Hier schreibt der Chef

Ob Supino um Erlaubnis fragte?

«Ausgehend vom «Tages-Anzeiger» hat Tamedia darum in den letzten 15 Jahren massiv in den Ausbau des Portefeuilles und in die journalistische Wertschöpfung investiert.»

Es ist Ausdruck des Elends im Journalismus, dass der Big Boss, der «Verleger des «Tages-Anzeigers» und Präsident von Tamedia» unwidersprochen solchen Stuss auf fast einer ganzen Seite veröffentlichen darf.

In Wirklichkeit löste eine Millionen-Sparrunde die nächste ab, wurde zusammengelegt, geschrumpft und geknausert, bis es quietschte. Damit auch die Medien im Tx Konzern den allgemein vorgeschriebenen Return on Investment ablieferten, damit sich die Verlegerfamilie auch mal eine Sonderdividende leisten konnte.

Damit – und auch dank des ungeschickten Wirkens von Pietro Supino – schafften es die Schweizer Medien, bei der Abstimmung über die Subventions-Milliarde eine krachende Niederlage einzufahren.

Wer dieses inhaltsleere Geschwafel liest, bekommt eine Vorstellung davon, wie perspektivlos, geradezu desinteressiert der Vertreter des Coninx-Clans den Absturz der einstmals bedeutenden Marke «Tages-Anzeiger» verfolgt.

«Im letzten Jahr hat die Redaktion wichtige Grundlagen für die Weiterentwicklung ihres Angebots erarbeitet, die nun schrittweise eingeführt werden.» Das ist nun am Leser, Konsumenten und Zahler spurlos vorbeigegangen.

Aber nicht nur im Grossen und Ganzen spielt Supino Nullnummer. Auch im Mikromanagement versagt er. Wie der Roshani-Skandal von Tamedia behandelt wird, ist ein Musterbeispiel für: so sollte man es nicht machen.

Bislang hat Tamedia auf die brutalen Anschuldigungen der ehemaligen Mitarbeiterin gegen ihren ehemaligen Chef und gegen ihren ehemaligen Arbeitgeber mit einer einzigen, dürren Stellungnahme reagiert. Während die Anschuldigungen von Roshani bei genauerer Betrachtung und Untersuchung zusammenbröckeln, kleine Medien wie der «Schweizer Journalist» die Recherchierarbeit leisten, die Tamedia in eigener Sache hätte betreiben sollen, während Radio 1 dem Angeschossenen Gelegenheit gibt, auf die Vorwürfe zu reagieren, während Roger Schawinski den Inhalt des von Tamedia in Auftrag gegebenen Untersuchungsberichts veröffentlicht – und während ZACKBUM als eines der ganz wenigen Medien objektiv und ausgewogen berichtet –, herrscht bei Tamedia Schweigen. Tiefes Schweigen.

Sämtliche «Magazin»-Mitarbeiter, sonst immer mit Werturteilen über jeden und über alles schnell zur Hand, haben ein Schweigegelübde wie in einem Kloster abgelegt.

Kein Redaktor traut sich ein eigenes Wort, niemand wagt Kritik am Big Boss, der lediglich in eigener Sache aktiv wurde und bei der Konkurrenz CH Media mit rechtlichen Drohungen eine Entschuldigung ihm gegenüber herausquetschte. Aber Fürsorgepflicht gegenüber dem medial hingerichteten ehemaligen Chefredaktor Finn Canonica? Eine Reaktion auf die unselige Verwendung angeblicher «anonymer Quellen», die Pech und Schwefel auf ihn herabregnen liessen, es sei alles noch viel schlimmer gewesen?

Rechtliche Schritte gegen den «Spiegel» oder gegen «Die Zeit», die im Indikativ blosse Behauptungen kolportierte und auch angeblich mit ungenannten Zeugen gesprochen haben will? Ach was, das interessiert Supino viel weniger als seine eigene Ehre.

Genauso arschkalt wird der langjährige Oberchefredaktor Arthur Rutishauser abserviert und unter Verdankung geleisteter Dienste auf den Posten des Chefredaktors der «SonntagsZeitung» zurückgeschoben. Dafür wird die mediokre Quotenfrau Raphaela Birrer über den grünen Klee gelobt: «Mit Raphaela Birrer übernimmt eine ausgezeichnete Führungskraft der nächsten Generation die Leitung der neu aufgestellten Redaktion des «Tages-Anzeigers».» Ausgezeichnete Führungskraft? Wenn sie so führt, wie sie Kommentare schreibt, dann Gnade Gott der Redaktion.

Angeblich gibt es doch bei Tamedia eine strikte Trennung zwischen Verlag und Redaktion. Muss man sich das nun so vorstellen, dass Supino höflich bei Birrer anklopfte, ob er ausnahmsweise mal im «Tages-Anzeiger» das Wort ergreifen und viel zu lange nicht mehr loslassen dürfe?

Es wäre zum Lachen, wenn es nicht so traurig wäre.

12 Kommentare
    • Klaus Rohr
      Klaus Rohr sagte:

      Eine Kolumne schreiben kostet Geld für den Tagesanzeiger. Interview-Gäste werden üblicherweise nicht entschädigt.

      Das aussergewöhnlich breite Wissen von Rudolf Strahm sollte wirklich entschädigt werden.

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  1. Werner Frei
    Werner Frei sagte:

    Wer richtet für Finn Canonica ein Crowdfundingkonto ein? Was den Linken möglich ist, sollte auch Zackbum-Nutzern gelingen. Ich zahle die ersten 100 Franken.

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  2. Victor Brunner
    Victor Brunner sagte:

    Supino schafft es im zweiten Satz zwei Drohungen auszusprechen:
    «Gleichzeitig übernimmt unter der neuen Chefredaktorin Raphaela Birrer die nächste Generation die Verantwortung für den «Tages-Anzeiger», bei dem die überregionalen Kompetenzen gebündelt werden».

    Birrer, die nächste Generation? Gehört doch zum Inventar, loyal, profillos, nach aussen belehren «Wirmüssenwiersollenwirdürfen»-Journalsimus (Lehrerseminar), nach innen buckeln, unter dem Deckel halten, Typ: Verlegers Sünneli. Die «neue Generation», abgestandenes, Fortsetzung des journalistischen linksideologischen Kriechgang, des Anpassertums und Maulkorbakzeptanz.

    «bei dem die überregionalen Kompetenzen gebündelt werden». Beispiel Zürichsee-Zeitung. Viel gibt es nicht mehr zu bündeln, die regionalen «Kompetenzen» auf ein Minimum reduziert, aus 2 Regionen eine gemacht. Pfannenstiel/Zimmerberg, mithilfe eines willigen Chefredaktors der wahrscheinlich auf ein Pult an der Werdstrasse spekuliert, ein paar aus anderen Regionen zugewanderte JournalistenInnen in «waiting position», ohne besonderes Engagement, die nichts von regionaler Kultur halten, aktiv nur während den Bürozeiten in den klimatisierten Räumen der Redaktion in Wädenswil, von wo sie mit einem «blinden Feldstecher» das Geschehen am Pfannenstiel beobachten und halbherzig berichten!

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    • Rolf Karrer
      Rolf Karrer sagte:

      Wie lange kann sich die äusserst schwache Person Pietro Supino noch halten in diesem Coninx-Clan? Müssten sehr vieles abgucken bei den beiden Familien Hoffmann und Oeri, die die Roche Pharma ohne grosses Aufsehen führen. Bei der TX Group ständig Feuer (und Explosionen!) im Dach. Ein Hühnerhaufen ausser Rand und Band, wegen desolat schwacher Führung.

      Rechtliche Schritte von Supino gegenüber «Spiegel» und «Zeit» wird es wegen Verbandelung kaum geben. Finn Canonica ist doppelt bestraft. 1. Seine damalige Freistellung war gemäss Fakten nicht gerechtfertigt. 2. Die lügenhaften, völlig überzeichneten Verleumdungen gegenüber ihn, müsste er folgedessen selber aus dem Weg wischen.

      Chefredaktor Finn Canonica müsste somit diese kostspielige Anklage selber stemmen. Die Moral dieser Geschichte ist wirklich skandalös.

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      • Eveline Maier
        Eveline Maier sagte:

        Ein alter Schulfreund benennt diesen verlogenen, dekadenten Moralzustand jeweilen mit folgenden Worten:

        Wenn die Sonne tief steht, werfen auch Zwerge lange Schatten.

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      • Gerold Ott
        Gerold Ott sagte:

        Es müsste den grossen Ehrgeiz einer Anwaltskanzlei sein, die diesen Prozess gegen «Spiegel», «Zeit» und Anuschka Roshani stemmen könnte . Auch die offenbar lügenhafte Rolle von Matthias Ninck müsste gerichtlich beurteilt werden. Vielleicht gäbe es gar einen Anklagepunkt gegenüber Tamedia selber?

        In den USA würden sich die ehrgeizigen Anwaltskanzleien gegenseitig auf den den Füssen treten, um einen solchen Prozess führen zu dürfen. Es würde teuer werden für diese boshaften Hyänen.

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        • Eveline Maier
          Eveline Maier sagte:

          Nur traurig. In der Dolce-Vita-Gesellschaft Schweiz scheinen alle ein Nickerchen zu machen. Kein Bewusstsein für dieses üble Schmieretheater, mit Ausnahme weniger.

          Erstaunlich, dass sich der 78-jährige Jungspund Roger Schawinski diesem Fall Roshani annehmen musste, weil die grosse Journalistenmeute im Dämmerschlaf liegt/lag.

          Denke auch, dass es einen solchen Prozess schon aus hygienischen Gründen zwingen braucht. Gibt es wirklich keine aufmüpfige Anwaltskanzlei in der Schweiz, die den Schawinski macht?

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          • Victor Brunner
            Victor Brunner sagte:

            Beispiel dass der Medienplatz Zürich völlig dgeneriert ist. JournalistenInnen mit einem Gummibärchenrückgrat, weniger den LeseInnen als ihrem Filz verpflichtet. Verleger die diesen Namen nicht mehr verdienen, nur noch klickgeil sind!

          • Hans Keller
            Hans Keller sagte:

            „Den Schawinski machen“, scheint ein neues geflügeltes Wort zu sein.

            Im Resonanzkörper Schweiz liegt einiges im Argen. Dieser schandvolle Fall Roshani wäre in jeder funktionierenden Zivilgesellschaft auf der Topagenda.

    • Laura Pitini
      Laura Pitini sagte:

      Supino scheint das tote Pferd mit verklärten Parolen neu satteln zu wollen, auf dass es schneller rennen werde?

      Back to the roots, wäre die bessere Losung.

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