Talk ohne Show: geht doch

Ruhig, informiert, bereichernd? Im TV? Wunder gibt es immer wieder.

Deutsche TV-Stationen quellen über von Talkshows. ARD, ZDF, die Privaten, Talking Heads aller Orten. Verbale Luftkämpfe von einer Nachhaltigkeit, die ungefähr die Zeitspanne umfasst, in der die Zuschauer beschallt werden. Wer erinnert sich noch an die Ergebnisse der letzten Talkshow von Lanz, Maischberger & Co.?

In der Schweiz herrscht Wüste. «Talk kläglich», ohne den langjährigen Moderator Markus Gilli nur noch ein Schatten seiner selbst, genau wie der «SonnTalk». Gillis Ziel war nun auch nicht unbedingt der Erkenntnisgewinn, aber er war wohlinformiert, brannte für jedes Thema und verhinderte weitgehend, dass sich die Teilnehmer mit Worthülsen zuschütteten.

«Gredig direkt» ist der falsche Moderator im falschen Rahmen mit falschen Gästen. Ertrinkt schnarchlangweilig im watteweichen Wohlfühltalk eines sympathischen und netten Menschen, der alles kann – ausser seinen Gästen etwas Interessantes zu entlocken.

Schliesslich Altmeister Roger Schawinski mit seinem «Doppelpunkt» und seit einiger Zeit wieder seiner Talkshow auf Blue TV. Wer Wohlfühlgespräche will, darf sich nicht in die Höhle des alten Löwen begeben. Hier wird noch gebissen und es werden Tatzenschläge verteilt. Durch Altersmilde leicht abtemperiert, aber bei Schawi ist eines klar: ihn interessiert nicht in erster Linie die Meinung des Gesprächspartners, sondern seine eigene. Und meinungsstark ist er nach wie vor.

Vielleicht ist die wöchentliche verbale Rempelei mit Markus Somm, vormals mit Roger Köppel, signifikant für seinen Stil. Es geht eigentlich nur um Rechthaberei und darum, wer seine Position schlagfertiger, eloquenter und herrischer verteidigen kann. Wer’s mag, wird gut unterhalten. Wer’s nicht mag, wendet sich ab.

In all diesem Elend und in all diesen Diadochenkämpfen von wortmächtig hochgerüsteten Verbalartisten kommt man plötzlich durch einen freundlichen Hinweis auf eine Sendung, die all dem widerspricht.

Eine Moderatorin, die mit ruhiger Hand lenkt und im Wesentlichen mit Fragen die Gesprächsrunde am Laufen hält. Mit offen Fragen, die kaum Meinung, aber viel Neugier enthalten. Zwei Teilnehmer (was beiden genügend Zeit zum Ausreden gibt), die Wissen und Nachdenklichkeit mit Intelligenz verbinden. Die sich nicht in die Haare geraten, sondern ergänzen, gegenseitig die Nachdenklichkeit des anderen respektieren.

Ein Politiker und ein Historiker, der im Vergleich zu Schweizer Hobbyausgaben seinen Titel auch verdient. Natürlich findet die Veranstaltung auf einem Spartensender ausserhalb der Prime Time statt. Eben für die happy few, die einer Debatte lauschen wollen, bei der man nicht unterhalten, sondern intelligent angeregt wird.

Wir lösen das Geheimnis auf. Der Sender heisst Phönix, die Sendung «Unter den Linden». In der Ausgabe vom 30. Mai, die noch eine Woche per Replay nachgeschaut werden kann, debattieren Dietmar Bartsch, Vorsitzender der Bundestagsfraktion «Die Linke» und der Historiker Prof. Martin Görtemaker unter Leitung von Michaela Koster. Thema: «Friedenstraum – wie enden Kriege

Differenziert, informiert, hintergründig, keine Show, sondern Talk. Wer’s nicht glaubt: einfach mal reinhören. Prognose: wer sich sagt, okay, ich schnupper mal, sollte sicherstellen, dass er genügend Zeitreserve mitbringt, um sich die ganzen 45 Minuten anzuhören. Denn es lohnt sich.

4 Kommentare
  1. René Küng
    René Küng sagte:

    Und zur Differenzierung von ‘Format’:
    Hier ein link zum sehr spannenden Beitrag im sperber von heute: https://www.infosperber.ch/politik/die-usa-haben-an-raschem-kriegsende-wenig-interesse-10-gruende/
    Über eine Analyse / Prophezeiung von Jack Rasmus VOR dem Ukraine Krieg.

