Die SKAndalbank

30 Milliarden Boni später …

Als sie noch SKA hiess, war es klar, dass sie den damaligen Skandal überleben würde. Und heute? Man ist fassungslos ob so viel geballter Unfähigkeit für so viel teures Geld bei der Credit Suisse.

«Abgeflacht, teilweise umgedreht, im Grund gestoppt».

Zu diesen Aussagen über die Abflüsse von Kundengeldern verstieg sich der aktuelle Präsident der Credit Suisse Axel Lehmann noch vor Kurzem.

Nach diesen Aussagen kratzte der Kurs der CS-Aktie kurzzeitig an der 3-Franken-Schwelle. Wer 3 Franken für eine Aktie der einstmals stolzen Bank (mit einem Aktienkurs von fast 100 Franken) für einen Skandal hält: in den letzten Tagen sackte er bis auf Franken 1.50 ab …

Und nun die Hiobsbotschaft: Die CS bettelt um eine Finanzspritze von 50 Milliarden Franken von der Schweizerischen Nationalbank. Genauer gesagt: sie will diese Kreditlimite beanspruchen, die ihr als «to big to fail»-Bank zusteht. Der GAU, ein Fall UBS Reloaded. Damals ging’s am Schluss gut aus, diesmal auch? Oder wird die CS zu einem zweiten Fall Swissair, nur in teuer?

Zunächst die Beruhigungspille für alle CS-Kunden unter den Lesern: ihr dort angelegtes Geld ist sicher. Jedenfalls bis zur Höchstgrenze der Einlagesicherung von Fr. 100’000. Nun gibt es allerdings neben dem Aktienkurs einen weniger bekannten Messfühler für den Zustand einer Bank, bzw. für die Beurteilung deren Zukunftsfähigkeit. Das sind sogenannte CDS, Englisch für Kreditausfallversicherungen. Wie jeder Laie weiss, sagt die Höhe der Prämie etwas darüber aus, für wie wahrscheinlich der Eintritt des Schadenfalls gehalten wird.

Mit einem CDS versichern sich Geldgeber dagegen, dass der Schuldner nicht mehr in der Lage ist, den Kredit zurückzubezahlen. Bei der CS wird inzwischen ein Ausfallrisiko von gegen 50 Prozent eingepreist, wie es so schön heisst. Weitere Alarmzeichen: CS-Obligationen verzeichnen schmerzliche Tagesverluste, die Bank muss für Refinanzierungen immer höhere Zinsen zahlen.

Das tat sie schon bei der Finanzkrise von 2008, als die CS im Gegensatz zur UBS auf Staatshilfe verzichtete und sich stattdessen in die Arme von arabischen Investoren warf. Die gaben der Bank aber ihr Geld nicht aus Nächstenliebe oder unter Befolgung des islamischen Zinsverbots. Sondern sie kassierten 9 oder sogar 9,5 Prozent über Jahre, auch während den Nullzins- oder gar Negativzinszeiten.

Bei einer solchen Verzinsung ist das investierte Kapital schon weit vor der Rückzahlung wieder im Trockenen, so nach rund 7 Jahren. Das ist auch der Grund, wieso die gleichen Investoren als Aktienbesitzer bislang die unaufhaltsame Talfahrt des Kurses ohne grösseres Murren weggesteckt haben. Wobei natürlich rund 70 Prozent Verlust seit ihrem Einstieg schon bitter sind.

Wo soll denn nun die Talfahrt des Aktienkurses enden? Mathematisch gesehen bei Null natürlich. Denn es gibt zwar Negativzinsen, aber es gibt keine Aktie, wo man beim Ankauf Geld bekommt. Null heisst, dass der Handel eingestellt wird, die Bank bankrott ist, ein Liquidator amtet und Aktienbesitzer in der letzten Konkursklasse sind, also meistens in die Röhre schauen.

Wie schaut es denn bei Anlagevermögen von über 100’000 Franken bei der CS aus? Das würde im Fall der Fälle aus der Konkursmasse bedient werden, und da niemand weiss, welche Leichen noch im Keller der Bank liegen, welche Skandale noch nicht explodiert sind, welche Bussenforderungen, Schadenersatzprozesse noch auf die Bank zukommen, hat niemand eine Ahnung, ob es am Schluss überhaupt noch eine Masse gäbe, die verteilt werden könnte.

