Geschützte Werkstatt

Auch nebelspalter.ch unterliegt dem Fluch der Mäzene.

Wer ein Polster von ein paar Millionen Franken einsammelt, um dann loszulegen, hat eine gewisse Narrenfreiheit. Das tut meistens nicht gut.

«TagesWoche», «Republik», «bajour», ein hübsches Polster verleitet zu allerlei Narreteien. Das gilt auch für nebelspalter.ch. Wie Verleger und Chefredaktor Markus Somm und Geschäftsführer Christian Keller im ersten grossen Interview auf persoenlich.com einräumen, muss nach 20 Monaten kräftig auf- und umgeräumt werden.

Wie auch ZACKBUM mehrfach bemängelte, waren hier nicht besonders Internet affine Herren in die Fänge eines Luftikus geraten, der ihnen nicht nur eine proprietäre CMS-Lösung aufs Auge drückte, sondern auch noch als Geschäftsführer und als Inserateverantwortlicher versagte.

Wir liessen die sogar mal von zwei Cracks analysieren und wären auf eine Reaktion aus dem Hause Nebelspalter gespannt gewesen, denn die Webseite war ein Desaster. Leider war da dann nix.

Einen eigenen Maschinenraum basteln, wie das auch die «Republik» tat, das ist bei einem ausreichenden Angebot von Open-Source-Programmen arroganter und teurer Wahnsinn. Eine harte Paywall hochzuziehen und an ihr festzuhalten, auch. Beinahe werbefrei erscheinen ebenfalls. Und schliesslich nicht auf den Namen Somm setzen, sondern ausgerechnet ein traditionelles Satire-Magazin im Print weiterzuführen und im Internet neu aufzustellen, das war auch Wahnsinn.

Im Interview bestätigen die zwei die von ZACKBUM schon im Mai genannte Zahl von rund 4000 Abonnenten. Das ist ein radikales Minderheitenprogramm, das keinesfalls dem Aufwand entspricht, der dafür betrieben wurde. Schon die Werbekampagne reihte sich in die untauglichen Versuche ein, Aufklärung für Corona zu betreiben oder gute Stimmung für das Milliarden-Subventionspaket für reiche Verlegerclans zu machen. Sie war ein Totalflop.

Zudem ist der nebelspalter.ch verschlossen wie eine Auster, wenn es um die Beantwortung von Fragen geht. Nach mehreren Versuchen hatte ZACKBUM aufgegeben.

Nun aber wird das grosse Aufräumen angekündigt. Die Payroll wurde bereits dramatisch verkleinert. Nun wird die Webseite neu aufgesetzt («wir werden alles neu machen»). Das bedeutet mit anderen Worten: Die Unsummen, die ins eigene CMS gesteckt wurden, waren rausgeschmissenes Geld. Der Hersteller des alten CMS, Geschäftsführer und Inserateverantwortliche musste gehen, taugliche und untaugliche Mitarbeiter ebenfalls.

Das wurde teilweise eher ruppig inszeniert; man hatte sowieso den Eindruck, dass sich vor allem Somm eher in einer geistigen Wagenburg befand und sowohl übel- wie gutmeinende Ratschläge abtropfen liess. Es soll zu eher chaotischen Szenen innerhalb der Redaktion gekommen sein, wie die berühmten Insider berichten.

Sicherlich rudert jedes Start-up am Anfang, sicherlich macht man Fehler, sicherlich kann man daraus lernen. Aber Start und Performance des Internet-Nebi waren bislang ein gigantischer Fehler. Dabei sind genügend Medienkenner an Bord. Aber Internet ist eben nicht das Gleiche wie Print, das mussten schon manche schmerzhaft merken.

Wenn man sich dann noch einen Auftritt und eine Paywall und ein CMS und eine Werbefreiheit aufschwatzen lässt, ohne sofort den Stecker beim Verantwortlichen zu ziehen, dafür die Payroll aufbläht, dann würde man normalerweise auf dem Friedhof der doch nicht so guten Ideen landen.

Aber aktuell zeigen gleich drei Beispiele, dass man als Untoter problemlos weiterleben kann. Wenn man zwar im Koma liegt, aber künstlich beatmet wird und immer wieder eine Geldspritze verpasst bekommt.

Es ist allerdings von aussen nach wie vor schwer zu entschieden, welcher der drei Versuche – «bajour», «Republik» oder nebelspalter.ch – der überflüssigste ist. «bajour», über das wir uns wirklich auch nicht mehr äussern wollen, ist sicherlich der peinlichste, inkompetenteste und irrelevanteste. Die «Republik» wird wohl dank Mäzenen, die schliesslich immer noch die leise Hoffnung haben, ihre Darlehen vielleicht mal wieder zurückzukriegen, weiterhin als Zombie durch die linke Glaubensblase wanken.

Nachdem nebelspalter.ch nach 20 Monaten einen veritablen Neustart versucht, ist immerhin eine gewisse, wenn auch verlangsamte Lernfähigkeit zu konstatieren. Allerdings: neben allen Formalien und Internetgebräuchen ist halt schon etwas anderes das Wichtigste bei jedem Medium. Der Inhalt, oder neudeutsch der Content.

