Schön elitär
Flugscham, Klimaschutz? Relevanter Inhalt? Von Fall zu Fall nach unten.
Tamedia macht auf Kultur. Das kann natürlich nicht gutgehen. So geben 16 Mitarbeiter im «Magazin» 16 Tipps, welche Museen man gesehen haben «muss». Also ein Must.
Dazu gehören so Banalitäten wie die Uffizien von Florenz oder das Naturhistorische Museum in Wien. Dann aber auch so Exoten wie das Monterey Museum of Art. Ein mickriges Museum an der US-Pazifikküste, in einem Touristenort, Christian Seiler empfiehlt natürlich kein Museum, sondern ein museales Restaurant.
Dann hätten wir noch das Cowboy-Museum, weswegen man nicht unbedingt nach Oklahoma City reisen sollte (es gibt eigentlich auch sonst keinen Grund dafür). Den Vogel schiesst allerdings die Empfehlung ab, den Königspalast von Ruanda zu besuchen. Der besteht aus ein paar Hütten und Kühen. Wahnsinn.
Ein Dinosaurier-Museum in der Wüste Mexikos, oder wie wäre es damit: «Tief im Westen Deutschlands, wo Humor, Wurst und Sprache derber und die Städte noch ein wenig trostloser sind als im Rest des Landes, liegt eine Insel. Nicht viele Menschen kennen sie, und niemand, der sie nicht gezielt ansteuert, wird hier, zwischen Düsseldorfs Industriehafen und dem apokalyptischen Braunkohletagebau, ein solches Paradies erwarten.»
Kann man das noch steigern? Locker: «Seit langem versuche ich, das Kunsthaus in Aarau zu besuchen, doch es will mir nicht glücken.» Ein Museum, das man angeblich gesehen haben muss, aber dem Autor ist es nicht gelungen, es zu besuchen und somit dafür einen Grund anzugeben.
So eine Strecke entsteht, wenn die Qualitätskontrolle Ferien hat, dem Tagesverantwortlichen alles egal ist, die Ankündigung an der Reaktionskonferenz, «wieso machen wir nicht mal ein Sammelstück mit Empfehlungen für Museen?», auf ein gelangweiltes warum nicht, wenn die Alternative Weissraum ist trifft.
Der geschmäcklerisch aufgemotzte Bericht über einen Nicht-Besuch eines Museums, das der Leser unbedingt besuchen muss, das ist schlichtweg eine Frechheit, ein misslungener Scherz. Monterey, Oklahoma City, der Königspalast von Ruanda, die Wüste Mexikos, das sind hingegen schlichtweg Leserveraschungen. Diese Museen muss man nicht besuchen, man sollte sie sogar eher meiden.
Wenn man bedenkt, dass es auf der Welt Hunderte, wenn nicht Tausende von interessanten, empfehlenswerten, überraschenden, faszinierenden Museen gibt, man alleine in Paris locker eine Auswahl von problemlos zwei Dutzend Museen gibt, das Haus von Balzac, das Musée Moreau, das Musée d’Orsay, das Musée Rodin, und, und, und, dann kann man diese Auswahl der Tamedia-Redaktion richtig einordnen.
Es ist reiner Sauglattismus, Eskapismus, Wichtigtuerei, jeder wollte einen noch originelleren Vorschlag einbringen, bis hin zur Vollklatsche, in pseudokafkaesker Manier zu beschreiben, wie man nicht in ein Museum kam.
Aber auch die Anpreisung: «Das Museum ist wohl wirklich das Beste, was Oklahoma zu bieten hat», wobei – was es bietet, ist nicht gerade umwerfend: «Aber ziemlich verblüfft war ich dann doch über den Zynismus, der sich in den vielen Räumen dieses Museums mit kompletter Verblendung zu paaren scheint.» Also offensichtlich ein Grund, unbedingt nach Oklahoma und in dieses Museum reisen zu müssen.
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