NZZaS: eine für uns

Auch der vierte Advent ist nicht nur heilig.

ZACKBUM wollte sich mal wieder hochstehende geistige Nahrung zuführen, und dann das:

Einer wie wir? Endlich die Enthüllungsstory über Journalisten? Über männliche? Affige? Weiter hinten wird das Rätsel enttäuschend gelöst.

Aber zunächst muss gelobt werden, dass die NZZaS endlich eine Möglichkeit gefunden hat, den Weissraum oben rechts auszufüllen. Das war nämlich so ein Furz eines sicherlich bis zu den Unterhosen schwarz gekleideten AD, der furchtbar Künstlerisches murmelte, wenn man ihn fragte, wieso eine Zeitung so viel wertvollen Platz ganz oben verschenken sollte.

Interessant auch der Anriss daneben: «Unser Reporter fragt den Roboter: Machen Sie mich arbeitslos?» Mindestens so spannend wäre die Antwort des Gorillas gewesen …

Auf Seite zwei lüftete die NZZaS ein schlecht gehütetes Geheimnis: auch sie mag Donald Trump nicht:

Andrea Jeske berichtet geschüttelt, aber nicht gerührt, dass Trump digitale Sammelkarten von sich als «amazing» Weihnachtsgeschenk anpries. Dass jemand, der so eine Frisur hat, geschmacklich nicht in der Oberliga spielt, dürfte schon länger bekannt sein. Aber, wie Jeske ungerührt berichten muss, Trump verkaufte 45’000 Stück an einem Tag und kassierte dafür locker fast 4,5 Millionen Dollar. Der gleiche warme Regen würde sich wohl nicht über Jeske ergiessen, sollte es auch von ihr Sammelkarten geben.

«Peinlich anmutende Aufzüge … selbst eingeschworene Trump-Anhänger befiel Fremdscham … Selbstglorifizierung und schale Käuflichkeit scheinen Trump mehr zu schaden als Capitol-Sturm und Affären zusammen.» Jeske kriegt sich über diesen Marketing-Gag gar nicht mehr ein und setzt zur tödlichen Schlusspointe an: «Trump als Clown – ein solches Bildchen gab es nicht

Das ist mal ein Brüller zum Abschluss, abgesehen davon: auch so ein Bildchen würde sich rasend gut verkaufen, zum Ingrimm der Autorin.

Seite 3 beweist dann, dass es Themen gibt, die unter der Rubrik laufen «wenn uns sonst nichts einfällt». Dazu gehört «Kopftuch an französischen Schulen, ja oder nein oder jein». Ein rezeptfreies Schlafmittel, im Kaufpreis inbegriffen.

Geradezu von einer Überdosis mit gesundheitlichen Folgen muss man aber angesichts der folgenden Seite sprechen. «Droht den Krim-Russen die Vertreibung?» Zugegeben, es wird langsam schwierig, was Originelles aus dem Ukrainekrieg zu berichten. Aber gleich im Lead die Skepsis von Militärexperten bemühen, dann doch über eine Rückeroberung der Krim durch die Ukraine zu spekulieren? Gut als zweite Dosis gegen schlaflose Nächte.

Langsam müssten nun aber Schweizer Pharma-Firmen in der Chefetage intervenieren; schliesslich möchten sie ihre eigenen Schlafpillen unters Volk bringen. Denn wer nach Kopftuch und Krim noch nicht eingenickt ist, bekommt die nächste chemische Keule in Form eines weiteren Berichts des Jungspunds Fabian Kretschmer aus Peking. Was geht dort ab, was läuft? Megakrass: «Im Staatsfernsehen gibt es keine Pandemie», weiss Kretschmer, er weiss noch mehr: «Die Statistiken sind so hanebüchen, dass ihnen selbst felsenfeste Patrioten keinen Glauben schenken können.»

Nachdem sich ZACKBUM mit Zündhölzchen die Augenlider offen hielt, schafften wir es bis zur Schlusspointe: «Wir werden einen vollständigen Bankrott des Vertrauens in die kommunistische Partei erleben.» Wir widersprechen dem «Immobilienentwickler und Regimekritiker im Londoner Exil» nur ungern, aber: das werden wir sicher nicht erleben.

