Forever old
Ein Beitrag zur Qualitätsoffensive bei Tamedia.
Wem es bislang entgangen sein sollte: Es gibt ein neues «Gefäss» bei Tamedia. Das heisst «Forever Young». Da ist nun nomen nicht wirklich omen:
Das sind die vier «neusten» hier angepriesenen Artikel. Erscheinungsdatum von links nach rechts: 17.5., 20.5., 23. 5., 17. 5. Wir schreiben heute den 30. Mai …
Aber das kann man (bzw. frau, denn die Chefredaktion ist bekanntlich weiblich) noch steigern:
Dieses «Interview in der Serie «Forever Young»» mag dem einen oder anderen «Magazin»-Leser nicht ganz unbekannt vorkommen. Denn wer noch so jung ist, dass ihn noch nicht Alzheimer im fortgeschrittenen Stadium ereilt hat, erinnert sich noch, dass dieser Artikel, neu auf der Webseite von Tamedia unter dem schnuckeligen Titel «News Pause», aber angepriesen als «Beitrag der Serie «Forever Young»», am 7. 10. 2022 zum ersten Mal das Licht der Welt erblickte.
Wahrscheinlich ist das ein Beitrag dazu, was das Mitglied der Chefredaktion Kerstin Hasse als «digital Storytelling» versteht. Vielleicht ist das ein weiblicher Ansatz, der sich dem männlichen Verständnis entzieht. Das ist die eine Variante.
Die andere: in dieser «neuen» Rubrik bleiben alte Artikel tagelang auf der Webseite stehen, weil es keine neuen gibt. Das mag ja noch knapp angehen, obwohl es alle Regeln des digitalen Erzählers widerspricht. Aber vielleicht war Hasse damit ausgelastet, ein lustiges Video über die Käfigtierhaltung im neuen Newsroom von Tamedia, Pardon, «Tages-Anzeiger», zu drehen.
Aber dass man (oder vielmehr frau) nun die Stirn hat, einen fast 8 Monate alten Artikel zu rezyklieren, der schon damals schnarchlangweilig war, das zeugt nun von einer Leserverachtung, um ein stärkeres Wort zu vermeiden, die schon bemerkenswert ist.
Die Fragen sind nach wie vor brandaktuell: «Liebe Oma – du hast im Februar deinen fünfundachtzigsten Geburtstag gefeiert. Wie fühlt sich das an?» Wohl so, wie sich dieses Jahr das Feiern der 86. angefühlt hat. Unvergesslich auch diese Passage:
«Warst du auch mal überfordert vom Grundkonzept des Existierens? – Vom was? – Also, dass man ungefragt auf diese Erde geworfen wird … – … und in den meisten Fällen auch ungefragt wieder gehen muss. – Genau.»
Solche investigativen Fragen und luziden Antworten kann man gar nicht oft genug lesen. Dass man dafür allerdings zuerst ein Abo abschliessen müsste, das ist schon ein starkes Stück. Der zukünftige Abonnent, den Chefredaktorin Raphaela Birrer bekanntlich «an die Paywall heranführen» will, soll also Geld abdrücken dafür, dass er einen Uralt-Artikel, der als neu serviert wird, lesen darf.
Dass er in eine Serie «Forever Young» eintauchen darf, die so was von alt ist.
Dass er Beiträge der «Süddeutschen Zeitung» aus München lesen darf, die schon dort kaum jemanden interessieren, und dort leben Deutsche. In der Türkei leben Türken, und die haben gewählt. Und sich wieder für Recep Erdogan entschieden. Da wäre es sicherlich interessant zu erfahren, was der grösste Schweizer Medienkonzern mit seinen unzähligen Kopfblättern in der Zentralredaktion in Zürich dazu zu kommentieren hat.
Aber leider behält er das für sich, wahrscheinlich wollte sich Auslandchef Christof Münger davon nicht seine Pfingstferien verderben lassen. Also kommentiert «Raphael Geiger aus Istanbul». Der Korrespondent der «Süddeutschen». Der ist herausragend qualifiziert, denn er übt diesen Job seit 2023 aus. «Zuletzt war Geiger USA-Korrespondent in New York.»
