Dummheit ginge ja noch

Aber abgefeimte Hinterfotzigkeit ist dann doch etwas anderes.

Es mag unfair erscheinen, immer auf das intellektuelle Leichtgewicht Philipp Loser einzudreschen, der ja so schwer an seiner Gesinnungsaufgabe trägt, so verzweifelt anderen ungefragt seine Ratschläge und Meinungen aufdrängt – wenn er nicht gerade als Konzernjournalist unterwegs ist.

Aber bei ihm denaturiert eben das ganze Elend des modernen Elendsjournalismus am elendiglichsten. Die Ausgangslage ist klar: es dürften happige Preiserhöhungen auf uns zukommen, was Strom und Heizung betrifft. Es sieht bislang nicht so aus, als ob der Bundesrat und in erster Linie die zuständige Bundesrätin Sommaruga den Ernst der Lage erfasst hätten – geschweige denn den Eindruck erwecken, einen Plan zu haben. Es droht möglicherweise ein Corona-Desaster im Energiebereich.

Auch Tamedia will seine Leser nicht über Gebühr erschrecken, ausserdem steht die eher linksgrün eingestellte Redaktion vor dem Problem, ob sie denn nun – wie die deutschen Grünen – AKW plötzlich toll finden soll oder gar das Loblied auf Kohlekraftwerke singen. Stattdessen versucht sie sich mit lachhaften Sparvorschlägen:

«Einfach ein paar Grad kühler und ein paar Minuten schneller duschen. Einfach das Wasser ausschalten, während man sich einseift.»

Das sind Stromsparvorschläge auf Kindergartenniveau. Aber durchaus ebenbürtig den Vorschlägen, die der Energieministerin eingefallen sind: «Zähne putzen und Hände waschen soll man mit kaltem Wasser. «Dadurch fliesst kein Warmwasser in die Leitung», heisst es auf der Website, «welches dort abkühlen würde, bevor es überhaupt den Hahn erreicht»», berichtet Tamedia, ohne vor Lachen loszuprusten.

Also hagelt es natürlich Kritik, logischerweise von der Partei am lautesten, die Sommaruga nicht gerade toll findet. Das ist nun der Einsatz für die Allzweckwaffe Loser. Für ihn ist die SVP deswegen «die Fertigmacherpartei». Nach in seiner üblichen Flughöhe – knapp über der Strassenmarkierung – vorgetragenem Geschimpfe kommt Loser zu einem ganz bitteren Schluss: «Das Treten nach Sommaruga und unsere fehlende Reaktion darauf zeigen einmal mehr, wie sehr die Volkspartei mit ihrem Erfolg und mit ihren Methoden die Grenze des Normalen verschoben hat

Ganz falsch. Das in einer einstmals führenden und ernstzunehmenden Tageszeitung (und dank Kopfblattprinzip nicht nur dort) ein solcher Unsinn erscheinen kann, zeigt, wie sehr im Journalismus die Grenzen des Normalen verschoben wurden.

Denn was wäre seine Aufgabe? Einordnung der Problemlage. Analyse der Situation. Wiedergabe von Lösungsmöglichkeiten. Kritik an mangelnden Reaktionen oder Aktionen. Und dann, aber erst dann, und nur vielleicht: ein Kommentar, eine Meinung. Das war früher einmal das Privileg des Chefredaktors, der einen Leitartikel verfasste. Normalerweise auf Niveau, intelligent, verbal herausgeputzt, als kleine Zierleiste der übrigen redaktionellen Leistung.

Aber heutzutage gibt es keine richtigen Chefredaktoren mehr. Nur noch Westentaschenausgaben wie beim Tagi und anderswo. Dafür darf jedes kleine Würstchen kommentieren, lamentieren, kritisieren. Ohne Niveau, aber mit Haltung. Ohne Sinn, aber mit Gesinnung. Ohne sprachliche Fähigkeiten, aber mit Gebrabbel.

Loser ist dabei nur das erbärmliche Schlusslicht einer ganzen Reihe von trüben Funzeln, die sich faktenschwach, aber meinungsstark auslassen dürfen. Als Trostpflaster dafür, dass sie ihr Leben in einer Verrichtungsbox fristen müssen. Recherche bedeutet, mit Google durchs Internet zu schweifen, und Hintergrundanalyse bedeutet, mehr als zwei fremdsprachige Zeitungen kopiert zu haben.

Es ist ja kein Zufall, dass man bei all diesen Maulhelden keine einzige Reportage, keinen einzigen Sachartikel erinnert. Nur unablässige Besserwisserei, unangenehm in den Ohren klingendes Gewäffel. Nicht zu vergessen eine bodenlose Heuchelei. Völlige  Blindheit gegenüber Sauereien im eigenen Haus. Da darf eine sogenannte Co-Chefredaktorin von einer Luxusreise im Eisbrecher mit Heli, U-Boot und Philippe-Starck-Möbeln schwärmen, einer wahren Dreckschleuder, während ein paar Seiten zuvor das Gletschersterben wegen Klimaerwärmung wortreich betrauert wird. Da wird von einer keiner journalistischen Selbstachtung mehr verpflichteten Auslandredaktion ein deutscher Kommentar eines Deutschen, der sich auf Deutschland bezieht, einfach so umoperiert, dass er in der Schweiz serviert werden kann.

Um nur zwei aktuelle unter Hunderten von betrüblichen Beispielen zu nennen. Kein einziger dieser feigen Lohnschreiber traut sich einmal, die bittere Wahrheit über die eigene Branche, über den eigenen Konzern zu formulieren. Wohlfeile Hymnen auf angebliche Meinungsfreiheit, auf den Podiumscharakter des Blatts, auf Verantwortung, Vierte Gewalt, wo man das Vertrauen des Lesers behalten, gewinnen, vertiefen wolle. Alles dummes Gequatsche, denn die Wahrheit ist doch:

Es gibt keine Branche in der jüngeren Wirtschaftsgeschichte, die dermassen angesichts einer neuen Technologie versagt hat wie die Medienbranche. Bis heute stehen die wohlbezahlten Manager mit offenen Mündern da und lassen sich von wenigen Internet-Giganten die Werbebutter vom Brot nehmen. Sie verhalten sich so wie weiland der Droschenkutscher, der angesichts des Aufkommens von Automobilen beschloss, seinem Gaul das Futter zu rationieren und ihn kräftig zu peitschen.

Ausser sparen, sparen und nochmals einsparen ist diesen Nieten nichts eingefallen. Aber gar nichts. In den Redaktionen sind unerfahrene Kindersoldaten am Werk, die nach Leseminuten online gemessen werden. Inhalt, Qualität, Alleinstellungsmerkmal, Mehrwert: völlig unerheblich. Sie werden begleitet von Meinungsträgern, die ihren Oberen nach dem Mund schreiben und notfalls die eigene Leserschaft übel beschimpfen, wie in der Corona-Krise, wie bald einmal in der aufkommenden Energiekrise.

Die Umstände, die Tücke der Zeiten, das Unvermeidliche, das Alternativlose, die eigene Schuldlosigkeit? Nein. Dieses Gejammer wird von immer weniger Lesern goutiert. Das Publikum betrachtet den Trauerzug der Medien mit zunehmendem Abscheu; am Friedhof angekommen, werden die Grabreden ohne Publikum gehalten werden.

Schon jetzt sind es Meinungsmacher ohne Meinungsmacht, hat sich der öffentliche Diskurs längst zersplittert, ist auf unzählige Plattformen abgewandert, informiert sich ein zunehmender Prozentsatz vor allem jüngerer Menschen keine Sekunde mehr aus den traditionellen Medien. Schlicht und einfach, weil die sich selbst überflüssig machen.

