Hammer. Aber …

Grosses Kino: israelischen Manipulatoren auf der Spur.

Es ist beruhigend, dass es noch Journalisten-Organisationen wie «Fortbilden Stories» gibt. Die erledigen Aufgaben, zu denen die zu Tode gesparten Mainstream-Medien alleine nicht mehr in der Lage sind.

Hier deckt ein Recherche-Team eine geheime Truppe aus Israel auf. Die «hackt Politiker und manipuliert Wahlen für Geld». Dass es im Zeitalter der viralen Beeinflussung Dutzende solcher Manipulation-Maschinen gibt, ist bekannt. Die meisten werden von den USA, China, Russland und lustigerweise Nord-Korea betrieben.

Hier geht die Story so: «Für einen Beweis besuchen drei Reporter als Kunden getarnt und mit versteckter Kamera die Kommandozentrale der Gruppe in Israel. Ein Recherche-Krimi.»

Auch Oliver Zihlmann von Tamedia ist bei der Ausschlachtung an Bord, daher kommt im Artikel sogar am Rande die Schweiz vor. Drei Reportern ist es gelungen, erstaunlich naive Repräsentanten einer solchen Organisation zu enttarnen: «Es ist eine Art «Manipulations AG», doch sie steht in keinem Firmenregister. Kein Wunder, denn im Angebot hat sie auch Dienstleistungen wie die «Störung» von Wahlen oder «Beschuldigungen» von politischen Gegnern.»

Eine Hammerstory, unbestreitbar. Alle Beteiligten (ausser den aufgeflogenen Israelis natürlich) sind furchtbar stolz auf ihre Leistung. Das tropft aus jeder zweiten Zeile des Berichts:

«In Wahrheit sind es Undercover-Journalisten eines Rechercheteams, ausgerüstet mit einer versteckten Kamera. Insgesamt zeichnen sie sechs Stunden im Austausch mit Team Jorge auf – Im Laufe der Recherche entsteht schliesslich folgendes Bild – Die Recherche, die das belegt, stammt vom Journalisten­konsortium Forbidden Stories – Im Fall um Team Jorge waren zwei Journalisten aus Israel und einer aus Frankreich entscheidend – Es ist der erste harte Beweis, dass Jorge nicht blufft. Für die Journalisten kommt er wie ein Schock – Mit der Bestätigung des Falles aus Kenia mussten die Journalisten nun die zig anderen Geschichten und Anekdoten, mit denen Jorge bei seinem Verkaufsgespräch prahlte, ernster nehmen – Um die Israelis aber tatsächlich auf frischer Tat zu ertappen, versucht das Journalistenkonsortium, Team Jorge zu einer Machtdemonstration zu verleiten – Stolz präsentiert er den staunenden Journalisten eine Art perfekte Social-Media-Manipulations­maschine – Erst nach langen Recherchen gelang es dem Konsortium schliesslich, die Mitglieder des Teams zu identifizieren – Die drei Journalisten des Konsortiums wurden von Gewährsmännern eingeführt und haben ihre Tarnung akribisch vorbereitet.»

Es ist verständlich, dass ein Huhn nach jedem gelegten Ei gackert. Es ist verständlich, dass Journalisten stolz auf ihre Arbeit sind. Im klassischen Journalismus war und ist es so, dass das Wort «ich» nur im äussersten Notfall in einer Reportage vorkommen sollte. Wie ein Reporter wohin kam, wie schwierig es war, mit jemandem zu reden, welche gigantischen Anstrengungen unternommen wurden, wie Puzzleteile in mühsamer Kleinstarbeit zusammengesteckt wurden, wie der Zufall half oder verhinderte, das alles gehört allerhöchstens in ein «Making of», in eine Dokumentation über eine Reportage, wenn die wirklich so Wellen wirft wie die Watergate-Investigation.

Aber das gehört nicht in den Artikel selbst. Denn es nährt wieder einmal den Verdacht, dass sich der Bote für mindestens so wichtig hält wie die Botschaft. Dass die Journalisten geschockt waren, dass sie etwas ernster nahmen, dass sie staunten, dass sie lange recherchierten, sich akribisch vorbereiteten, ja Wahnsinn. Nur: so what?

Verräterisch ist auch die Schlusspointe des Artikels, eine Selbstbeweihräucherung der ironischen Art:

«In einem der Videocalls stellten die Reporter einmal die Frage, ob Jorge denn nicht Angst habe, enttarnt zu werden. Womöglich könnte ihn der US-Geheimdienst finden, erklärte der Israeli da. Aber man könne sich jedenfalls sicher sein, dass sie nicht von ein paar «mittelklassigen Journalisten erwischt werden»».

Die beteiligten Journalisten könnten auch gleich schreiben: wir sind erstklassig und wollen mindestens den Pulitzer-Preis. Er sei ihnen gegönnt – wenn er hilft, das Ego zukünftig mehr im Zaum zu halten.

3 Kommentare
  1. Michelle Münchner
    Michelle Münchner sagte:

    Auch lustig wenn die Finanzierer der Recherche genau für das bekannt sind, worüber enthüllt wird… (Unter anderem NED, Open Society Foundation, Luminate …) – Aber zu deren Treiben werden wir nie was hören von diesen prozenden Journalisten. Das getrauen sie sich nicht…

    Antworten
  2. René Küng
    René Küng sagte:

    Der Schorschi hat immerhin Humor:
    ‹Womöglich könnte ihn der US-Geheimdienst finden,›

    Haben ihm wohl eine SMS geschickt, damit SIE auch noch in den Bericht kommen……

    Antworten
  3. Tim Meier
    Tim Meier sagte:

    Se non è vero, è ben trovato.
    «Recherche-Team» tönt nach Recherche-Desk. Das sind doch die, welche aus Daten, die sie nicht haben dürften, Stories produzieren.
    Gestern erschien ein Artikel über «gekaufte» Stimmen für die «Blackout stoppen» Initiative.
    Vor ein paar Wochen war die «Standleitung» vom Bundeshaus zu einem Medienkonzern DAS Thema.
    Nun, mit der Glaubwürdigkeit des Haltungsjournalismus ist das so eine Sache.

    Antworten

Dein Kommentar

An Diskussion beteiligen?
Hinterlasse uns Deinen Kommentar!

Schreiben Sie einen Kommentar zu René Küng Antworten abbrechen

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert