Grundübel unserer Zeit

Es ist nicht das einzige. Aber Heuchelei ist fatal.

Wie die Betreiber des «Kosmos» sich für das Gute und Bessere auf dieser Welt einsetzen, wie sie alles und alle verurteilen, die diesen hehren Zielen im Wege stehen – und wie sie sich beim Bankrott dieser Seifenblase verhalten, das ist so abgrundtief verlogen und heuchlerisch, dass ihnen niemand mehr in Zukunft edle Absichten und Ansichten abnehmen sollte.

Wie sich das Links-Magazin «Republik» für das Gute und Bessere auf dieser Welt einsetzt, insbesondere alle Steuervermeider und -hinterzieher geisselt – und wie es sich bei der Behandlung seiner eigenen Schlaumeierei auf diesem Gebiet verhält, das ist so abgrundtief verlogen und heuchlerisch, dass niemand mehr in Zukunft edle Absichten und Ansichten abnehmen sollte.

Wie die meisten Mainstream-Medien, auch und gerade in der Schweiz, sich für das Gute und Bessere auf dieser Welt einsetzen – und wie sie sich bei der Bewältigung ihrer üblen Rolle während der Pandemie verhalten, das ist so abgrundtief verlogen und heuchlerisch, dass ihnen niemand mehr in Zukunft edle Absichten und Ansichten abnehmen sollte.

Wie sich der Wertewesten, was im vorherigen Artikel exemplarisch wieder vorgeführt wird, gegenüber den Verbrechen im Jemen (und nicht nur dort) verhält, ist dermassen abgrundtief verlogen und heuchlerisch, dass ihm niemand mehr in Zukunft edle Absichten und Ansichten abnehmen sollte.

Nach dem Versagen in der Pandemie versagen die Mainstreammedien nun nochmals bei der Darstellung des Ukrainekriegs. Hier ist das Versagen noch eklatanter. Niemand, der noch alle Tassen im Schrank hat, kann den völkerrechtswidrigen und vertragsbrüchigen Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine verteidigen oder rechtfertigen. Wer der Ukraine gegen die Auslieferung der dort stationierten Atomraketen territoriale Integrität vertraglich zusichert und diesen Vertrag dann bricht, macht sich zum Paria in internationalen Beziehungen.

Wieso das aber Grund genug sein soll, das zutiefst korrupte Regime in der Ukraine, dessen Präsident zwecks Behebung einiger gröberer Probleme eines einheimischen Oligarchen in einer gekauften Wahl an die Macht kam, als Bollwerk von Freiheit und Demokratie umzuschreiben, das zeugt von einer dermassen abgründigen Verlogenheit und Heuchelei, dass niemand diese Berichterstattung ernst nehmen sollte.

Was die naheliegende Frage provoziert: wenn die grössten Teile der Berichterstattung über die Heldenregierung von Kiew einäugig, unvollständig, propagandistisch und unjournalistisch sind, wie steht es dann mit den Berichten aus dem Rest der Welt? Haben die Artikel über die USA irgend etwas mit der dortigen Realität zu tun? Wie sieht das bei China aus? Oder wie steht es um die Darstellung von Personen?

Putin ist ein irrer Kriegsverbrecher. Ist er das und nur das? Selenskyj ist ein strahlender Held des Widerstands. Ist er das und nur das? Donald Trump ist ein notorischer Lügner und Versager. Ist er das und nur das? Chinas Xi ist ein in der Wolle gefärbter Kommunist und Diktator. Ist er das und nur das? Elon Musk oszilliert zwischen Genie und Wahnsinn. Tatsächlich?

Was weiss eigentlich der durchschnittlich aufmerksame und informierte Staatsbürger über die Zustände in Ungarn? In Polen? In Italien? In Frankreich? Was weiss er über die führenden Gestalten, ihre Absichten und Überzeugungen? Mehr als Klebeetiketten, so oft wiederholt, dass sie nicht mehr abzukratzen sind?

Will der Leser wirklich das lesen, was seiner Gewinnungsblase entspricht und reagiert er mit Abscheu und Abbestellung, wenn er mit widersprüchlichen Darstellungen einer widersprüchlichen Welt bedient würde? Oder macht das nicht in erster Linie die Arbeit der überforderten Journalisten und Redakteure einfacher, die aus dem Stehsatz die ewig gleichen Adjektive und Qualifikationen hervorholen können?

Besonders fatal ist diese Entwicklung für Organe, die sich ausschliesslich aus Abonnements finanzieren. Bezahlte Werbung bietet immerhin noch ein  gewisses Gegengewicht, sollte der Leser mit Abbestellung drohen, weil ihn ein Inhalt aus dem Halbschlaf des Ungerechten gerissen hat. Auf der anderen Seite: ist eine solche Leserbasis nachhaltig? Ziehen die mit, wenn eine bessere neue Erkenntnis eine schlechtere alte ersetzt? Wollen die nicht einfach die Wiederholungsschleife hören, für deren Herstellung es weder grosse intellektuelle noch sonstige Anstrengungen braucht?

Eine solche Leserbasis ist schon deswegen nicht nachhaltig, weil diese schablonenhaften Welterklärungsmodelle immer wieder an der komplexen Welt zerschellen. Was dann noch verschwurbeltere Erklärungen nötig macht, was die Glaubwürdigkeit der Hersteller noch mehr ramponiert.

Wer sich darüber wundert, dass die überwältigende Mehrheit der Staaten der Welt keine Sanktionen gegen Russland eingeführt hat, wer sich darüber wundert, dass Europa im Allgemeinen und auch der Schweiz im Besonderen Doppelmoral, Messen mit zwei Ellen und Heuchelei vorgeworfen wird, der hat ein schiefes Bild von der Wirklichkeit.

Eigentlich sollte es doch die wertvollste Aufgabe von Massenmedien sein, ihren Lesern einen Zuwachs an Verständnis der Welt zu liefern. Oder ihnen zumindest Ereignisse in fernen Ländern näherzubringen, deren Entstehen und Ablauf so geschildert wird, dass der neugierige Leser meint, nun etwas zu verstehen, was ihm zuvor unverständlich war.

Gehen wir zum Schluss genauso holzhackerartig vor wie die Mainstreammedien. Wer die Invasion der Ukraine und die dort begangenen Kriegsverbrechen täglich, stündlich und lautstark denunziert, kritisiert und verurteilt – aber alle Schaltjahre einmal dezent darauf hinweist, dass es im Jemen auch nicht gerade gesittet zugeht, obwohl der Jemen genauso ein Beispiel von brutaler Machtpolitik ist, dort noch schlimmere Kriegsverbrechen begangen werden als in der Ukraine –sofern sich das überhaupt gewichten lässt –, wer das tut, ist ein dermassen abgrundtief verlogener Heuchler, dass er über kurz oder lang seine Daseinsberechtigung als Newstransporteur verliert.

Der grösste Irrwitz besteht darin, dass die Macher all dieser Flachnews eigentlich in der Lage wären, Interessantes und Anregendes und Widersprüchliches und Erkenntnisförderndes zu bieten. Zumindest hindert sie niemand daran, zumindest gibt es in der Schweiz keine Zensurgesetze, die das verbieten würden.

Warum tun sie es dann nicht? Der Verdacht liegt nahe, dass die Ursache in einem zweiten Abgrund liegt. In einer abgründigen Dummheit und Unfähigkeit, gepaart mit arroganter Überheblichkeit und Rechthaberei.

2 Kommentare
  1. René Küng
    René Küng sagte:

    Alles ok Herr Zeyer, den Ausblick erweitern in Sachen Heuchelei – ergänzend zur Sicht von Herrn Abt auf Jemen – ist so wichtig wie schmerzhaft. Merci.
    Und das Eingreifen von Putin – da bedeutet diese Wortwahl noch keineswegs, dass einem irgendwie die Tassen fehlen. Ich verabscheue und fürchte Krieg so wie Sie und die meisten Menschen.
    Aber wann wird berechtigte Empörung zum ungewollten mitheulen mit der Heuchelei?
    Es gibt mehr als genug gute Analysen (allerdings und leider kaum in den prokommerziellen Heuchler-Medien) zum Entstehen und zynischen PLANEN des grenzenlosen Elends für das ukrainische Volk und der russischen Opfer dieses weiteren furchtbaren Krieges. Ein paar weitere blitzen unter dem Teppich in der Illustration zum Abt-Jemen Berichtes hervor.
    Alles immer nach den gleichen Mustern herbei gelogen, vorbereitet, provoziert. Erhaltung der Weltmacht.
    Und Erhaltung unserer Vorteile und Annehmlichkeiten – gerne als Freiheiten benannt, aber komplex, wenn wir die Essenz dieses, unseres WerteWestens Selbstbewusstsein nüchtern analysieren würden. Putins ‹Goldene Milliarde› liegt da nicht so falsch….
    Leo Ensel gibt einige gute Denk-Anstösse, wo, wie, warum offener Krieg aus verdeckten Schweinereien entsteht: https://www.infosperber.ch/medien/ueber-die-netzwelt/das-ignorierte-angebot-russlands-briefe-vom-17-dezember-2021/

    Ihre Empörung und das Mitschwimmen im Medienbrei seit Ausbruch des offiziellen Ukraine-Krieges (nach dem jahrelangen Verschweigen des dreckigen Krieges und allen Vorbereitungen) mit Sätzen wie:
    ‹Wer der Ukraine gegen die Auslieferung der dort stationierten Atomraketen territoriale Integrität vertraglich zusichert und diesen Vertrag dann bricht, macht sich zum Paria in internationalen Beziehungen.›
    entspricht weder Ihrem persönlichen Erkenntnis-Potential noch Ihrem ehrlichen, schonungslosen, traurig wahren Urschrei in Sachen Heuchelei.
    Nur den einen zum Paria zu ernennen (auch er nicht mein Freund und Vorbild), wenn auch Sie vorher heftig beschreiben, dass bei uns im Westen hässlichste Heuchler und kein bisschen bessere Parias hocken, das geht nicht auf.
    Wir sitzen (fast) alle (noch) zum Glück in warmen, friedlichen Stuben. Wohlgenährt.
    Und unsere Parias im Westen haben wir (so erzählen sie es uns) selber gewählt.

    Brauchen wir diese Heuchler oben, damit wir unbescholten, unreflektiert, nicht verantwortlich (?) und heuchlerisch unser Wohlsein geniessen können?

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  2. Niklaus Fehr
    Niklaus Fehr sagte:

    Wie man oft von einer Schere spricht die sich öffnet, könnte man auch hier von einer Bildungsschere sprechen. Die Älteren mit einer soliden Bildung kommen nicht mehr an gegen die grosse Masse, die gar nicht merkt wie wenig sie versteht. Die nachrückende Journalistengeneration rekrutiert sich aus dieser Masse und kann auch nicht anders. Wenn ich Schlagzeilen lese wie, «Sogar Carmen Geiss nervt sich…», oder «Putin tötet mit Schweizer Technik», weil da irgend ein Teil drin steckt das vielleicht auch in einer Waschmaschine verbaut ist, dann gibt es nur ein Resumé: Hopfen und Malz verloren!

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