielleicht aufhören? Hosp stapelt nun unverdrossen ein Argument nach dem anderen aufeinander, dass die Sanktionen sinnlos seien. Dann aber der grosse Umschwung, mitten im Geeier:
«Keine Wirtschaftssanktionen sind aber auch keine Lösung, vor allem wenn es um die Eindämmung eines Aggressors wie Moskau geht.»
Gewalt ist auch keine Lösung, aber wieso nicht mal draufhauen, so etwa die Logik. Wenn die Sanktionen nicht wirken, dann müssen sie halt «verbessert werden». Nur wie?
Tja, schwierig, könnte Hosp nun schreiben, aber stattdessen eiert er: «Die Erdöl- und Erdgaseinnahmen sind weiterhin die Hauptarterie Russlands zur Finanzierung des Krieges. Diese sollte dauerhaft abgeklemmt werden. Gleichzeitig sollte man darauf achten, dass die Energiepreise nicht in die Höhe getrieben werden.»
Hat ja bisher toll geklappt, die Energiepreise sind in die Höhe geschnellt, Russland verkauft seine Rohstoffe einfach woanders. Aber Hosp hat noch mehr grossartige Ideen:
«Überspitzt gesagt, ist jede nach Russland verkaufte Louis-Vuitton-Tasche, jeder exportierte Loro-Piana-Wintermantel oder jedes teure Novartis-Medikament ein kleiner Beitrag zur Entmilitarisierung der Wirtschaft.»
Russen, kauft LV-Taschen, dann ist Putin bald mal pleite. Wir wischen uns die Lachtränen ab und sind bereit für den letzten Brüller, der aber ganz schön das Zwerchfell strapaziert:
«Kapitalflucht sollte bestärkt werden, statt diese zu erschweren. Das kann so weit gehen, dass man Personen oder Unternehmen aus Russland einen «sicheren Hafen» im Westen anbietet.»
Aha. Also einerseits werden reiche Russen im Westen sanktioniert, ihre Vermögenswerte arretiert oder gleich weggenommen, ohne Rücksicht auf Unschuldsvermutung, Eigentumsgarantie oder Rechtsstaat. Das gilt auch für Gelder der russischen Zentralbank.
Und mit diesen Beispielen vor Augen soll reichen Russen in Russland der Westen als «sicherer Hafen» schmackhaft gemacht werden.
Also entweder glaubt Hosp, der Iwan sei halt vollbescheuert – oder das ist ein vollbescheuerter Vorschlag.
Darauf wird man im Kreml einen Wodka oder zwei heben, und selbst der weitgehend humorlose Putin wird schallend lachen, wenn man ihm das vorliest. Bravo, NZZ.
“Die Stunde der Idioten!”
https://www.youtube.com/watch?v=AWrWIuij_yw
OK, dieses Teil NZZ-Qual identitäterä Journalismus hat’s nicht geschafft in die Camouflage Kategorie.
Aber wieso wir über die Russen lachen sollen, wenn wir in zackbum den Wasserstand der westlichen Medien-Standards gemeldet bekommen?
Zum heulen ist’s – in allen Varianten von heulen.
Aus der Tamedia-Küche käme natürlich noch der Wegwerfvorschlag, dass die Welt endlich, endlich aus den Fossilen aussteige. Dann bliebe der Russe auf seinen Erdöl- und Erdgasvorkommen hocken. Und das Klima wäre nebenbei auch noch «gerettet». Nur gibt’s ein Problem mit den zeitlichen Dimensionen. Ob Putin 2050 noch immer am Drücker ist?