Die Zauberlehrlinge

Wenn Dummheit schreibt, schweigt die Vernunft.

Bildungsferne ist etwas Schädliches. Nur ist sich der Bildungsferne dessen nicht bewusst. Sonst würden sich ach so viele Schreiberlinge an dieses Gedicht von Goethe erinnern:

«O du Ausgeburt der Hölle!
Soll das ganze Haus ersaufen?
Seh ich über jede Schwelle
doch schon Wasserströme laufen.
Ein verruchter Besen,
der nicht hören will!
Stock, der du gewesen,
steh doch wieder still!»

«Schwere Waffen müssen her», wer sich an geltende Waffenexportgesetze halten will, fängt sich das «Kopfschütteln» anderer Staaten ein. Bejubelt wird, dass unter Bruch klarer und geltender Gesetze die Ukraine nun auch mit Kampfpanzern ausgerüstet wird.

Ganze Jubelchöre erschallen mit Lobpreisungen des grossen Freiheitskämpfers Selenskyj. Die Welt hängt an seinen Lippen, diesen Eindruck versuchen wenigstens die europäischen Massenmedien zu erwecken. Es ist auch perfekt inszeniert, was der Schauspieler abliefert, der vom komischen ins ernste Fach gewechselt hat. Inzwischen mit martialischem Bart, olivgrüne Leibchen spannen über dem muskulösen Oberkörper, jede Rede ist perfekt durchkomponiert.

Es wird eine ganze Reihe von Langfingern in Spitzenpositionen der Regierung ausgewechselt? Wird vermeldet, aber ohne den Hintergrund, dass die Ukraine das korrupteste Land Europas war und ist. Kein Wort darüber, dass auch Selenskyj Besitzer hübscher Immobilien im Ausland ist und sein verschlungenes Finanzimperium sogar in einem der vielen «Leaks» und «Papers» als besonders abstossendes Beispiel erwähnt wurde. Kein Wort darüber, dass er genauso korrupt ist wie viele andere, kein Wort darüber, dass ihm von einem reichen Oligarchen die Präsidentschaft gekauft wurde, der damit ein eigenes Problem elegant löste.

Kein Wort darüber, dass die Auftritte von Selenskyj perfekt inszeniert und gescriptet sind. Kein Wort über Andrij Jermak, ehemaliger Filmproduzent. Kein Wort über Mychajlo Podoljak. Oder über Olexij Arestowitsch. Kein Wort über die US-PR-Bude Hill & Knowlton. Das sind die Spin Doctors, die zur Legitimation des ersten Golfkriegs die Mär erfanden, dass entmenschte Soldaten von Saddam Hussein bei der Invasion Kuwaits Säuglinge aus Brutkästen gerissen und auf den Boden geworfen hätten.

Hill & Knowlton präsentierte eine Krankenschwester als tränenreiche Zeugin. Dass die in Wirklichkeit die Tochter des kuwaitischen Botschafters in den USA war und noch nie im Leben etwas mit Säuglingen zu tun gehabt hatte, was soll’s.

Die gleiche Agentur überwacht heutzutage die Auftritte des ukrainischen Präsidentendarstellers. Die dazu führten, dass die westlichen Staaten ihren anfänglichen Widerstand gegen die Lieferung immer schwererer Waffen aufgaben.

Während aber noch die Zauberlehrlinge in den Redaktionen diesen angeblich überfälligen Entscheid bejubeln, «schwere Waffen müssen her», Europa «schüttelt den Kopf», weil sich die Schweizer Regierung an ihre Gesetze hält, sind Selenskyj und sein Mann fürs Grobe, der ehemalige ukrainische Botschafter in Deutschland, bereits einig: das kann’s ja wohl nicht gewesen sein.

Panzer ist ja gut, aber viel mehr davon, bitte. Panzer ist gut, aber wo bleibt die schwere Artillerie? Wo bleiben die Kampfjets? Die U-Boote? Mittelstreckenraketen? Wo bleiben zudem Bodentruppen, vielleicht taktische Atombomben?

Dass das Regime von Selenskyj kein Mass kennt, mag noch verständlich sein. Schliesslich wurde die Ukraine unter Bruch aller Verträge und Zusicherungen überfallen. Aber dass die meisten Medien in der Schweiz wie Papageien seine Forderungen nachplappern, das ist beelendend.

Keiner dieser Sandkastenstrategen, dieser Videogame-Generäle stellt sich die einfache, naheliegende und banale Frage: welche Strategie soll eigentlich hinter der Eskalation der Waffenlieferungen stehen? Soll die Ukraine tatsächlich «siegen», wie das die Schande für grüne Prinzipien, die deutsche Aussenministerin Baerbock, lauthals fordert?

Was wäre dann ein Sieg der Ukraine? Die völlige Vertreibung russischer Truppen, inklusive von der Krim? Kann man solche absurden Kriegsziele, sozusagen einen modernen Endsieg, wirklich ernsthaft ins Auge fassen? Wohin soll die Eskalation in der Ukraine führen? Glaubt wirklich jemand ernsthaft, dass Russland mit konventionellen Waffen besiegt werden kann? Glaubt jemand ernsthaft, dass ein Autokrat wie Putin  – wie jeder Potentat, der sich gegen die Wand geklatscht fühlt – nicht an den Einsatz von Atomwaffen vor dem Eingeständnis einer totalen Niederlage denken würde?

