IP: ein Problem weniger
Wenn sich Grosse, Reiche und Mächtige angefasst fühlen.
Michael Ringier und Marc Walder waren persönlich beleidigt. Vom kleinen, aber feinen Finanzblog «Inside Paradeplatz». Denn der begibt sich gelegentlich aus dem Bereich seiner Kernkompetenz heraus und verteilt auch Nasenstüber im persönlichen Bereich. Wird das so stümperhaft wie von Beni Frenkel aufgeführt, dann gibt’s auch für Lukas Hässig eins hinter die Löffel. Allerdings nur, was gewisse obsessive Beschreibungen Frenkels von körperlichen Befindlichkeiten betrifft. Dass die von «ElleXX» angepriesenen Anlagemöglichkeiten gnadenlos schlechte Performance mit üppigen Gebühren verbinden, wollte Patrizia Laeri auch gerne gelöscht sehen.
Das durfte aber stehenbleiben, weil Tatsachenbehauptung. Dass nebenbei Laeris Anwältin zunächst vor zwei Gerichten gleichzeitig klagte und sich damit eine Doppelklatsche abholte – peinlich.
Bei Big Boss Ringier und Big CEO Walder ging es aber nicht um Äusserlichkeiten. Es ging auch nicht um den Inhalt kritischer Artikel, sondern um Kommentare dazu. Da gilt dann, dass der Veranstalter, also der Betreiber der Plattform, auf der ein Kommentar erscheint, für den Inhalt mithaftet.
An diesem Schlafittchen packten die zwei Hässig – und klagten ihn ein. Resultat: «Löschung von rund 50 Leser-Kommentaren betreffend Ringier». Resultat: «Inside Paradeplatz entschuldigt sich für die Publikation dieser Kommentare und bedauert deren versehentliche Veröffentlichung.»
Erstaunliches Resultat: «Inside Paradeplatz verpflichtet sich inskünftig, die Publikation von persönlichkeitsverletzenden Kommentaren betreffend die Kläger zu unterlassen.»
Mit Kommentaren, auch ZACKBUM weiss davon ein Klagelied zu singen, ist es so eine Sache. Einerseits soll die Kommentarspalte möglichst freie Meinungsäusserung erlauben. Auf der anderen Seite übertreiben es Kommentarschreiber, im Mut- und Wutrausch dank Anonymität, gelegentlich. Daher müsste, daher muss jeder einzelne Kommentar daraufhin abgeklopft werden, ob er Anlass zu juristischem Ärger bieten könnte.
Auf ZACKBUM wurde bislang rund 9000 Kommentare veröffentlicht, ein, zwei Handvoll nicht. Die auf der Homepage veröffentlichte Kleiderordnung wird nicht immer eingehalten; an sie sei nochmals erinnert. Hässig hat ein unvergleichlichbar höheres Kommentarvolumen zu bewältigen, bei ihm schreiben sich Heerscharen von Bankern anonym den Frust von der Seele.
Mit dem Vergleich hat Hässig dieses Problem weggeräumt. Es hängt aber immer noch die Gewalts-Klage der Credit Suisse über ihm, die das Ende der Bank überlebt hat und von der UBS weitergeführt wird. Da geht es um viel: Die Klageschrift umfasst 265 Seiten plus Beilagen. 52 Beiträge und rund 200 Kommentare sind im Visier. 300’000.- Streitwert. Klare Absicht: Hässig finanziell fertigzumachen. Was es allerdings für einen Sinn machen soll, weiter einen Haufen Geld dafür auszugeben, um den Ruf und die Ehre einer kläglich untergegangenen Bank zu verteidigen, erschliesst sich wohl ausserhalb der UBS niemandem.
Online funktioniert vor allem wegen der Kommentarspalten. Das wissen auch die Betreiber. Was im Artikel steht ist meistens halb so spannend.
Na, na.
Es gibt noch eine andere Möglichkeit. Die Kommentare werden auf einer anderen Plattform veröffentlicht, die auf einem Server im Ausland läuft. Das tun beispielsweise ähnliche Internetauftritte in GB, um superprovisorische Verfügungen auszutricksen, die nur in England und Wales durchzusetzen sind. Der Server steht beispielsweise in Irland.
Die Betreiberhaftung ist das Problem. Die muss weg.
Nein. Das wäre dann ein rechtsfreier Zustand wie bei Facebook & Co. Und dort ist es schon schlimm genug, dass der Betreiber der Plattform nicht in Regress genommen werden kann für Inhalte, die er transportiert.
Warum wollen Sie unbedingt zensieren?
Es gibt Regeln und Regelverstösse. Der Betreiber einer Plattform stellt die Regeln auf, der Gast hält sich daran. So einfach ist das.
Wenn jeder Kommentarschreiber mit seinem vollen Namen, wie bei Zackbum üblich, hinstehen müsste, würden die beleidigenden Meinungen drastisch abnehmen.
«Wie bei ZACKBUM üblich?» Das wüsste ich aber …
Mit vollem Namen. Wie Fehlmann.
Die Presse- und Meinungsfreiheit ist immer in Gefahr.
Warum spannen die «Kleinen» nicht besser zusammen?
Ein todkrankes System schlägt um sich.