Aus diesem Grund war die Aussage von Lehmann nicht nur falsch, sondern brandgefährlich. Denn der Abfluss von Kundengeldern, inzwischen auch in der Schweiz, ist in den letzten Wochen und Monaten nicht etwa gestoppt worden. Im Gegenteil, er nimmt selbst im für sicher gehaltenen Heimatmarkt Schweiz beunruhigende Züge an.

Hier ist das Problem: selbst eine gesunde Bank verträgt es nicht, wenn immer mehr Anleger gleichzeitig ihr Geld zurückwollen. Wenn das zu einem sogenannten Bankrun wird, dann müssen die Schalter geschlossen werden, während davor Schlangen von hysterischen Menschen stehen und verzweifelt die Auszahlung ihrer Guthaben verlangen.

Dem entgegen stehen die üblichen Beteuerungen, dass die Bank solide sei, über ein ausreichendes Kernkapital verfüge, es keinen Grund zur Panik gebe. Da niemand – nicht einmal die Führungsspitze – bei diesem Riesentanker bis in die hinterste Ladefläche weiss, ob da nicht mal wieder eine Bombe tickt, die nur darauf wartet zu explodieren; eine neue Busse droht, Schadenersatzforderungen, Rückzahlungen, ist es sehr schwer zu beurteilen, ob die Bank überleben wird oder nicht.

Mit absoluter Sicherheit lässt sich aber ein Skandal beurteilen, der sich hier seit Jahren abspielt. Genauer gesagt seit der Amtsübernahme von Urs Rohner als Präsident des Verwaltungsrats. In der jüngeren – und wohl auch älteren – Geschichte des Finanzplatzes Schweiz hat es wohl keinen grösseren Versager gegeben.

Wenn man sein unseliges Wirken realitätsnah beschreiben wollte, wäre man sofort im Bereich einer rechtlichen Todeszone, denn mit nicht justiziablen Ausdrücken lässt sich nicht darstellen, was dieser Mann angerichtet hat.

Natürlich, nicht nur er, aber er ist als oberster Boss eben auch für alle personellen Fehlentscheide verantwortlich; für den Reigen von CEOs, für die Mitglieder der Geschäftsleitung, für die übrigen VR. Allesamt Nieten in Nadelstreifen, Vollversager, nicht einen Rappen ihrer horrenden Vergütungen wert. Es gibt keinen adäquaten Ausdruck, um zu beschreiben, welche Schamlosigkeit es braucht, für dieses Ergebnis ohne rot zu werden Multimillionen, insgesamt Milliarden verdient zu haben.

Selbst die aktuelle Führungscrew macht nur auf bescheiden und Bonusverzicht, dabei verdient sie immer noch exorbitant zu viel. Auch dem Duo Lehmann/Körner gelingt es offensichtlich nicht, den Tanker abzudichten und in ruhige Gewässer zu lenken. Ihre Pläne greifen nicht, sind zu klein, entsprechen nicht der Dramatik der Situation.

Schönwetterkapitän wie auf dem Traumschiff zu sein, dafür braucht es nicht viel. Ein weisses Hemd, die obligate unifarbene Krawatte, den Anzug in Dunkelblau oder Dunkelgrau, die massgeschneiderten Treter, Manschettenknöpfe, eine edle Gürtelschnalle, et voilà. Dazu noch der vor dem Spiegel eingeübte Blick «ich bin besorgt, aber zuversichtlich», und schon kann man vor die Kameras und Mikrophone treten und den Bankenlenker mimen.

Aber Banker vom Format eines Oswald Grübel wachsen halt nicht auf den Bäumen, und die Zeiten eines Holzach oder Senn sind längst vorbei. Und die waren beide bei der SBG, der heutigen UBS. Nun ja, da gab es auch einen grössenwahnsinnigen Marcel Ospel, aber dessen Ende erfolgte wenigstens relativ schnell.

Was mit der einstmals strahlend-stolzen Credit Suisse seit dem Amtsantritt von Rohner geschehen ist, kann wohl höchstens mit dem Niedergang der Swissair verglichen werden. Unglaubliche Stümper, untaugliche Manager, bonusgetriebene Pfeifen gaben sich die Klinke in die Hand, verpissten sich mit wohlgefüllten Taschen, hinterliessen ein Desaster nach dem anderen.

Und die Nachfolger sangen alle das gleiche Lied: muss zuerst das Schlamassel meines Vorgängers aufräumen, dann geht’s aber steil nach oben. Ging es nie. Aber während es vorher eine Krise war, ist’s jetzt eine Katastrophe. Aber die Kommandobrücke füllt sich weiterhin die Taschen, dreht das Steuerrad mal ein Mü nach links, dann nach rechts, entlässt massenhaft Mitarbeiter, gibt den Überlebenden keinerlei Anlass zu Hoffnung und strahlt keinerlei Charisma aus.

Hier gilt mal wieder der alte Spruch: würden Sie einem Lehmann, einem Körner einen Gebrauchtwagen abkaufen? Schlimmer noch: würden Sie den beiden zutrauen, mehr als das zu können? «Shame on you» rief der Autor dieser Zeilen bei der CS-GV Brady Dougan zu, als der sich den grössten Bonus aller Zeiten in einer Schweizer Bank gönnte. Der steckte das regungslos weg. Würde man Lehmann oder Körner ein «schämt Euch» zuwerfen, würden sie auch keine Miene verziehen. Denn völlige Indolenz ist die wichtigste Eigenschaft eines Bankers in führender Stellung.

13 Kommentare
  1. Ruedi Rudolf
    Ruedi Rudolf sagte:

    “Bankraub ist eine Unternehmung von Dilettanten – richtige Gangster Profis gründen eine Bank“

    Banken sind ein Enteignungs-Instrument. Und mächtig sind sie geworden, weil heute jeder der eigentlich kein Bankkonto braucht – eines hat – und sich Bankgebühren abknöpfen lässt.

    Es ist noch nicht so lange her, da hat man seinen Lohn vom Chef alle 2 oder 4 Wochen in einem Briefumschlag bekommen. Die Rente hat der Pöstler persönlich an die Haustüre gebracht. Personalisierte Checks waren auch ein beliebtes und sicheres Zahlungsmittel.

    Denn größten Teil des erhaltenen Bargeldes, hat man dann mit dem kleinen Gelben Post-Einzahlungs-Büchlein, seine offenen monatlichen Rechnungen Bar auf der Post einbezahlt – denn Rest brauchte man zum leben.

    Wenn dann mal was zum sparen übrig geblieben ist, gab es schlaue, und weniger schlaue Optionen das Geld an einem sicheren Ort im Haus zu verstecken. Es in Gold zu investieren, oder maximal ein Sparheft zu eröffnen.

    Der größte Teil der Bevölkerung könnte also problemlos auf ein Bankkonto verzichten, weil die monatlichen/jährlichen Ausgaben, größer sind wie die Einnahmen. Also jammert nicht über die Bankster, schließt eure überflüssigen Bankkonten.

    Antworten
  2. Lucio Born
    Lucio Born sagte:

    Was muss ich mir alles anhören im Ausland über diese Credit Suisse…………

    Die CS hat die Ehre der ganzen Schweiz über viele Jahre verleumdet. Misskredit als Geschäftsmodell taugt eben nicht. Nur VERTRAUEN zählt!

    Antworten
    • Alex Müller
      Alex Müller sagte:

      Der Brand „Credit Suisse“ unwiderruflich kaputt. Bloss die miserable Selbstwahrnehmung des CS-Kaders will dies nicht akzeptieren.

      Antworten
    • Eveline Maier
      Eveline Maier sagte:

      Sprechen sie ihre Diagnose mit den angemessenen Worten aus: Ich nenne es LANDESVERRAT, was diese systemrelevante Credit Suisse in der Schweiz angerichtet hat.

      Dieser böse Fluch geht nie mehr weg!

      Antworten
    • Mario Sacco
      Mario Sacco sagte:

      Lukas Mühlemann hat zu viel auf dem Kerbholz. Auch als Swissair-Verwaltungsrat eine totale Fehlbesetzung. Der McKinsey & Company-Klugmann ein totales Blendwerk.

      Hat Mühlemann uns Milliarden gekostet? Wir wissen es nicht. Jetzt ist Lukas M. trotz allem Schlamassel ein sehr reicher Mann geworden. CHF 100 Millionen reich zumindest.

      So läuft „Karriere“ in Switzerland!

      Antworten
  3. Jürg Streuli
    Jürg Streuli sagte:

    Jean Ziegler erhält wieder einmal Recht mit seinem Bestseller von 1982 «Eine Schweiz, über jeden Verdacht erhaben». Damals versuchten die Banken den Professor aus Genf wegen seinem die Banken kritisierenden Buch juristisch und finanziell fertigzumachen. In Wirklichkeit haben sich die skrupellose Gier wie auch die Arroganz und die Unfähigkeit der Bank-Gnomen aufs Schändlichste laufend bestätigt. Dafür die Zeche bezahlen musste bisher das gemeine Volk mit seinen Steuergeldern. Bei der Crédit Suisse kommt dies jetzt nicht mehr in Frage! Die Leute haben von diesen widerlichen Grossmäulern der Banker die Nase mehr als gestrichen voll. Sie haben kläglich versagt im Bankengeschäft diese selbsternannten Helden vom Schlage eines Urs Rohner, Tidjane Thiam und Brandy Dougan und natürlich niemals vergessen, sich die eigenen Taschen schamlos vollzustopfen. Die Reiniger von Abwasserkanälen verdienen weit mehr Respekt als diese «Spitzenkräfte» in der Führung von Banken.

    Antworten
    • Beth Sager
      Beth Sager sagte:

      „Die Reiniger von Abwasserkanälen verdienen weit mehr Respekt als diese «Spitzenkräfte» in der Führung von Banken“.

      Wie wahr und bestens erfasst. Jürg Streuli für einmal in ziemlich linker Optik.

      Antworten
    • Slavica Bernhard
      Slavica Bernhard sagte:

      Ob Kanalreiniger, Bankenhochstapler oder Professor, ob CS oder SNB, kommt nicht darauf an, der Steuerzahler bezahlt sie alle!

      Antworten
  4. Sam Thaier
    Sam Thaier sagte:

    Bravo, das Trauerspiel dieser Bank ausgezeichnet erfasst. Seit 1977 (damals noch Schweizerische Kreditanstalt), hatte diese CS das Risikoprofil kaum im Griff. Die Anreize, Bruch zu bauen, wurden gar mit Bonuszahlungen entgolten.

    Bei der Bankenkrise 2008, hatten die Kanadischen Banken weltweit am Besten abgeschnitten. Wird wohl auch jetzt ähnlich sein.

    Antworten
    • Rolf Karrer
      Rolf Karrer sagte:

      Gerade der Bankenplatz Schweiz müsste vom set up der Kanadische Banken nur lernen. Die kanadischen Banken sind während der Finanzkrise von 2008 als Ausnahmeerscheinungen aufgefallen: als solide und profitable Finanzinstitute, die keine Geldspritzen von der Regierung benötigten. Auch jetzt schlägt sich der Finanzsektor gut in Kanada.

      Von den 20 grössten Unternehmungen in Kanada, sind acht Finanzinstitute. In Kanada gibt es fünf große Bankinstitute (auch «Big Five» genannt). Nach Marktkapitalisierung sortiert sind dies: Royal Bank of Canada (204 Mrd. CAD), Toronto Dominion (194 Mrd. CAD), The Bank of Nova Scotia (112 Mrd. CAD), Bank of Montreal (95 Mrd. CAD) und Canadian Imperial Bank of Commerce 73 Mrd. CAD).

      Gerade die HSG St.Gallen müsste sich mit dem Erfolg dieser stabilen kanadischen Banken beschäftigen, um die richtigen Schlüsse für die Zukunft zu treffen. Offenbar ist der Kasino-Kapitalismus bei wenigen Playern in der Schweiz immer noch Mass aller Dinge. Auch die FINMA und generell die Schweizer Politik müsste sich die Frage gefallen lassen, ob Swiss Banking ein andauerndes Reputationsproblem hat?

      Antworten
      • Mario Sacco
        Mario Sacco sagte:

        Swiss banking seit vielen Jahren entzaubert. Wer in der Topliga gut und beständig sein will, kann sich keine Missgriffe und Eskapaden leisten. KEINE! Gilt übrigens für alle drei Player im SMI. Dazu: FINMA = ein Tiger ohne Zähne.

        Ärgere mich, weil das Banking-Modell Kanada und seiner echten Nachhaltigkeit, nie Thema in den Schweizer Medien war.

        Antworten
        • Rod Briner
          Rod Briner sagte:

          Als Schweizer Steuerzahler möchte ich mich nicht mehr über die gierigen, selbstverliebten Swiss Banker schämen müssen. Der Mythos wirklich total ramponiert.

          Der Schweizer Journalismus hat es immer versäumt, nach positiven Vorbildern Ausschau zu halten. Das Canada banking bestimmt eine Idee von Interesse.

          Antworten

Dein Kommentar

An Diskussion beteiligen?
Hinterlasse uns Deinen Kommentar!

Schreiben Sie einen Kommentar zu Mario Sacco Antworten abbrechen

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert