Zwischen Genie und Wahnsinn

Wir legen mal wieder eine Ausgabe der «Weltwoche» unters Messer.

Zunächst muss ZACKBUM zwei Dinge vorausschicken. René Zeyer schreibt gelegentlich für das Blatt. Und im Gegensatz zu Tamedia darf man hier sogar den Chefredaktor in seinem eigenen Blatt kritisieren. Der steckt das weg, im Gegensatz zu den Mädels im Leitungsgremium von Tamedia.

Aber zur Sache.

Roger Köppel erreicht in seinem «Editorial» schnell Betriebstemperatur, auch wenn er eigentlich Wohlbekanntes nachklappert. Die Ukraine durfte bestimmen, wer auf den Birkenstock kommen darf und wer nicht. Gähn.

Dann kommt die Abteilung «hau den Cassis»: «Der Aussenminister ist seinem Amt augenscheinlich nicht gewachsen … dass diese Konferenz der Einseitigkeit eine unglückselige Übung zu werden droht, eine Art Marignano der schweizerischen Aussenpolitik … der taumelnde Irrlauf des Tessiners … Cassis’ Marignano heisst Bürgenstock

Aber wenn schon, kriegen gleich alle ihr Fett ab: «Schlafwandler, Verblendete des Kriegs: Alle relevanten Parteien des Landes wirken wie Gefangene der westlichen Propaganda.» Tja, seit Köppel nicht mehr im Nationalrat nach dem Rechten schauen kann (die Male, wo er anwesend war) …

Auf der anderen Seite muss man mal wieder sagen, dass der Mann ameisenfleissig ist. Der haut alleine in einer Woche mehr raus als ein «Republik»-Redaktor in Monaten (oder in einem halben Jahr, wenn man den völlig verstummten Constantin Seibt nimmt). Ein Interview mit dem Opfer der Messer-Attacke von Mannheim. Das Editorial. Ein Kommentar zu den Europawahlen. Und noch ein Interview mit dem serbischen Präsidenten Aleksander Vucic.

Allerdings: das Teil ist sechs Seiten lang und hätte wie immer bei Köppel auf die Hälfte oder ein Drittel eingedampft werden müssen. Damit wäre es nicht schlechter, sondern besser geworden. Denn über 34’000 A, das haben normalerweise nur Texte der «Republik» und die liest doch auch keiner wirklich.

Und der Inhalt? Das Titelzitat sagt ja schon alles, in der vollständigen Version: «In einem kurzen Zeitraum, ja, da bin ich mir ziemlich sicher, werden wir eine echte Katastrophe erleben.» Das ist eine interessante Prognose, leicht hysterisch, aber interessant. Dass Köppel aber so Sachen stehenlässt wie «Ich danke Ihnen für diese Frage … Es ist leicht, lieber Freund, dies zu sehen.» Lieber Freund? So viel zur Distanz zwischen Journalist und Interviewtem. Und Köppel bemüht sich nach Kräften, ein «lieber Freund» zu sein:

«An Ihrem Land wird oft herumkritisiert. Sagen Sie uns: Was sind die grössten Qualitäten Serbiens? Worauf sind Sie stolz?» Noch besser: «Was ist das Wichtigste im Leben eines Mannes

Dann darf Vucic seine Doomsday-Fantasien ausleben: «Ich kann nicht von einem dritten Weltkrieg sprechen, aber von einer grossen Konfrontation. Wie weit wir sind? Ich glaube, dass wir davon nicht mehr weit entfernt sind. Nicht länger als drei oder vier Monate. Und es besteht die Gefahr, dass dies schon vorher geschieht.»

Wir halten fest: Anfang November kracht’s. Und wenn nicht? Macht nix.

Und neben den Köppel-Festspielen, was bietet die WeWo noch? Nun, Christoph Mörgeli ist immer für eine saftige Hau-drauf-Geschichte gut. Denn er hat ein elefantöses Gedächtnis. Und so erinnert er anlässlich des golden Fallschirms in der Höhe von exorbitanten 340’000 Franken für die zurückgetretene Chefin des Bundesamts für Polizei an ihre tatsächlich klägliche Rolle, die sie 2007 bei der Affäre um den Privatbankier Oskar Hollenweger im Jahre 2007 spielte. Das ist aber nur ein dunkler Fleck in der Karriere von Nicoletta della Valle, neben vielen anderen.

Der zweite Besitzer eines Zweihänders nimmt sich Daniel Jositsch vor: «Mit markigen Worten will der SP-Ständerat den fremden Richtern «Grenzen setzen». Bis gestern sagte der Rechtsgelehrte noch, ebenso markig, das Gegenteil.»

Dafür haut Philipp Gut ihm Zitate aus dem Abstimmungskampf um die SVP-Selbstbestimmungsinitiative um die Ohren. Dort habe Jositsch noch getönt: ««Wenn die Staaten nicht in ein vertragliches Korsett eingebunden sind, gewinnt das Recht des Stärkeren.» Die Profiteure des Völkerrechts seien Kleinstaaten wie die Schweiz.»

Man ist schon fast daran gewöhnt (und hofft, dass auch dieser Spleen des Chefs mal sein Ende findet), wer könnte wohl der Mitautor eines siebenseitigen Streifens sein? Richtig, natürlich Daniel Ryser. Diesmal berichtet er über Cass Pennant. Cass who? Na, einer der «Gründerväter des Hooliganismus». Also eine weitere Fortsetzung der Ryserschen Freakshow.

Und sonst? Sonst ach ja. Es kann ja nicht jede Nummer ein Kracher sein. Aber ein paar Knaller hat’s schon drin, während bei den Mainstreammedien die Knallfrösche meistens eine nasse Zündschnur haben.

 

2 Kommentare
  1. René Küng
    René Küng sagte:

    Ist schon gut, wenn der Chef – gemach – etwas zur Beruhigung beitragen will.
    Nerven hat er,
    angesichts des täglich fortschreitenden Wahnsinns der Vereinigten Psychopathen dieser WWelt.

    Da lob ich mir inzwischen Autokraten wie Orban und Putin (ganz abgesehen von den China Partei Bonzen, die sich in die Fäuste lachen….), die erkennen und ausprechen, mit was für kranken, stämpfelnden, verantwortungslosen Heuchlern sie es zu tun haben.

    Spart Euch die Energie, mich zum PuXiOb-Freund zu wäffeln,
    ich bin ausgesprochener FAN von Autokrateninnen.

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