Gibt es noch weitere Berichte aus der Welt, in der nichts in Ordnung ist? Natürlich, die Engländer, das haben sie nun vom Brexit: «eine britische Krankenschwester berichtet über ein Gesundheitssystem am Rand des Zusammenbruchs.» ZACKBUM will gerecht sein: für einmal berichtet Bettina Schulz nicht aus dem Königshaus und auch nicht von schrecklichen Brexit-Befürwortern.

Wir wollen auch loben. Der Bericht über «Geneva Call» ist interessant, die Nähkästchen-Plauderei über die Chaostage beim Schweizerischen Roten Kreuz ist sehr amüsant. Allerdings nicht für das SRK. Dann kommt die Medien-Kolumne von Aline Wanner und die Nix-über-Irgendwas-Kolumne von Patrick Imhasly. Bei beiden ist man sehr froh, dass der Platz im Print beschränkt ist.

Geradezu unbeschränkten Platz bekommt Chelsea Manning. Als Bradley Manning lud sie 2010 Hunderttausende von strikt geheimen oder vertraulichen Dokumenten aus den Eingeweiden der US Army und Diplomatie hoch, um zu belegen, wie grausam das Vorgehen der USA in Afghanistan und im Irak war. Die Plattform Wikileaks verschaffte vor allem einem Video internationale Aufmerksamkeit, das zeigt, wie zwei Kampfhelikopter in Bagdad elf Menschen umbringen, darunter zwei Reuters-Journalisten.

Manning wurde anschliessend zu 35 Jahren Gefängnis verurteilt, nach sieben Jahren begnadigt, dann nochmals für ein Jahr in den Knast geworfen. Nun tingelt sie mit ihrer Autobiographie durch die Lande und durch Europa. Dafür gibt es natürlich Zeitslots für Journalisten aller Herren Länder. Einen solchen hat sich Gordana Mijuk gesichert, die sehr emphatisch, aber nicht sonderlich vorbereitet Manning auf zwei Seiten eine Plattform bietet. Mit Primarschulfragen wie «Waren Sie damals politisch interessiert?»  Bellt Manning mal zurück, beugt Mijuk sofort das Haupt: «Ich wollte sie damit (mit der Frage nach der Bedeutung der Transidentität für die Veröffentlichung, Red.) nicht verletzen.» Jö.

Was darf bei einem solchen Interview als Frage nie fehlen? Richtig geraten: «Wie fühlen Sie sich heute?» Und zum Schluss: «Fühlen Sie sich frei?» Sagen wir so: der Leser schon, denn damit hört die Doppelseite – endlich – auf.

Auf Seite 30 dann tatsächlich das Interview mit dem Gorilla, Pardon, einem Chatbot, der natürlich die Frage nicht beantwortet, ob er «Menschen arbeitslos» mache. Anschliessend wühlt die NZZaS in der Wunde der HSG, die schon wieder von einer Plagiatsaffäre «in ihren Grundfesten erschüttert» werde.

Die Erkenntnis, dass «Affen auch nur Menschen» seien, ist weder als Titel noch als Story neu; schon wieder leidet der Leser unter Gähnreflex. Der wird zum unbedingten Reflex, wenn dann auf einer Doppelseite «Die Reise einer Pizza durch den Körper» in Bild, Grafik und Text, aber glücklicherweise ohne Ton vorgestellt wird.  Dass die Zeichnungen von einem Grafik-Lehrling stammen könnten und das Ende des Verdauungswegs schamvoll abgeschnitten wurde: passt irgendwie zu dieser Ausgabe. Sinnvoll erscheint daher die Frage: «Können Sie erste Hilfe leisten?», besonders bei einem Herzstillstand, der sich durch eine Überdosis Schlafmittel einstellen könnte.

Verabreicht auch von Olivia El Sayed, die nicht nur in bislang 42 Kapiteln (!) die «Geschichte meiner Eltern» erzählt, sondern sich auch noch als Couch Potato outet: «Ich gebe es zu, ich liiiiebe Fernsehen». Wenn das die Aufmacherstory eines Kulturteils ist, möchte man nicht wissen, wie Plan B ausgesehen hätte.

Advent, Advent, ein Lichtlein brennt. Ganz alleine in schlaffördernder und eher dunkler Umgebung.

 

 

 

 

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