Auch das ist ein spezielles Verständnis von Qualität. Statt die eigene, theoretisch noch vorhandene Auslandredaktion zu bemühen, lässt der Qualitätskonzern Tamedia einen seit 2023 im Amt befindlichen SZ-Korrespondenten in die Tasten greifen, der zuvor in den USA stationiert war. Und für diesen Schrott, «Erdogan ist gerade noch einmal davongekommen», will Tamedia auch noch Geld, bevor man das lesen darf.
Eigentlich ist’s so. Wer Tamedia zuschaut, begleitet einen Fallschirmspringer auf dem Weg nach unten. Und blickt ihm in die Augen, als er merkt, dass sich der Fallschirm nicht öffnet. Brrr.
Raphaela Birrer merkt nicht, dass die Felle davonschwimmen. Heute wieder eine Unzahl von beliebigen Artikeln im TA, die in die Annabelle gehören.
Beispiele:
– Die grössten Gegner der Frauenförderung? Die jungen Männer
– Unfruchtbar nach Operation: «Immerhin habe ich so eine Chance auf ein normales Leben»
– Eine junge Frau mit Schlagkraft und ein «Tatort» mit Schmackes
– Mamablog: 5 Sprüche, die Alleinerziehende nicht mehr hören können
Die träumerische Payroll-Heranführerin wird die Quittung bekommen für ihre publizistische Fehldiagnose. Die Metapher am Schluss von René Zeyer zeigt auf, wie tragisch solche sture Experimente ausgehen können.
Kaum lösbare Aufgabe für Frau Chef Raphaela Birrer.
Bis Ende 2023 soll die Tamedia die Kosten um weitere CHF 70 Millionen reduzieren. Bis zum Jahresende 2022 hat der Verlag 65 Prozent diese Sparzieles erreicht.
Mit der Floskel «Die Frauen sichtbar machen» könnte ich noch leben. Wenn dieser Leitsatz aber eine blindwütige Beliebigkeit erhält, so ärgert mich dies auch als Frau sehr.
Auf April 2023 hat der Tagesanzeiger wieder eine neue Frau eingewechselt. Rahel Bains soll im Ressort Zürich Leben schwerpunktmässig weibliche Themen beackern. Auf Teufelin komm raus, soll der TA eine weibliche Leitschiene bekommen.
Frau Bains war vorher Redaktionsleiterin beim Online-Stadtmagazin Tsüri.ch. Davor war sie im 20-Minuten-Newsdesk und beim March-Anzeiger / Höfner Volksblatt. Zudem hat Rahel Bains als freie Journalistin auch für die Annabelle geschrieben.
Diese Annabellisierung dieser einst gut aufgestellten Tageszeitung macht mir grosse Sorgen.
Heute lese ich auf BLICK-online diesen Leserkommentar mit Sprengwirkung:
«Von 1985 (PK-Obligatorium) bis heute hat sich der Schweizer Börsenindex SMI verachtfacht, die Immobilien verdoppelt bis verdreifacht. Die Kapitalverzinsungen unserer PK-Gelder wurde jedoch von 4% auf 1% geviertelt? Wer hat all diese Gelder eingesackt?»
Solche Fragen möchte ich tiefgründig beantwortet haben von Expertinnen des Ressort Wirtschaft des Tagesanzeigers. Auch solch wichtige Themen gehen Frauen etwas an.
Situationsunangemessene Topics mit dem üblichen Gender-Diskriminierungsdiskurs , sollten den wahren, wichtigen Themen Platz machen!
Genau deswegen lesen frauman nur Schwachsinn-Artikel.
Damit das Volk nicht noch auf die Idee käme, zu erkennen und darüber nachzudenken, wo die Reise hingeht.
Und in den letzten drei Jahren wird einfach der Tiefstpegel gemessen, wie weit Völker narkotisiert werden können mit Grippe-Porno, blau-gelbem Solidaritätswahn (und alle sponsern einen weiteren Völkermord mit).
Nächste Angst-Shows sind in der Aufwärmpipeline……..
Mittelstand über den Tisch gezogen – und jetzt am Hungertuch.
Vielleicht ein Thema für die einflussreiche Finanzaktivistin Patrizia Laeri? Wie ich eben lese, war ihr Crowd Funding ihres Vehikels ElleXX überaus erfolgreich.