Es gilt die Unschuldsvermutung

Und morgen erzählen wir ein anderes Märchen.

Die Verluderung des Journalismus kennt keine Grenzen mehr:

Was ist an dieser «Blick»-Einschenke falsch? Genau; Laeri mache öffentlich, dass «sie während ihres Praktikums beim Schweizer Fernsehen sexuell belästigt wurde». Der Indikativ hier zeigt die Grenze zwischen gutem und seriösem Journalismus und Verluderung auf.

Das gilt inzwischen leider sogar für die «Zeit»: «Eine Redakteurin des Schweizer «Tages-Anzeiger»-Magazins wird jahrelang vom Chef gemobbt, am Ende wird ihr gekündigt. Der Fall zeigt die Machokultur in der Medienbranche.» Hier zeigt ein fehlendes «laut ihren Aussagen», dass die Autorin Salome Müller nicht an einer seriösen Berichterstattung interessiert ist, sondern ihr eigenes Narrativ für die Realität hält.

Schon bei dem Protestschreiben der erregten 78 Tamedia-Frauen zeigten sich diese Probleme. Zum Beleg für ihre Anklagen, dass auf den Redaktionen eine sexistische, frauenfeindliche und demotivierende Stimmung herrsche, führten sie ausnahmslos anonymisierte Beispiele an. Ort, Zeit, Beteiligte, mögliche Zeugen: alle Hilfsmittel, um diese Behauptungen allenfalls zu verifizieren – oder zu falsifizieren –, fehlten.

Erschwerend kam hinzu, dass so im Prinzip alle männlichen Mitarbeiter in Sippenhaft genommen wurden, da schliesslich jedes männliche Wesen diese sexistischen Sprüche gemacht haben könnte. Erschwerend kam ebenfalls hinzu, dass nicht klargestellt wurde, wann es zu diesen Vorfällen gekommen sein soll. Und ob alle Beispiele tatsächlich stattgefunden hatten – oder Erfindungen oder Übernahmen von Standard-Blödsprüchen («ist das Kind von mir, das da im Hintergrund schreit?») waren.

Ein weiteres Problem sind die Trittbrettfahrerinnen. Was drei Mitarbeiterinnen einer mässig erfolgreichen Anlageplattform gerade zum Besten geben, schadet den Anliegen der Frauen mehr, als dass es ihnen nützt. Ihr Aushängeschild Patrizia Laeri behauptet, dass ein heute in «leitender Funktion» tätiger SRF-Mitarbeiter versucht habe, sie zu küssen, als sie dort Praktikantin war. Laeri ist heute 45 Jahre alt; falls sie nicht spätberufen war, ist das also wohl rund 20 Jahre her.

Da sie keinerlei Angaben macht, wann, wo, in welchem Zusammenhang dieser Übergriff stattgefunden haben soll, wird die angekündigte Untersuchung wohl wie das Hornberger Schiessen ausgehen. Es ist unsäglich: das Denunzieren, Verfolgen und Bestrafen von männlichen Übergriffen (wie auch weiblichen) ist gut und richtig. Was aber all diese spätberufenen Opfer und Denunziantinnen aufführen, zieht berechtigte Anklagen ins Lächerliche.

Es entsteht eine ungute Gemengelage. Will sich Roshani nur für ihre Kündigung rächen? Will Müller nachtreten, nachdem sie mit ihrer Kampagne bei Tamedia nur kurz ihre fünf Minuten Ruhm abholen konnte?

Was ist von einer Franziska Schutzbach zu halten, die sofort losgaloppiert: «Die von der Journalistin Anuschka Roshani öffentlich gemachten Erfahrungen bei Tamedia verweisen auf erschütternde Weise erneut auf Missstände wie Sexismus, Machtmissbrauch und fehlenden Opferschutz in der Medienbranche. Dies gilt es mit allen Mitteln zu bekämpfen und aufzuarbeiten.»

