Selenskyj-Festspiele sind eröffnet

Ein Auftritt jagt den nächsten. Nur vom Birkenstock spricht eigentlich niemand.

Der ukrainische Präsident ist mal wieder auf Europatournee. Seinen Zwischenstopp in Berlin arbeitet Hansjörg Friedrich Müller für CH Media auf und ab. Der Mann kommt von der NZZ und hätte also eigentlich was zu sagen.

Könnte man meinen. Da er weiss, was er seinem Schweizer Publikum schuldig ist, haut er das einzige Zitat Selenskyjs zum bevorstehenden Bürgenstock-Gipfel gleich in den Titel:

«Wolodimir Selenski über die Bürgenstock-Konferenz: «Wir wollen der Diplomatie eine Chance geben»»

Das ist nett von ihm, nur: was bedeutet das eigentlich? Wer ist «wir»? Ist das ein Pluralis Majestatis oder sind andere mitgemeint? Man weiss es nicht. Und wie wollen denn er und andere der Diplomatie eine Chance geben? Indem sie verhinderten, dass die zweite Kriegspartei an dieser Konferenz teilnimmt? Diplomatie sei scheint’s die Kunst des Verhandelns. Was wird aber genau auf dem Birkenstock verhandelt?

Könnte das ein Leser spontan beantworten? Sofort, hier und jetzt? Ja, bitte? Tiefes Schweigen in der Runde? Na, dann muss es ja was furchtbar Wichtiges sein. Ach, und zweite Frage, wenn man die verzweifelten Wahlkämpfer aus Europa mal weglässt, welche bedeutenden Staatenlenker werden eigentlich anwesend sein?

Zählen Sie sofort 10 auf. Nein, Kamala Harris zählt nicht. Europäische Politiker, national oder in der EU, auch nicht. Unfair? Bitte, ZACKBUM ist auch eine moralische Lehranstalt im schillerscheu Sinn. Aber das würde hier zu weit führen.

Ach, und was hat Selenskyj eigentlich in Berlin gesagt, da durfte er doch eine Rede vor dem Bundestag halten. Ach so, danke schön, und bitte noch viel mehr von allem, das ist ja nun wirklich nichts Weltbewegendes. Dennoch sollen die Parlamentarier «mit stehenden Ovationen» reagiert haben, «Sahra Wagenknecht und ihre Mitstreiter boykottierten die Rede allerdings, und von der AfD waren nur wenige Abgeordnete anwesend. Selenski wolle die Nato in den Krieg hineinziehen, hiess es von den Wagenknechtlern».

Wagenknechtlern? Ist aber locker drauf, der Herr Müller. Und wieso machte der ukrainische Präsident bei seiner Europatournee eigentlich Halt in Berlin? Na, «um mit rund 2000 weiteren Gästen aus etwa 60 Ländern an der dritten Wiederaufbaukonferenz für die Ukraine teilzunehmen».

Echt, schon die dritte? Was brachte denn die erste und die zweite; so oberhalb von «schön, haben wir drüber geredet»? Da wird Müller durchaus zurückhaltend: «Konkrete Resultate dürfte das Berliner Treffen, das am Mittwoch zu Ende gehen wird, nur wenige bringen; eher ging es um eine Vernetzung von Akteuren aus Politik, Wirtschaft und internationalen Organisationen.»

Echt jetzt, Vernetzung? Dafür ein Grosshappening mit 2000 Teilnehmern? Haben auf dem Bürgenstock eigentlich überhaupt so viele Platz? Oder muss gezeltet werden? Die wichtigen Fragen lässt Müller mal wieder unbeantwortet.

Und sonst? Flinten-Uschi, die um ihre zweite Amtszeit als Kommissionspräsidentin kämpft, meldete sich auch zu Wort: «Schon Ende dieses Monats, so von der Leyen in Berlin, sollten zwischen der EU und der Ukraine Beitrittsverhandlungen beginnen. Dass sie selbst diesen Prozess gern als Kommissionspräsidentin begleiten würde, war der Subtext, den sich die Zuhörer dazudenken konnten

Also Wahlkampf mit unlauteren Mitteln, toll.

Aber Berlin ist ja nur der Anfang eines tollen Reigens: «Zwei weitere Konferenzen, die sich mit der Zukunft der Ukraine beschäftigen werden, folgen in den nächsten Tagen: Am Donnerstag und Freitag tagen die G7-Staaten in Apulien; dort wird unter anderem über im Westen eingefrorenes russisches Staatsgeld diskutiert werden.»

Daran nimmt übrigens noch der US-Präsident Joe Biden teil, denn wenn es um die Verteilung von rechtststaatswidrig beschlagnahmten Geldern geht, will er natürlich dabeisein. Den Birkenstock überlässt er dann seiner Vizepräsidentin. Die hat so wenig Gewicht, dass er sie nicht einmal im Wahlkampf gebrauchen kann, also ist etwas Beschäftigungstherapie im Ausland doch nicht schlecht.

Aber wie sagte Selenskyj dann noch so weise, nachdem er der Diplomatie eine Chance geben wollte: «Die Ukraine habe nie allein auf die Stärke der Waffen gesetzt.» Das ist nun erstaunlich, weil er ja in seinem Land jegliche Verhandlungen mit Russland ausdrücklich untersagt hat.

Was zur letzten Quizfrage führt: also wenn er der Diplomatie eine Chance geben will, keinesfalls nur auf Waffen vertraut, sich aber verbeten hat, dass Russland an der Schweizer Konferenz teilnimmt und auch bei sich zu Hause alle Kontakte mit Russland, ausser in Form von Waffen, verbietet, ist es dann nicht so, dass er sich diametral widerspricht?

Schade, dass das Müller nicht aufgefallen ist. Schliesslich muss der CH Media-Leser etwas zahlen, wenn er seinen Text lesen will. Bloss: wofür genau? Was steht drin, was nicht gratis überall im Netz zu haben ist?

Undiplomatische Antwort: nix.

7 Kommentare
  1. Andi Kämmerling
    Andi Kämmerling sagte:

    Ich frage mich, wieviele der Delegationen, die zum grossen Teil noch nie in Europa, geschweige denn in der Schweiz waren, aus Versehen nach Schweden fliegen …

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  2. Victor Brunner
    Victor Brunner sagte:

    Lächerliches Theater, da fliegen, fahren Dutzende klimaschädigend auf den Katarstock um ein fertiges Papier zu „verabschieden“. Zu Cassis und Amherd kann man nur sagen, nicht alle Tassen im Schrank!

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  3. H.R. Füglistaler
    H.R. Füglistaler sagte:

    Die Würgenstock-Konferenz wirft grausige Schatten voraus.
    Hochwürden Stefanschurk sorgte im Bundeshaus für Zustände,
    wie sie 1933 in D herrschten!

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    • Victor Brunner
      Victor Brunner sagte:

      Lieber H.R., sie wissen nicht was 1933 geschah. Der Besuch des Dicken aus der Ukraine hat doch etwas zur Unterhaltung im Bundeshaus beigetragen. Herrlich wie der Bundespolizist Grossmaul Aeschi mit einem Brienzer zu Fall gebracht hat. Wäre Orban der Gast gewesen hätten sich Aeschi und Graber selbstverständlich an die Anweisung der Polizei gehalten. Es war einfach pubertäre Provokation der beiden SVPler. Wollten Winkelried spielen und haben Marignano erlebt!

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      • Marcella Kunz
        Marcella Kunz sagte:

        Ernsthaft, Brunner, wollen Sie den Ukrainer mit Orban vergleichen? Tipp: weniger Tagi lesen. Bin überzeugt, Sie waren weder in Ungarn noch in der Ukraine. Ich kenne beide.

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      • Guido Kirschke
        Guido Kirschke sagte:

        Herr Brunner
        Sie haben keine Ahnung was im Reichstag 1933 abging. Abgeordnete wurden in Seitengängen erschossen von Wachen, die sie hätten beschützen sollen. Im leichteren Fall wurden Reichtagsabgeordnete durch Schergen der NSDAP und durch Reichstagswachen verschleppt, verprügelt und daran gehindert an Abstimmungen teilzunehmen oder so eingeschüchtert, dass sie ihr Abstimmungsverhalten geändert haben. Das betraf alle oppositionellen Abgeordneten, egal welcher Partei sie angehörten. Hauptsächllich waren es zu Beginn KPDler und SPDler aber auch viele Zentristen. Das können sie gerne googeln, sogar Wikipedia ist in dem Fall noch einigermassen ehrlich.

        Gestern hat der Repressionsappart den Rubikon im Bundeshaus überschritten.

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      • Beo B. Achter
        Beo B. Achter sagte:

        Nein, Viktor – es war kein Brienzer, es war ein Wyberhaken, der Aeschi fast zu Fall brachte. Wie auch immer, es ist erbärmlich, dass korrupte, kriminelle Vertreter eines Schurkenstaates im Bundeshaus hofiert, die eigenen Volksvertreter aber schikaniert werden. Es zeigt die unterwürfige, unerträgliche Politik unserer zwei ferngesteuerten Ami-Anbeter Amherd bzw. Cassis und ihrer Claqueure.

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