Da ist nebelspalter.ch trotz gewaltigen Schreibanstrengungen von Somm und den wenigen verbleibenden Getreuen wie Feusi eher schwach auf der Brust. Gäbe es Philipp Gut nicht, der freundlicherweise gelegentlich einen Primeur und Aufreger dort deponiert, wäre der nebelspalter.ch kein einziges Mal in den übrigen Medien erwähnt worden. Sicher, denen passt die ganze Richtung nicht. Aber wenn ein Knaller produziert wird, müssen sie wohl oder übel darauf anspringen.

Dann wünschen wir gutes Gelingen beim Neustart. Und weisen diskret darauf hin, dass das in den mehr als zwei Jahren der Existenz von ZACKBUM noch nie nötig war. Wir haben ein völlig ausreichendes CMS mehr oder minder von der Stange. Wir haben einmal ein wenig Geld für ein Erscheinungsbild samt Logo ausgegeben. Und wir sind vor allem schlank aufgestellt. Deshalb gibt es hier keinen Grund, irgend etwas zu ändern oder zu verbessern. Ausser natürlich die Tippfähler.

Aber es gibt genügend Leser, die die uns genüsslich um die Ohren schlagen. Diesen Spass wollen wir denen doch nicht verderben.

6 Kommentare
  1. jürg meili
    jürg meili sagte:

    Bei der von Zackbum errechneten BurnRate müsste der Nebelspalter schon gestern konkurs sein. Die Frage ist also eher: Wer ist so blöd und schiesst weiter Geld in dieses schwarze Loch nach?

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  2. H.R. Füglistaler
    H.R. Füglistaler sagte:

    Nebel spalten – das war einmal! Gesellschaft spalten ist jetzt in.
    Dafür sorgt der Ex-Revolutionsschwafli geradezu furios.
    Tragisch für das legendäre Blatt, das einst mit Humor, Ironie und Satire
    gegen rote und braune Fäuste gekämpft hat.

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  3. Oskar
    Oskar sagte:

    Für glühende Kriegsbegeisterung und Transatlantikfetischismus muss ich keinen Nebelspalter lesen, da reicht das Ringier Schmierenblatt-Portal Blick oder der Abszess von TA-Media 20min.

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  4. Slavica Bernhard
    Slavica Bernhard sagte:

    Es scheint schwierig zu sein gegen das Geld der überaus gut vernetzten Medienkonzerne anzuschreiben.
    Alle Kleinen oder Neustarts haben Mühe, viele Sponsoren verbraten nur Geld und die Initianten bekommen Krach untereinander. (Auch Zackbum hat einmal zu Dritt angefangen!)
    Zudem machen elekronischen Angebote die Printmedien obsolent, eine Altersfrage der Leserschaft.
    Unabhängige Meinungen gibt es nur noch in den Leserkommentaren in ganz, ganz wenigen Medien, versteckt vielen, vielen Banalitäten.
    Was bleibt ist Manipulation und viel Reklame, schöne neue Welt!

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  5. Jürg Streuli
    Jürg Streuli sagte:

    Bei der Weltwoche kann sich der Leser auf den politischen Standpunkt ausserhalb des hirnlosen Mainstreams verlassen. Der Nebelspalter hingegen schwimmt im Ukrainekrieg mit diesem Mainstream: Dass nämlich Selenskyj ein Held mit aufmontiertem Heiligenschein ist, der heldenhaft wie Winnetou und Old Shatterhand stets für das Gute kämpft. Umso stärker muss der Teufel im Kreml und alles Russische aufs Schwerste bestraft werden. Die deutsche Wehrmacht hatte irgendwie schon recht. Es braucht wahrlich keinen Nebelspalter, um solchen Schwachsinn des Mainstreams wie etwa in der NZZ und im Blick zu lesen.

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  6. Ruedi Rudolf
    Ruedi Rudolf sagte:

    «Deshalb gibt es hier keinen Grund, irgend etwas zu ändern oder zu verbessern.»

    Klingt ein wenig abgehoben – Besser geht immer – Schlechter natürlich auch – Also Besser, ist Besser.
    Zum Beispiel: «Ein Archiv mit Schnellzugriff zu den Fleißig geschriebenen Artikeln nach Titel. Oder eine neue Rubrik, über das was die Mainstream-Medien nicht schreiben wollen, können, dürfen.»
    Oder weil die Journi-Hirnis ganz einfach, von denn wirklich wichtigen Essenziellen Dingen, welche die Öffentlichkeit wissen sollte, keine Ahnung, (Geschpuer) haben.

    Wenn man immer wieder die gleichen Medien kritisiert, welche alle gemeinsam in die gleiche Transatlantik-Brücke Richtung schwimmen, wird es auf Dauer langweilig. Irgendwie im Kreise drehend, ohne Ausweitung des Themen/Rubrik-Feldes. Mann könnte ja mal darüber nachdenken.

    Oops! – War das jetzt die Medienkritik des Medienkritikers?

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