Andererseits wäre ihre Partner Mikael Krogerus als langjähriger «Magazin»-Redaktor prädestiniert, an dieser Aufarbeitung, an diesem Kampf in vorderster Linie mitzuwirken. Doch stattdessen: «Gleichzeitig möchte ich an dieser Stelle transparent machen, dass mein Partner Mikael Krogerus beim Magazin/Tamedia als Redaktor angestellt ist, aus diesem Grund ist meine Familie von den Ereignissen direkt betroffen. Ich werde nicht alle Presseanfragen beantworten. Mit Dank für das Verständnis

Nein, ZACKBUM hat keinerlei Verständnis dafür, dass Schutzbach auf eine Anfrage nicht reagierte. Wieso soll «meine Familie … direkt betroffen» sein? Wurde denn auch Krogerus Opfer von Mobbing und Sexismus?

Wer mit dem Hashtag arbeitet «#smashpatriarchy» und stinklangweilige Bücher veröffentlicht, sollte hier entschieden weniger verschlossen sein.

Vorschnell mit dem Urteil zur Hand sein, aber dann sich feige weggucken, was für eine Zivilcourage zeigen hier wieder allzu viele. «Ich kann nicht länger schweigen», mit dieser Ausrede zerren nun Adabeis uralte Storys aus der Mottenkiste, bis zur Lächerlichkeit gespreizt bei elleXX.

Ähnlich wie im Fall Spiess-Hegglin gibt es bei sexuellen Kontakten jeglicher Art ein gravierendes Problem, wenn über die Einverständigkeit im Nachhinein keine Einigkeit herrscht. Hier besteht immer die Gefahr, dass die Anschuldigung eines Übergriffs (vor allem lediglich verbaler Art) als Waffe verwendet werden kann. Das ist widerlich, weil damit wirkliche Opfer verhöhnt werden und es zunehmend schwerer haben, gehört zu werden.

Man kann ein ganzes Geschäftsmodell darauf aufbauen oder sich zumindest kurzzeitig im Licht der öffentlichen Aufmerksamkeit sonnen. Aber der Hinweis auf längst verjährte, nicht mehr nachweisbare, angebliche Übergriffe bekommt so immer mehr einen Haut-goût.

Angesichts diesen medialen Entwicklungen geraten selbst die Anschuldigungen von Roshani in ein schiefes Licht. Der von ihr Angeklagte ist einerseits medial bereits vorverurteilt und hingerichtet worden. Seine Verteidigungslinie («alles gelogen, aus dem Zusammenhang gerissen, die Redaktion steht hinter mir») hat ebenfalls ihre Schwachpunkte.

Allerdings sollte es in diesem Fall – im Gegensatz zu all den anonymen und weit zurückliegenden Denunziationen – möglich sein, einiges zu überprüfen. Wieso das allerdings Tamedia in vielen, vielen Monaten nicht oder nur unzulänglich gelungen ist – damit macht sich die Verlagsleitung mitschuldig an diesem Schlamassel.

Es scheint, dass oftmals in solchen Fällen die schlechtesten menschlichen Eigenschaften zum Vorschein kommen. Feigheit, Rachegelüste, Lügen, unbeweisbare Behauptungen, Missbrauch der Waffe «sexueller Übergriff», rabulistische Verteidigungen.

Zumindest eines sollte klar sein: alle Journalisten, Journalistinnen, die hier mit anonymen Quellen arbeiten, die dies und das behaupten sollen, müssen dafür endlich einmal zur Rechenschaft gezogen werden. Denn entweder gibt es eine ganze Reihe von ehemaligen oder aktuellen «Magazin»-Mitarbeitern, die bezeugen, dass dort unerträgliche Zustände herrschten. Oder es gibt die einhellige Meinung der Redaktion, dass niemand niemals Zeuge der von Roshani behaupteten öffentlichen Äusserungen von Canonica war.

