Wumms: Alex Baur

Der Pensionär als Zeusler.

Man kann Alex Baur sicher nicht vorwerfen, dass er Lateinamerika nicht kennen würde. Im Gegenteil, kaum einer kennt es besser als er. Aus jahrelangen Aufenthalten in Peru, aus Reisen kreuz und quer. Das kommt nun erschwerend hinzu, wenn er behauptet:

«Der Strassenprotest gegen den knappen Wahlsieg von Lula ist legitim. Die Wiederwahl des Linkspopulisten war nicht ganz sauber.»

Brasiliens Demokratie ist ein Witz. Die Mehrheit der Parlamentsabgeordneten ist vorbestraft, korrupt sind wohl alle. Es stellen sich Witzfiguren, selbsterklärte Analphabeten und Beknackte zur Wahl – und werden nicht allzu selten auch gewählt.

Diesmal hatten die Brasilianer mal wieder die Wahl zwischen Skylla und Charybdis. Zwischen dem gescheiterten Rechtspopulisten Bolsonaro und dem korrupten und ebenfalls gescheiterten Linkspopulisten Lula.

Im Wahlkampf wurde von beiden Seiten mit Haken und Ösen, Lügen, Verleumdungen und allen juristischen Tricks gekämpft, Wahlwillige der anderen Seite kujoniert, billige Versprechungen wie auf dem Jahrmarkt gemacht.

Aber das Wahlprozedere anzuzweifeln, wo in ganz Lateinamerika Wahlen nur mehr oder minder mit zivilisierten Vorstellungen von diesem Vorgang zu tun haben, das ist ungut. Das ist besonders ungut, wenn nicht der Kandidat gewinnt, den Baur offensichtlich und ausweislich seiner Berichterstattung vor den Wahlen lieber als Sieger gesehen hätte.

Das Wörtchen «legitim» ist immer die Zuflucht von Populisten jeder Art, auch von Publizisten. Denn es gibt legal oder illegal, nichts dazwischen. Legitim heisst, es ist illegal, aber mir gefällt’s.

Politische Präferenzen haben und die auch ausdrücken, wieso nicht. Aber den Wahlvorgang schelten, das öffnet Tür und Tor für Zweifel an demokratischen Prozessen überhaupt. Was sich da in die Kommentarspalte der «Weltwoche» ergiesst, ist übel und übelriechend.

Ein paar Mütterchen: «Ich zweifle mittlerweile sogar in der Schweiz an den Wahlen. – Wahl und Abstimmungsmanipulation ist in der Schweiz möglich. – Und in 5 Tagen geht der nächste Wahlbetrug über die Bühne… in den USA. – Da soll jemand noch sagen, es geben keinen Deep-State Staatsapprat der als Würgegriff für linke Politik agiert. – Alles was wir jetzt sehen bei Wahlen in Westen ist NUR eine Illusion, Lügen und Manipulation.»

Wer solche Geister ruft, ist ein Brandstifter, ein verantwortungsloser Geselle, dem jede Polemik recht ist, der ohne Weiteres am Stützpfeiler freie Wahlen sägt, wenn ihm das Resultat nicht passt.

Dabei war’s in Brasilien doch ganz einfach. Es war eine Schlammschlacht, die TV-Debatten waren Slapstick vom Gröbsten, und einer der beiden Catcher hat gewonnen. Hätte auch der andere sein können. Zu bedauern sind die Brasilianer auf jeden Fall.

4 Kommentare
  1. Heribert Seifert
    Heribert Seifert sagte:

    In den Catchkampf Zeyer gegen Weltwoche will ich mich nicht einmischen, dazu kenne ich beide Seiten zuwenig.
    Nur wundern darf ich mich schon über Ihre Argumentationsweise: So heißt es bei Ihnen, als Vorwurf gegen den Baur-Text:
    „ Aber das Wahlprozedere anzuzweifeln, wo in ganz Lateinamerika Wahlen nur mehr oder minder mit zivilisierten Vorstellungen von diesem Vorgang zu tun haben, das ist ungut“.

    In der WeWo schreibt Baur:„Nicht das Wahlprozedere an sich gibt zu Zweifeln Anlass, sondern was zuvor in aller Öffentlichkeit passierte“.

    Sie prügeln auf etwas ein, was gar nicht im Schwefelblatt stand. „ Ich schnitze mir den Gegner nach meinem Pfeil zurecht“, schrieb Karl Kraus. Der durfte das, Sie nicht.

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      • Heribert Seifert
        Heribert Seifert sagte:

        Nichts lag mir ferner, als Sie zu „ entwaffnen“, lese ich doch täglich Ihre Anmerkungen zu den journalistischen Fehlleistungen mit ebensoviel Vergnügen wie Gewinn.Nur gilt eben auch dabei, daß der Hieb treffen muss, und das tat er aus den beschriebenen Gründen nicht.
        Beim Kraus-Zitat kann ich helfen: es stammt aus der 1909 erstmals publizierten Sammlung „ Sprüche und Widersprüche“,in der „Schriften“-Ausgabe der Suhrkamp-Taschenbücher zu finden im Band“Aphorismen“( Ffm.1986, S.166)

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  2. Guido Kirschke
    Guido Kirschke sagte:

    Der letzte Satz ist auf jeden Fall richtig.

    Aber ich finde, es geht zuweit, Kritiiker von Wahlergebnissen per se als Polemiker und verantwortungslose Gesellen abzutun.

    Es gibt Leute, nicht nur in der Schweiz, welche Wahlmanipulation im grossen Stil schon lange für möglich hielten. Bis 2020 habe ich das als Geschwurbel abgetan, weil ich dabei nur an das Fälschen von Wahlzettel oder das Auswechseln von Wahlurnen im grossen Stil, oder irgendwas in der Art gedacht habe.

    Dabei habe ich das Naheliegenste gar nicht gesehen – die gezielte Wählermanipulation durch instrumentalisierte Medien, der weisse Elefant im Raum. Viele Verlage lassen sich gerne instrumentalisieren. Sie werden dafür über verschiedene Kanäle mit öffentlichen Geldern subventioniert, auch dadurch, das gezielte Propagandainserate geschaltet werden durch die öffentliche Hand.

    Unter dem Aspekt der gezielten Wählermanipulation sehe ich heute eben auch die SRG mit ganz anderen Augen. Sie ist die Meinungsmachermaschine Nr. 1 von Politik und Behörden, die wir alle sehr teuer bezahlen, damit meine ich nicht nur mit Geld.

    In der Schweiz findet unbestreitbar gezielte Wahlmanipilation im Vorfeld von Wahlen statt durch staatliche Instanzen, welche das gar nicht dürfen. Die Manipilation funktioniert zum Glück nicht immer z.B. beim Rahmenvertrag, dem CO-2-Gesetz und der Medienmilliarde. Aber beim Notrecht, bei der Covid-1 und Covid-2 hat sie dafür beängstigend gut funktioniert.

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