Ist es wirklich so, dass von der deutschen Aussenministerin abwärts bis zu all den kleinen Schreibtsichgenerälen in der Schweizer Etappe, die so gerne andere in den Tod schicken möchten, dass all die wirklich glauben, in der Ukraine spiele sich der Endkampf zwischen Gut und Böse ab? Zwischen westlichen Werten und russischen Unwerten? Zwischen der Zivilisation und der Barbarei?

Und wenn das so wäre, gibt es all diesen Kriegsgurgeln auf dem Kreuzzug gegen das Böse nicht zu denken, dass lediglich etwas mehr als 30 Länder Sanktionen gegen Russland verhängt haben? Von insgesamt 195? Also halten 165 Länder Russland nicht für die Inkarnation des Bösen, das gnadenlos bestraft werden muss? Darunter so bedeutende Wirtschaftsmächte wie China oder Indien.

Die USA haben 2045 einzelne Sanktionen gegen Russland verhängt. Der Musterknabe Schweiz folgt auf dem zweiten Platz mit 1379. Dann Grossbritannien mit 1167, die EU mit 1155, Australien mit 894 und Japan mit 692. Mit entsprechenden wirtschaftlichen Eigenschäden, vor allem in Europa.

Wo soll das alles hinführen? Wer Krieg führt, hat normalerweise Ziele und eine Strategie. Die Ziele der ukrainischen Regierung sind klar formuliert: Zurückeroberung aller durch russische Truppen okkupierten Landesteile. Die russischen Kriegsziele hingegen sind nicht so klar. Wirklich die Beseitigung eines angeblich faschistischen Regimes in Kiew? Sicherung der Krim? Landverbindung zu Russland? Donbass? Man weiss es nicht.

Was sind die Ziele der westlichen Alliierten der Ukraine? Die gleichen wie die der dortigen Regierung? Eine Demütigung Russlands? Ein militärisches Ausbluten auf Kosten der ukrainischen Bevölkerung? Gar ein Umsturz oder Systemwechsel in Russland? Für wie gefährlich wird die Möglichkeit eines atomaren Schlagabtauschs eingeschätzt? Man weiss es nicht.

Man weiss nur: Munition, schwere Waffen, Artillerie, Flugabwehrgeschütze, Kampfpanzer, Flugzeuge, U-Boote – taktische Atomwaffen, Atomkrieg. Muss nicht sein. Kann aber.

7 Kommentare
  1. H.R. Füglistaler
    H.R. Füglistaler sagte:

    Ströme von Blut, Berge von Leichen – die ewige Sinfonie des Todes.
    Inszeniert von den Herrschern der Welt, eingeflüstert vom Fürsten der Finsternis.
    Da wollen natürlich auch einige Schweizer dabei sein. Nicht so die Helvetier.
    Natürlich wollen auch diese «Haltung zeigen» und entsprechend liefern –
    nämlich Butter statt Kanonen.

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  2. Hans von Atzigen
    Hans von Atzigen sagte:

    Ein durchdacht abgerundeter Plan ist von EU-NATO Seite nicht erkennbar.
    Da mischen und spielen einfach zu viele Dilettanten hinein.
    Eine Kernfrage wird kaum gestellt, wie lange spielt das ukrainische Volk und damit die Soldaten noch mit?
    Der Zustand der Ukraine vor diesem Krieg wird ausgeblendet.
    Das Leben für einen Bankrotten Staat, dazu durch Ethnischen Konflikte geschwächt, einsetzen?
    Letzteres drückt die Moral und ist dem Zusammenhalt in Bevölkerung und Armee nicht förderlich.
    Der aktuelle Lage in der Ukraine schlicht verheerend, die Industriebasis faktisch Schrott.
    Waffen ohne motivierte Soldaten taugen nicht so viel, zudem die aus NATO-Beständen Iieferbaren
    sind sehr begrenzt, oder will sich die NATO selbst entwaffnen?
    Auf der anderen Seite ,Russland hat aus dem sehr grossen dem grössten aller Zeiten Waffenschmiedepotential der UDSSR den Löwenanteil geerbt,und hat in den letzten 15 Jahren so einiges an Waffen exportiert. Die Exporte können auch, zumindest vorübergehend zurückgestellt werden, sooo schnell geht den Russen das schwere Militärgerät inklusive Munition nicht aus.
    Was soll es, mit soooo Kleinigkeiten sind die Mainstream Schreiberlinge überfordert.

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  3. Benno Derungs
    Benno Derungs sagte:

    Apropos Kriegsgurgelei: Ich werde nie verstehen, warum man ein Land, welches man angeblich «befreien» will, zerstören muss.

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  4. Eveline Maier
    Eveline Maier sagte:

    «Wer Krieg führt, hat normalerweise Ziele und eine Strategie». Fragen sie doch den Aggressor Putin, der einen souveränen Staat unterjochen will.

    Es gibt keine Option, dass dieser Konflikt nicht mit einem vollständigen Rückzug Russlands aus der Ukraine endet; alles andere wäre eine Bankrotterklärung der regelbasierten Weltordnung.

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      • Beth Sager
        Beth Sager sagte:

        Ein Konsens gegen Willkür und Verfolgung – und aber Ordnung. Beispiel: Auf diesem Portal darf ich glücklicherweise schreiben, dass dieser Krieg gegen die Ukraine ein Krieg ist. In Russland wird mir dies unter Strafandrohung nicht gestattet.

        In etlichen dieser autokratischen Regimes, ist der Weg vorgezeichnet. Irgend einmal sind in solchen Einparteiensystemen bloss noch Leute da, die geistig völlig unbeweglich sind. Würden keinen Millimeter von der Doktrin abweichen, egal wie offensichtlich es ist, dass es so nicht mehr weiter geht.

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