Wumms: Philipp Loser
Was ist schlimmer als ein Loser mit Meinung?
Ein Loser ohne. Bei dem Titel erwartet man eigentlich eine Breitseite gegen die SVP von Loser: «9-Millionen-Schweiz: Wir reden schon wieder über Zuwanderung – aber diesmal anders».
Aber nun hat der Konzernjournalist neben dem stilvollen Umgang mit der deutschen Sprache auch noch seine Meinung verloren: «Von rechts lanciert, von den Medien befeuert, von links akzeptiert (zum Teil): Alle reden wieder über Zuwanderung. Diese Debatte ist eine historische Konstante in der Schweiz – mit ganz unterschiedlichen Ausprägungen.»
Er lässt Ecopop auftreten, den Freiburger Ökonom Reiner Eichenberger, natürlich ist ein Ausflug zu Schwarzenbach unvermeidlich, sicher wie das Amen in der Kirche ist ein Auftritt des «Politgeografen» Michael Hermann, wie immer mit einer qualifizierten Meinung: «Es sei eben alles immer auch eine Frage der Wahrnehmung.» Für eine solche Erkenntnis muss man schon studiert haben.
Immerhin steuert Hermann dann doch noch ein direktes Zitat zu Dichte- und Zuwanderungsdebatten bei: «Wenn man dann ganz lange darüber redet, dann beginnt es den Leuten Angst zu machen».
Dann darf noch die Co-Chefin der SP Schweiz, Mattea Meyer, faktenfrei Unsinn verzapfen: «Wenn Leute heute Mühe haben, eine bezahlbare Wohnung zu finden, dann ist das Folge der äusserst laschen Umsetzung des Mietrechts, das die unzulässig hohen Renditen der Vermieter unangetastet lässt – und nicht der Zuwanderung.»
Die Nettomietrendite in der Schweiz ist mit 4,6 Prozent seit Jahren ziemlich stabil, aber was kümmert so ein Detail. Dann darf auch noch Tobias Straumann was sagen, und schliesslich kommt Loser zu einem selten versöhnlichen Schluss: «Vielleicht. Vielleicht nicht. Man kann ja mal darüber reden.»
Man kann auch drüber schreiben. Muss man aber nicht.
Grundsätzlich zu begrüssen, wenn Loser etwas an Naivität verliert und langsam erwachsen wird. Seine samstägliche Daueragitation gegen die SVP würde niemandem fehlen, ausser vielleicht Kurt Esslinger und Hans Peter Müller.
Die Angabe der Nettomietrendite genügt nicht, um die Entwicklung auf dem Wohnungsmarkt zu verstehen. Der Wert der Immobilien stieg in den letzten 20 Jahren um rund 200 Prozent. Die Folge ist einfach zu verstehen: Die Nachfrage nach Immobilien steigt, die Wohnungsmieten der Mieter steigen übermässig, es findet eine immer stärkere Umverteilung von Mietern zu Eigentümern statt. Dazu kommen diverse Tricks der Eigentümer wie Nichtweitergabe von Zinssenkungen, Leerkündigungen oder Mietzinssteigerungen bei Wohnungswechseln trotz sinkender Kosten. Für diese Entwicklungen sind nicht die Einwanderer verantwortlich – nicht sie legen die Mietzinse fest, sondern die Eigentümer. Und die bürgerlichen Politiker lassen sie gewähren. Zudem ist die Durchschnittsrendite tatsächlich höher, als es das Mietrecht erlaubt. Diese Fakten sollte man kennen, auch wenn man nur einen kurzen Blogtext verfasst. Mehr Informationen dazu finden Sie z.B. hier –> https://mietenundwohnen.ch/hoeher-als-vom-gesetz-erlaubt/
Man könnte auch einfach versuchen zu verstehen, wie das mit «Angebot» und «Nachfrage» genau funktioniert – hat man das mal verstanden, so ist doch glasklar, dass sich eine ganze Reihe von Entwicklungen auf der Nachfrageseite preistreibend auswirken auf die Mieten – zwei offensichtliche wären:
* Zunahme der Bevölkerung (und hier ist klar, dass wir seit Jahrzehnten im Schnitt eine substantielle Nettozuwanderung haben)
* Zunahme der Wohnfläche pro Person
Es gibt natürlich noch Dutzende weitere Faktoren, aber wie wäre es mit «Fokus auf das Wesentliche»?
Herr Müller, Sie sollten bitte auch die Angebotsseite nicht ganz unterschlagen:
* Zunahme der Wohnungen in der Schweiz: von 3,5 auf 4,5 Millionen seit 2000.
«Das mit Angebot und Nachfrage» erklärt aber nicht, warum die Eigentümer mit allen erwähnten Tricks (Mietzinssteigerungen bei Wohnungswechsel usw.) versuchen, ihre Profite zu steigern. Es ist sicher einfacher, die «Ussländer» einmal mehr als Sündenböcke darzustellen, als sich mit den Mechanismen des Wohnungsmarktes ernsthaft zu befassen, aber man läuft damit halt direkt in die populistische Sackgasse.