Loser schimpft auf die SVP als Fertigmacherpartei. Dabei ist er selbst – und nicht nur er – ein Überflüssigmacherjournalist. Journalist, vom Ehrentitel zur abwertenden, abschätzigen Disqualifikation: ach so, oh je, ein Lohnschreiber, ein Mietmaul, ein Rechthaber, ein Nichtswisser. Ein Journalist halt.

2 Kommentare
  1. Victor Brunnern,
    Victor Brunnern, sagte:

    Artikel:
    «Es sieht bislang nicht so aus, als ob der Bundesrat und in erster Linie die zuständige Bundesrätin Sommaruga den Ernst der Lage erfasst hätten – geschweige denn den Eindruck erwecken, einen Plan zu haben».
    Was will der Autor? Verbote, Vorschriften, Einschränkungen, Ausgangssperren um Strom zu sparen. Es ist wieder das gleiche wie bei Corona, den einen macht der BR zuwenig den anderen zuviel, beide Seiten stänkern und schreiben sich die Finger wund. Und immer Sommaruga im Mittelpunkt des Geschreis, das auch SVP BR Parmelin gefordert ist wird unterschlagen, schliesslisch schiesst man ja gegen die Frau!

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  2. René Küng
    René Küng sagte:

    Kein besinnlicher Sonntag. Ein Wutanfall, wie ich ihn gut nachvollziehen kann.
    In Teilen erfrischend, zbzknackig, leider verdammt nah an der Realität.
    Aber die ‹Jungen›, wo sind sie denn abgewandert, zu welchen online ,Medien›, zu welchen ‹Informationen›?
    2 Minuten Twitter Watsout?

    Ablesbar am total solidarischen Verhalten, wenn eine Grippe hochgeboostert wird?
    Am liberal freiheitlich demokratischen Skandieren welche Frisur oder welche Worte grad rassisitisch sind?
    Oder am woken, links-rechts oder Farbendurcheinander, was jetzt der ideologisch angesagteste Terror ist?

    Wir durften Jahrzehnte lang einen phantastischen Lifestyle vorleben und waren einverstanden damit, dass unsere Nachfahren für unsere westliche Kultur, auf das Gerangel um eine ‹Karriere› irgendwo in einem Stockwerk der Pyramide, auch in der Schule, gedrillt wurden.
    So lange die Karre wohlgeschmiert in Richtung Wohlstand rollte, war das ausblenden (mitmachen?) der Heuchelei einfach, Filz&Lüge Mittel zum Zweck, Gier aller Art geil.

    Neben Frust und Wut würde ich mir einen weiteren (vielleicht nationalen) Rundblick von RZ bei online-, Print- oder Bänkelsänger-Medien wünschen, wo er ‹auftankt›, sich freut, dazu lernt.
    Wo wir Lichtblicke und Kraft finden.
    Nicht am Schluss auch noch Angst fördern vor dem Kommenden, die Spaltungen aller Art beschleunigen, im Aufruhr auf der Strasse enden.
    Dieser Plan und dieses Ziel existiert schon – inklusive der Vorbereitungen, wie dann die Lichter gelöscht werden. Ruhe, Ordnung, ‹EINheit› mit Macht und weiteren Massnahmen herbei verordnet wird.
    Wir (die Mehrheit) haben ja letztes Jahr schon für eine ‘blackbox’ von Gesetzen ja gesagt, mit der unsere Bundesautokraten den Hammer – konform mit ihren Justiz-Angestellten – auspacken und anwenden dürfen…..!

    Danke zackbum für das hinschauen wo’s qualmt und das mit suchen, wie wir Miteinander den Rank finden können – konkret schon durch eine Plattform, die nicht mauert, sondern gegensätzliche Standpunkte noch zulässt.

    Ein schönes Beispiel unter hunderten (!) von hellen, freien, wilden Lichtern:
    https://transition-news.org/das-andere-wort-zum-sonntag-oder-ein-herzlicher-gruss-aus-rastatt

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