Wumms: Raphaela Birrer

Sie sollte zurücktreten, bevor sie antritt.

«Die Lust an der Provokation, der reflexartige Bezug der alternativen Meinung kippte zusehends ins Bizarre.»

Raphaela Birrer publiziert immer noch als «Leiterin Inland und Mitglied der Chefredaktion». Aber eigentlich ist sie designierte Oberchefin des gesamten publizistischen Ausstosses des Hauses Tamedia. Natürlich gerät man sofort unter strengen Sexismusverdacht, wenn man sagt: man muss sie nicht mal wiegen, um sie für zu leicht zu befinden.

Ihre Kommentare zeichnen sich immer durch eine gewisse hysterische Stutenbissigkeit aus, gepaart mit mediokrer Sprachbeherrschung und der völligen Absenz origineller Ideen. Wenn schon ein politisches Feindbild abtritt, wäre es doch intelligent – da weg und keine Gefahr mehr –, ihm einen würdigen Abschied zu bereiten. Oder sich an dem wahrhaft journalistischen Porträt zu orientieren, das kürzlich in der NZZ über Roger Köppel erschienen ist.

Aber da wird sich Birrer gedacht haben: bevor ich an einem solchen Versuch zum Höhenflug krachend scheitere, stiefle ich lieber durchs Unterholz: «Seine notorischen Absenzen und sein Desinteresse für die politische Feinmechanik in den Kommissionen haben ihm viele Fraktionsmitglieder nachgesehen, aber seine glühenden Verteidigungsreden für den russischen Angriffskrieg wurden zunehmend zum Problem, wie es hinter vorgehaltener Hand heisst.»

«Glühende Verteidigungsreden», das ist wohl nicht mal absichtliches Anrempeln, das hört sich mehr nach ungelenker Sprachbeherrschung an, oder kurz gesagt: sie weiss nicht, was sie schreibt, weil sie nicht weiss, was sie denkt. Sie macht schmerzlich offensichtlich, dass Köppel in einem schwachen Moment mehr Ideen hat und die auch viel brillanter ausdrücken kann als Birrer in ihrer gesamten journalistischen Karriere.

Geradezu bizarr wird es, wenn sie erschreckt bemerkt, dass der Platz für einen Kommentar fast zugelabert ist und sie noch zu einer Schlusspointe kommen sollte: «Mit der Entflechtung seiner politischen und unternehmerischen Rollen dürfte der Flurschaden aber zumindest für die SVP geringer werden

Das ist nun so blöd, dass es direkt von Patti Basler sein könnte. Nur wird die zu Recht vom Schweizer Farbfernsehen ignoriert. Ihr journalistisches Pendant aber bekommt die höchsten Weihen, die Tamedia zu vergeben hat. Kollege Gujer wird nicht sicher sein, ob er schallend lachen oder sich ärgern soll, dass diese Position mit einem solchen Nonvaleur besetzt wird.

Man will sich nicht vorstellen, was die wenigen, aber noch vorhandenen professionellen, seriösen und kompetenten Journalisten bei Tamedia sich denken mögen. Der 55-Jährige, wir wollen hier keine Namen nennen, der weiss, dass der Weg bis zur Frühpensionierung noch sehr, sehr weit ist. Und bis dorthin muss er nun zu allen Sparmassnahmen hinzu noch diese Sparmassnahme zuoberst akzeptieren? Eine Quotenfrau? Jemanden, der noch nie durch eine originelle Idee, einen journalistischen Wurf, ein strategisches Konzept aufgefallen ist?

Das ist wahrlich bitter. Steigert den Alkohol- und Tablettenkonsum in der Redaktion ungemein. Treibt noch mehr Mitarbeiter ins innere Exil, in die Haltung: Augen zu und durch. Wie Pietro Supino für solches Wirken auch noch Geld verlangen und kassieren kann, ohne rot zu werden: ein Rätsel.

5 Kommentare
  1. Martin Lopez
    Martin Lopez sagte:

    Roger Köppel ist für die Hohepriester aus dem Mainstream eben ein Ketzer… weil er weiterhin Journalismus betreibt: Hintergründe zu verstehen versucht, thematisiert und Rede- und Gegenrede zulässt. Wenn die Medien auf die Person spielt, dann ist es praktisch ausnahmslos interessant dem nachzugehen.

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  2. Manfred
    Manfred sagte:

    Der Tagesanzeiger versucht jeden, der nicht blind den Meinungseinpeitschern des Mainstreams folgt, zur Sau zu machen. Dieser Text von Frau Birrer ist unter aller Kanone. Das Blatt hat sich längst von Berichterstattung und Nachrichten verabschiedet. Es gibt nur noch Hass, Hetze, Verleumdung und Fake News – die allerunterste Schublade des Journalismus.

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  3. Beat Morf
    Beat Morf sagte:

    Meine Güte so viel Unfähigkeit aufs Mal! Aber Hauptsache Frau. Jede Medienkritik ist eigentlich unnötig; ich kritisiere ja Kinderzeichnungen auch nicht. Wobei Kinder noch besser werden können, was bei der derzeitigen Journaille unmöglich wird.Konsequenz: Tageszeitungen in dieser lausigen Qualität braucht es nicht.

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    • Ludwig Detusch
      Ludwig Detusch sagte:

      Sie gehen von einer falschen Annahme aus – Tageszeitungen müssten irgendwie journalistische Qualität besitzen. Das ist überhaupt nicht nötig: es reicht völlig, wenn der besitzende Konzern TX Group (ehemals Tamedia) knapp 832 Millionen Franken Gewinn macht (2021), um neben den Milchkühen Ricardo, tutti.ch, Homegate auch noch einige Wischblätter durchzubringen.

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  4. Tim Meier
    Tim Meier sagte:

    Birrer? Bevor die als Angestellte mit seichten Sprüchen über Milizpolitiker herzieht: hat die ein politisches Mandat? Friedhofskommission oder so? Dort lernt man die Feinmechanik der Kommissionsarbeit. Vorher muss man sich aber einer Wahl stellen.

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