Lob des «Blick»
Hätten wir nie gedacht, ZACKBUM ist aber weise und gerecht …
Auch das Organ mit dem Regenrohr im Logo lebt noch irgendwie, obwohl die oberste Führungsetage mit einem Heads-, Chiefs- und Kopfsalat angefüllt ist, dass sich die Kompetenz- und Meinungsträger gegenseitig auf den Füssen rumstehen.
Aber, Wunder gibt es immer wieder. Hier gab es einige Flachheiten bei der Berichterstattung über den Birkenstock. Aber auch Höhepunkte, einsame Höhepunkte.
Da wäre mal dieser hier:
Hier analysiert Raphael Rauch die auf dem Bürgenstock Abwesenden nach dem Kriterium: kassieren, aber nicht liefern: «Viele Länder, die jedes Jahr Millionen von Schweizer Steuergeldern erhalten, blieben der Friedenskonferenz auf dem Bürgenstock fern, von Aserbaidschan über Bolivien und den Libanon bis Tansania.»
Nun könnte der Gutmensch schäumen, dass man Hilfe für Arme doch nicht an Gegenleistungen knüpfen dürfte. Einfache Gegenfrage: wieso nicht? Ist eine Teilnahme (alles bezahlt) an einer Konferenz denn zu viel verlangt?
Rauch geht ins Detail: «Bolivien ist ein gutes Beispiel dafür, dass Staaten keine Freunde, sondern nur Interessen haben. Zwar kassierte Bolivien letztes Jahr 5,1 Millionen Franken von der Deza.» Aber: «Zwar kam der bolivianische Botschafter Wilfredo Bernardo Ticona (61) zur Deza-Konferenz nach Basel, um Klinken zu putzen. Auf dem Bürgenstock war der südamerikanische Staat jedoch ebenso wenig präsent wie hundert andere Uno-Mitglieder. Stattdessen beehrte Boliviens Präsident Luis Arce (60) letzte Woche Wladimir Putin (71) am Rande des Wirtschaftsforums in St. Petersburg.»
Noch verblüffender ist geradezu eine Wiederauferstehung als kritischer Journalist. Wir sprechen hier von Reza Rafi. Doch, da ist ZACKBUM gnadenlos objektiv. Vielleicht ein etwas melodramatischer Titel («Der Fluch des Bürgenstocks»), aber der Inhalt ist dann beeindruckend.
Fängt stark an: «Milana nimmt ihr Handy hervor und zeigt ein verstörendes Video. Darin ist zu sehen, wie Männer irgendwo an einem Strassenrand auf ein am Boden liegendes Opfer einprügeln. Immer wieder. … «So werden in der Ukraine junge Männer behandelt, die sich noch nicht für den Krieg registriert haben», sagt Milana. Sie stammt aus Kiew .»
Auch typisch: «Wer es sich leisten könne, kaufe sich mit Bestechungsgeld frei. Die Ukraine belegt im Korruptionswahrnehmungsindex 2022 den 116. Rang und zieht mit El Salvador und Angola gleich.»
Rafi fährt gnadenlos und stark fort: «Selenski ist ein Bel-Ami auf dem diplomatischen Parkett, unermüdlich wirbt er um Rüstung und Geld, mit aller Kraft arbeitet er an einer internationalen Einheit gegen den Aggressor Russland.»
Selenskyj sei bezüglich Schweiz ein Coup gelungen. Er konnte Bundespräsidentin Amherd gewinnen, sich nach einer Pannenserie mit dem «Giga-Anlass» ein Denkmal setzen zu können. So wie der Aussenminister Cassis, politisch immer wieder totgesagt, nun wieder wer.
Aber: «Sie liessen sich vom Charismatiker aus der Ukraine dazu hinreissen, einen einseitigen Gipfel zu organisieren. Es ist ein Klassentreffen der Nato-Mächte und ihrer Freunde.»
Was verteidigen die eigentlich? Westliche Werte? Auch dazu hat Rafi eine klare Meinung, die er seine Zeugin Milena (die natürlich anders heisst) sagen lässt: «Wie viel Rückhalt Selenski in seiner Bevölkerung geniesst, ist hingegen schwer zu sagen. Im Mai wäre seine Amtszeit abgelaufen, wegen des geltenden Kriegsrechts sind die Wahlen bislang ausgeblieben. «Ich weiss nur, was meine Familie und Freunde sehen», sagt die Geflüchtete Milana. «Es gibt in der Ukraine eigentlich keine Meinungsfreiheit mehr.»»
Wohlgemerkt, das wird hier nicht gelobt, weil es der kritischen Haltung von ZACKBUM gegenüber dieses Gipfels der Peinlichkeit entspricht. Sondern weil es guter Journalismus ist, der nicht einfach im Mainstream mitschwimmt und peinliche Lobesarien erklingen lässt wie der völlig denaturierte «Tages-Anzeiger».
Man muss mit diesen Anmerkungen des «Blick» nicht einverstanden sein. Es ist aber ein Armutszeugnis für die anderen Medienkonzerne, dass man sie nur im «Blick» liest. Tamedia imitiert Nordkorea, die NZZ ist entgleist, CH Media ein Schluck Wasser. Um es im Boulevardstil auszudrücken:
Bravo «Blick», rote Karte für die anderen.
Bravo Reza Rafi, Brechreiz für einmal stärker als solidarische Heuchelei.
Hmm? Raphael Rauch – vielleicht war’s vorhandenes Schamgefühl, die Schweiz nicht zu schädigen nur weil’s gratis und in der Sache gruusig peinlich ist, war. Nur weil die Schweiz für Geld und seine Geld-Partner jede Schweinerei mitmacht, müssen sich Länder, die noch ein Gewissen pflegen (da wo sie wollen) nicht zu ‹Gegenleistungen› erpressen lassen.
Bravo zackbum – für’s Blick für uns lesen (Hoffnung kann sogar in der Einöde erblühen) und die Hand reichen, der einzige Weg aus der Misère des Block-Denkens.