Wumms: Peter Rásonyi
Der NZZ-Auslandchef als Besserwisser.
Der Internationale Strafgerichtshof in den Haag hat einen schweren Fehler gemacht. Er hat sich den Unwillen von Rásonyi zugezogen. Denn der richtet höchstamtlich: «Die Haftbefehle gegen israelische Regierungsmitglieder sind überheblich. Der Internationale Strafgerichtshof ignoriert die politischen Realitäten.»
Das ist zwar nicht justiziabel, aber nur deswegen, weil Dummheit nicht strafbar ist.
Die tropft aus ziemlich jeder Zeile dieses Kommentars, beim Titel angefangen: «Der ICC greift auf kontraproduktive Weise in den Nahostkonflikt ein». Wie äussert sich die? Die Juristen am Strafgerichtshof «pochen auf ihre institutionelle Unabhängigkeit, ihr juristisches Mandat und die Allgemeingültigkeit des internationalen Rechts. Das ist ein Fehler».
Diesen Satz muss man wirklich abschmecken. Die Juristen eines internationalen Strafgerichtshofs bestehen darauf, unabhängig zu sein? Ja hoffentlich, was denn sonst? Sie haben ein juristisches Mandat? Ja hoffentlich, was denn sonst? Und sie bestehen auf der Allgemeingültigkeit des internationalen Rechts? Ja hoffentlich, was denn sonst?
Das sei «ein Fehler»? Nein, der Fehler ist, dass so jemand Auslandchef bei der NZZ ist. Seine Schlussfolgerung besteht dann aus juristischen Gründen nicht Qualifizierbarem: «Die Leidtragenden werden die Menschen in Gaza sein, welche das Gericht eigentlich schützen will. Unsinniger kann sich eine internationale Organisation kaum verhalten.»
Die wirklich Leidtragenden sind die Leser der NZZ, die einmal mehr zur Kenntnis nehmen müssen, dass neben geistig Hochstehendem auch ein Sandkastengeneral mit notorisch falschen Prognosen und gelegentlich ein Auslandchef auf bedenklich niedrigem intellektuellem und moralischem Niveau schreibt. Leider das Privileg ausnützend, dass sich ja keiner traut, ihm Einhalt zu gebieten.
Nachdem er den ganzen Kommentar hindurch nur gegen die angebliche Unsinnigkeit eines Haftbefehls gegen die mutmasslichen israelischen Kriegsverbrecher gewettert hat, fällt ihm so in einem Nebensatz noch ein: «Mit Haftbefehlen gegen Netanyahu, Gallant und die Hamas-Schergen wird der ICC viel Aufsehen erregen, aber seine juristischen Ziele verfehlen, denn die Auslieferung dieser Personen ist völlig unrealistisch.»
Das ist ungefähr so intelligent wie die Behauptung, der Erlass eines Strafbefehls gegen einen flüchtigen Verbrecher verfehle seine «juristischen Ziele», wenn der sich ins auslieferungsfreie Ausland abgesetzt hat. Nach der Absurd-Logik von Rásonyi sollte die Justiz besser darauf verzichten.
Dass weder Israel, noch die USA (und auch nicht Russland) die Zuständigkeit des ICC anerkennen, muss nicht als angeblich realpolitische Tatsache hingenommen werden, sondern als das bezeichnet, was es ist: ein Skandal. Nur dank dieser Abstinenz musste ein Kriegsverbrecher wie Henry Kissinger nie befürchten, für sein Handeln haftbar gemacht zu werden. Das ist eine Schande, nichts, was man einfach so hinnehmen sollte.
Für einmal, so tief ist die NZZ gesunken, trocknet Tamedia die alte Tante ab, indem hier die richtige Meinung vertreten wird. Der Medienkonzern leiht sich zwar seinen Kommentar von der «Süddeutschen», aber den Überlegungen von Ronen Steinke merkt man an, dass der Autor im Völkerstrafrecht promoviert hat. Und deshalb zum klaren Urteil gelangt: «Diese Anklage ist richtig».
Steinke begründet das sachlogisch korrekt: «Das humanitäre Völkerrecht mit seinem zentralen Appell, Zivilisten zu schonen, bindet alle Seiten in einem Krieg, oder es ist wertlos. Es geht dem Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs erkennbar nicht um die Tatsache, dass Israel sich verteidigen muss. Sondern allein um die Art und Weise, wie es dies tut.»
Denn selbst diese banale Tatsache ist Rásonyi nicht geläufig: ein Kriegsverbrechen ist ein Kriegsverbrechen. Egal, aus welchen Motiven oder in welchen Zusammenhängen es verübt wird. Egal, ob es von fundamentalistischen Wahnsinnigen oder einem Regierungschef, der nicht in den Knast will, begangen wird. Egal, ob es von einer Organisation fundamentalistischer Irrer verbrochen wird, die ihr Verständnis von Demokratie damit beweisen, dass sie gewählte Volksvertreter von Dächern stürzen. Oder ob es von Vertretern eines demokratischen Staates verbrochen wird, die aus egoistischen Gründen die eigene Verfassung umbiegen wollten. So liegen sich Rásonyi und Markus Somm («die Isrealis sind die Guten») in den Armen. Was für ein trauriges Paar.
Natürlich muss der Strafgerichtshof beiden mutmasslichen Verbrechen nachgehen, wenn er genügend Indizien und Anhaltspunkte für einen Haftbefehl sieht.
Das ist ein Lichtblick. Was manchmal in der NZZ erscheint, ist eine Schande.
Das ICC ist ‘toast’, hat sich ins Abseits geschossen. Das war’s !
Ich möchte mich noch für meinen obigen Kommentar entschuldigen. Ich habe ihn nicht mehr ganz nüchtern nach einem längeren Abendessen geschrieben. Aber ich stehe voll und ganz hinter meiner damaligen Aussage, auch in nüchtern Zustand.
Kurzgefasst: Die Staaten, bei welchen die Kriegsverbrecher in der Regierung sitzen, sind nicht ICC Vertragsstaaten. Es ist dennoch ein Lichtblick, dass es den ICC überhaupt gibt.
Natürlich gehören Netanjahu und seine Kumpane verhaftet und lebenslänglich
weggesperrt. Wie aber könnten dann die Leiden des palästinensischen Volkes
beendet werden? Sicher nicht auf Netans, sondern nur auf Nathans Weise!
Leider ist kein solcher in Sicht. Und der Welt ist es egal.