Knüppel aus dem Sack

Vorsicht. Hier können Gerüchte verbreitet werden. Ist strafbar.

Schon mal etwas vom «Bundesgesetz über die wirtschaftliche Landesversorgung» gehört? Wäre nicht schlecht, denn bekanntlich schützt Unwissenheit vor Strafe nicht. Der Zweckartikel kommt recht harmlos daher: «Dieses Gesetz regelt Massnahmen zur Sicherstellung der Versorgung des Landes mit lebenswichtigen Gütern und Dienstleistungen in schweren Mangellagen, denen die Wirtschaft nicht selber zu begegnen vermag.»

Es regelt zunächst sinnvolle Vorbereitungshandlungen wie das Anlegen von Pflichtlagern oder die Berechtigung des Bundesrats, in allen möglichen Formen in die Lagerung, Verteilung oder Preisgestaltung von lebenswichtigen Produkten einzugreifen.

Richtig spannend wird es ab Kapitel 7: «Strafbestimmungen». Da heisst es zum Beispiel in Artikel 54:

«Wer in Zeiten einer unmittelbar drohenden oder bereits bestehenden schweren Mangellage vorsätzlich und in der Absicht, sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen, unwahre oder entstellende Behauptungen über geltende oder bevorstehende Massnahmen auf dem Gebiet der wirtschaftlichen Landesversorgung äussert oder verbreitet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.»

Auch Artikel 49 «Widerhandlungen gegen Massnahmen» oder 50 «Verletzung der Auskunftspflicht» haben es in sich. Widerhandlungen können «mit Freiheitsstrafen bis zu drei Jahren oder Geldstrafen» geahndet werden. Zum Beispiel:  wer «trotz Hinweis auf die Strafdrohung dieses Artikels eine Verfügung nicht befolgt, die sich auf dieses Gesetz oder darauf beruhende Ausführungsbestimmungen stützt».

Das heisst auf Deutsch: Sollte der Bundesrat tatsächlich verfügen, dass die Raumtemperatur nicht über 17 Grad geheizt werden darf, Saunen oder Heizstrahler ausser Betrieb zu nehmen sind, und jemand käme auf die Idee, das vorsätzlich zu ignorieren, kann er im Knast landen. Ob auch schon ein Vollbad dafür reicht, müsste im Einzelfall geprüft werden.

Man mag sich nun fragen, wie denn kontrolliert wird, ob ein «Heiz-Sünder» («Blick») sich nicht den Hintern anfrieren will, sondern wohlige 23 Grad im Wohnzimmer befürwortet. Da käme dann eine der ältesten Geisseln der Menschheit ins Spiel: der Denunziant. Denn keiner zu klein, Kontrolleur zu sein. Ob aus Sozialneid, aus Rechthaberei, in der Befolgung von Ordnung und Gesetz, der Mensch neigt dazu, eifrig das Einhalten von Vorschriften zu kontrollieren.

Nun mag der liberal gestimmte Mitbürger einwenden, dass es doch seine Privatangelegenheit sei, was sich innerhalb seiner vier Wände abspiele. Ob er dort eingemümmelt in zwei Pullover, Handschuhe und dreifachen Satz Wollsocken ein Zeichen für den Frieden setzen will. Oder sich lieber leichtbekleidet auf dem Fell vor dem knisternden Cheminée hinfläzt, in wohligen 23 Grad. Um dann die auf 80 Grad vorgeheizte Sauna im Keller zu benützen. Anschliessend einen Tee zubereitet, ohne dass ein Deckel den Wassertopf beim Kochen verschliesst. Und aus Bequemlichkeit lässt dieser Sünder auch noch überall das Licht brennen.

Damit stünde er allerdings bereits mit einem Bein im Gefängnis. Oder müsste neben einer gesalzenen Energierechnung auch noch mit einer empfindlichen Busse (Tagessätze bis Fr. 3000.-) rechnen. Aber mindestens so schlimm wird die soziale Ächtung. Wahrscheinlich wird ein alter Begriff neubelebt werden: Kalter Krieg. Wann werden wir die ersten Plakate sehen: «Hier wohnt ein Energie-Frevler»? Die anonyme Schmiererei an der Haustüre: «Sie Putin-Freund, Sie Heiz-Sünder»?

Müssen bedauernswerte Gesetzesbrecher mit einem Schild auf der Brust herumlaufen: «Ich habe zu heiss geduscht und schäme mich»? Kommt die Polizei auf Anzeige des lieben Nachbarn und sichert Beweismittel, dass die Badewanne tatsächlich gefüllt wurde? Der Deckel zwar neben dem Topf liegt, aber keine Spuren erkennbar sind, dass er auch auf dem Topf war? Gibt das verräterische Geräusch eines Föns schon Anlass zu einer Hausdurchsuchung? Zeigt das geeichte Polizeithermometer mehr als 17 Grad? Wird bei 17,1 noch ein Auge zugedrückt?

Lachhaft? Uns wird das Lachen noch vergehen. Schon alleine die pseudoreligiösen Begriffe Sünder und Frevler sind immer ein ganz schlechtes Zeichen. Ein Sünder verstösst nicht einfach gegen Gesetze. Er überschreitet Gebote, die von überirdischer Allmacht erlassen wurden. Ein Frevel ist eine Schandtat gegen etwas Heiliges, nicht etwa eine lässliche Sünde.

2 Kommentare
  1. René Küng
    René Küng sagte:

    Nun, das Geschwurbel der Theoretiker wird immer konkreter.
    Dass eine Agenda gegen die Menschheit läuft, merken die Letzten wohl erst, wenn das Portemonnaie geschrumpft/verdampft, die lachhaften Ahnungen von zbz etwas mehr oder weniger Realität sind, am eigenen Hintern festfrieren.
    Und sich Krieg, Sanktionen&Solidarität gegen die Bösen, die schon erodierte Freiheit&Demokratie im WerteWesten nicht nur als Rohrkrepierer erweisen. Sondern als veritabler Schuss gegen uns selber. Und zwar nicht als ungeschickt-dummer ‹Unfall› – sondern volle Absicht!

    Logische Konsequenz aus dekadenter Überheblichkeit und ignoranter Dumbheit?
    Ist schon andern ‹Hoch’Kulturen passiert.

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