Falls Recherche, Quellenüberprüfung, Logik und das Bilden von Indizienketten im Journalismus noch angewendet wird – statt des Kolportierens von anonymem Hörensagen – müsste das doch feststellbar sein. Einer, eine (oder mehrere) lügt hier. Eine oder mehrere Journalistinnen arbeiten unseriös und müssten deswegen entlassen werden. Trittbrettfahrerinnen müssten entlarvt und zur Rechenschaft gezogen werden. Die feige schweigenden aktuellen und ehemaligen «Magazin»-Redaktoren müssten einen Funken Anstand, Ehre und Zivilcourage zeigen.

Oder sind das alles Forderungen aus einer Märchenwelt wie 1001-Nacht?

6 Kommentare
  1. Mario Sacco
    Mario Sacco sagte:

    Bizarrer Tagesanzeiger von gestern…….Isabel Strassheim (gehört zu den 78 Empörten) lamentiert, das Knochenfunde gezeigt hätten, dass Frauen auch in der Steinzeit auf die Jagd gegangen seien wie Männer, um gegen wilde Tiere zu kämpfen. Macht dann einen Bogen zur Fachzeitschrift BILANZ, wo quasi nur Männer auf der Front abgebildet seien. Ihr Narrativ geht nicht wirklich auf. Die erfolgreiche Unternehmerin Magdalena Martullo-Blocher war offenbar bereits vier Mal auf der Titelseite dieses Magazins.

    https://www.tagesanzeiger.ch/maechtige-frauen-es-gibt-sie-aber-ihre-bilder-sieht-man-kaum-449852708407

    Antworten
    • Rolf Karrer
      Rolf Karrer sagte:

      Frau Isabel Strassheim scheint immer für eine einfache Botschaft bereit. Diese ex 20 Minuten-Journalistin will offenbar mit untauglichen Mitteln, die Frauen sichtbar machen. So wird sie nie in den Olymp der hard core Feministinnen aufsteigen können bei Tamedia.

      Isabel Strassheim hat vor bald zwei Jahren eine aufsehende Geschichte (inklusive Front) in allen Tamedia-Blättern gehabt. Sie schrieb damals ganzseitig, dass die Firma Lonza der Schweizer Eidgenossenschaft eine eigene Impfproduktion angeboten, und der Bund dies abgelehnt hätte.

      Es hat sich dann ergeben, dass dies eine Ente war. Andere (erfahrenere) Journalisten mussten danach einspringen, um den Schaden zu bereinigen. Strassheim‘s Output im Wirtschaftssektor wurde nach dieser journalistischen Fehlleistung spärlicher.

      Antworten
    • Erwin Amsler
      Erwin Amsler sagte:

      Die Thesen von Frau Strassheim wurden in der Kommentarspalte so ziemlich zersaust. Einer meinte lapidar und gönnerhaft: „Misandrie und Sexismus in feministischem Gewand sind doch völlig legitim.“

      Misandrie = krankhafter Hass von Frauen gegenüber Männern.

      Antworten
    • Rolf Karrer
      Rolf Karrer sagte:

      ElleXX offenbar nun ein ausgefeiltes Konglomerat. Einerseits offenbar nun ein selbsternanntes Fintech, andererseits eine feministische Plattform mit einer Chefredaktorin. Dazu bietet die Unternehmung auch feministische Lebenshilfe an. All dies für CHF 120.- Mitgliederbeitrag/annual.

      Die neu entdeckte Philanthropin Patrizia Laeri liefert. Wir bleiben dran aus Interesse. Ihr aufgelegtes Basket-Zertifikat verfolge ich gelegentlich:

      https://www.finanzen.ch/derivate/ch1105885698

      Antworten

Dein Kommentar

An Diskussion beteiligen?
Hinterlasse uns Deinen Kommentar!

Schreiben Sie einen Kommentar zu Eveline Maier Antworten abbrechen

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert