Neues vom Gendern

Er, sie oder doch lieber «em»: Völlig verrückt ist das neue Normal. Oder: «Drittes Geschlecht, mein gutes Recht

Von Stefan Millius*

Kennen Sie das Pronomen «em»? Oder «xier»? Kaum. Der Duden auch nicht. Aber das soll der neue Standard werden. Neben einem halben Dutzend weiterer Pronomen. Nicht etwa freiwillig. Wer sich der Neuerfindung der Sprache verweigert, kriegt es mit den heiligen Twitter-Kriegern zu tun.

Manchmal muss man anderen den Vortritt gewähren, um deutlich zu machen, um was es geht. Daher geht das Wort an René_ Rain Hornstein. Die Schreibweise mit dem ungewohnten Unterstrich ist übrigens kein Vertipper. Hier, bitte:

«Mein Pronomen ist em oder kein Pronomen. Bitte nutzen Sie für Substantive, Artikel und Adjektive die _ oder -Form. Ein Beispielsatz: René_ Rain Hornstein ist ein * e freundliche * r * Referent * in, em geht auf die von Veranstaltungsteilnehmer * innen geäusserten Wünsche ein.»

René_ Rain Hornstein war – einfach mal auf der Grundlage seiner äusseren Erscheinung, – das, was man früher als Mann identifizierte. Inzwischen hat er die Haare schön, pardon, lang, ein paar weitere weibliche Attribute kamen dazu, und nun darf man weder «er» noch «sie» sagen, man muss sagen: «Em hat die Haare schön.» Genau. Nicht: «Er hat die Haare schön». Oder: «Sie hat die Haare schön.» Em. Em. Em.

Nicht schwierig, oder?

Wenn jemand Mühe hat mit «em», warum auch immer, gibt es Alternativen. Weitere Pronomen, die akzeptabel sind für einen Mann, der irgendwann beschlossen hat, etwas anderes zu sein, aber eben keine Frau, sind diese: hen, per, nin oder xier. Sagt jedenfalls René_, und er muss es ja wissen.

«Xier hat die Haare schön.» – «Hen hat die Haare schön.» – Nicht schwierig, oder? Gut, unsere Kinder haben heute schon Mühe, die deutsche Sprache zu lernen, aber die paar zusätzlichen Pronomen, die kein Lehrbuch der Welt kennt, wird man sich doch auch noch reinhauen können.

Und was genau hat der Unterstrich nach «René» zu bedeuten? Der stellt klar, dass der eigentlich männlich besetzte Vorname nicht so zu verstehen ist, sondern eben geschlechtsneutral. Das bedauernswerte Wesen kann ja nichts dafür, dass seine, pardon, em Eltern em einst einen männlich geprägten Vornamen gegeben hat. Das schreit nach einer Korrektur.

Und «Rain»? Ich nehme schwer an, dass René, pardon, René_, einst zum zweiten Vornamen Rainer hiess und sich inzwischen durch die Auslassung der Endung nun auch hier des Geschlechts entledigt hat. Rain ist ja auch furchtbar poetisch.

René_ Rain Hornstein ist inzwischen eine Berühmtheit in Deutschland. Er hat kürzlich die Deutsche Bahn in die Knie gezwungen. Die hat bisher von ihren Fahrgästen bei einer Onlinebuchung die Angabe «Herr» oder «Frau» verlangt. Was René_ natürlich nicht akzeptiert hat. «Em» oder «xier» oder «hen» hat sich vor Gericht gewehrt. Nun muss die Deutsche Bahn für Leute wie ihn eine weitere Auswahlmöglichkeit schaffen, die das Geschlecht offen lässt. Zudem hat «em» Schmerzensgeld erhalten. Weil er so gelitten hat, als er ein Ticket gebucht hat.

Auch vor Gericht hat em gelitten. René_ hat zwar Recht erhalten, aber das Gericht adressierte em während der ganzen Verhandlung nicht richtig. Nicht als «em», sondern als «er». Was natürlich körperliche Schmerzen verursacht hat. Wie kann ein Richter sich bitte sehr nicht auf ein frei erfundenes Pronomen einlassen? Was läuft da falsch?

Wer aus welchen Gründen auch immer René_ Rain Hornstein kontaktieren will, muss sich Mühe geben, um ihn nicht sofort zu Tränen des Beleidigtseins zu rühren. Hier ist die Bedienungsanleitung für die richtige Ansprache zu finden. Bitte aufmerksam lesen und befolgen.

Wer das alles nun leicht verrückt findet, sei daran erinnert: Hornsteins Forderung wurde von einem deutschen Gericht akzeptiert. Ein riesiger Staatsbetrieb wie die Deutsche Bahn muss nun seine Software umkrempeln, weil em einst mit einem Schnäbi zur Welt kam und nun findet, em wolle die Haare schön und lang haben. Unterstützung findet em reichlich bei Twitter. Em wird gratuliert für den Mut, der einen grossen gesellschaftlichen Durchbruch für Minderheiten bedeutet. Em ist ein Held.

Was natürlich heisst, dass Leute, die sträflicherweise einfach völlig normal sind und sich eigentlich gerne auch ganz normal mit anderen unterhalten würden, nun «em» und «xier» verwenden sollten.

Wir haben jedenfalls unsere Schuldigkeit getan und Ihnen das mitgeteilt. Der Rest ist nicht mehr unsere Verantwortung.

Aber sicher ist auch: Die Spielwiese ist nun offen. Wenn Sie gerne statt als «er» oder «sie» mit «hutzelputzel» oder «schnörk» als Pronomen angesprochen werden wollen: Das ist Ihr gutes Recht – fordern Sie es ein!

*Millius ist Chefredaktor von «Die Ostschweiz», wo der Artikel zuerst erschien. Mit freundlicher Genehmigung …

 

4 Kommentare
  1. Sylvia Hasler
    Sylvia Hasler sagte:

    Der Typ – em – ist ein Trottel. Und diejenigen, die hier mitmachen, auch. Wir haben auf dieser Welt andere Probleme, die langfristig das Überleben der Menschheit infrage stellen. Auf die konzentrieren wir uns nicht. Aber auf den Genderschwachsinn und denLGBXQY+-? Mist, der eine winzige Minderheit der Menschheit betrifft und den die Sozis und die Grünen dem Rest der Bevölkerung – den Normalen – der Hals hinunterwürgen will, ur Not auch mit der Hilfe der Gerichte.

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  2. Guido Kirschke
    Guido Kirschke sagte:

    Ich verstehe das nicht ganz. Wir haben doch ein neutrales Pronomen: ES. Es hat schöne Haare. Es ist dumm wie Stroh. Es weiss nicht, was es ist…

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  3. Henri Leuzinger
    Henri Leuzinger sagte:

    Tja, eigentlich nichts Neues, «drüben» ist man konsequent bis zum Wahnsinn, hier: bis zur Zerstörung der Sprache. Was würden wohl Heinrich Heine oder Kurt Tucholsky dazu sagen?

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