    Bravo sperber, was interessantes ausgegraben und publiziert. Den Autor Rasmus auch offen positioniert.
    Aber dann im äxgüsi Käschtli die Stellungnahme der Redaktion:
    ‘Ukraine: Nichts, aber auch gar nichts rechtfertigt den Angriffskrieg.
    Der Krieg von Putin-Russland gegen die Ukraine verletzt das Völkerrecht in krasser Weise. Nichts rechtfertigt diesen Krieg. Dem Westen kann keine Schuld angelastet werden.’ (und ff)

    Alles ok, wir wünschten alle eine Welt ohne Angriffskriege. Ohne tröge Chefs auf dem Pausenhof, die alle drangsalieren, weil sie etwas schneller gewachsen, anders sozialisiert, oder schon früh zum perfiden netten Meiteli mutierte, das hintenrum perfekte Intrigen spinnt.

    Aber wer nach diesem Text noch wagt zu schreiben: ‘Dem Westen kann keine Schuld angelastet werden’, der verrät sich selber und seine Leser.
    Die Positionierung im separaten gelben Kasten wär absolut ok und genügend ohne diese 7 peinlichen Worte. Der kompletten Anbiederung an die westliche Heuchelei und Doppelmoral.

    Und ich schreibe es hier im zackbum Forum, weil in solchen Dingen DER sperber ziemlich dünnhäutig ist. Kritik am eigenen sperber-Kurs? Solche Kommentarschreiber werden kurzerhand der account gesperrt.
    Schreib ich’s halt hier als indirekte Botschaft,
    falls ZbZ den ‘Briefträger’ macht.

    Inzwischen darf dort zB Martina Frei jetzt seit längerem davon schreiben, was im ersten Corona-Jahr noch tabu und verpönt war. Merci dem sperber.
    Nicht der Wunsch nach mehr Mut für dieses Portal, sondern nach mehr Rückgrat für uns ALLE.
    Denn wer soviel weiss, schreibt und ans Tageslicht bringt wie der sperber, der weiss und spürt auch, dass alle Vorbereitungen laufen, damit ab Herbst der neue Krieg gegen uns alle, gegen unsere Gesundheit, gegen die Meinungsfreiheit, gegen gesunde Staatsfinanzen (unser Portemonnaie) und von Spaltung, Aufhetzung der Bevölkerung in die nächste, entscheidende Phase voran getrieben wird.
    Ob der sperber es taktisch, diplomatisch oder vorsichtig nennen mag:
    fehlender Mut, Transparenz und Wischiwaschi, die Dinge beim Namen zu nennen, wird uns nicht vor der NWO retten. Denn in der anmassenden ‘Unsere Welt Ordnung’ gibt es nur noch Rechte für eine ausgewählte Bande und gesteuerte Freiheit&Denken für stumme Mitläufer.

    Antworten
  2. René Küng
    René Küng sagte:

    Danke Herr Zeyer,
    in der Ein- von öde Propaganda, die den frei denkenden Wählern und Wählerinnen (schönes Wort) von den Regierungsnähelden Medien täglich wie Zuckerguss übergezogen wird, gibt es noch Hoffnung, Nichen für Neugierige.
    Und zackbum, das sich nicht scheucht, auf auch noch denkende andere Medien (Konkurrenz?) hin zu weisen. Ebenso wie ZbZ grosszügig andere links im Forum zulässt, den Gedankenraum offen hält, auch für heikle Themen und Querverweise.
    MERCI

    Antworten
  3. Marcella Kunz
    Marcella Kunz sagte:

    Genau, «Unter den Linden». Und Servus-TV nicht vergessen: «Talk im Hangar-7», wenn SRF immer wieder eine «Arena» versucht. Und am Sonntagabend, wenn die linientreue Selbstdarstellerin Anne Will gleichgesinnte Selbstdarsteller einlädt (und auf ORF das harmlose «Im Zentrum» läuft): «Links-Rechts-Mitte», ebenfalls auf Servus-TV.

    Antworten
  4. Jean-Louis Frossard
    Jean-Louis Frossard sagte:

    Die Gesprächsrunden findet man auch auf YouTube. Einfach nach «unter den linden» oder «phoenix» suchen.

    Antworten

Dein Kommentar

An Diskussion beteiligen?
Hinterlasse uns Deinen Kommentar!

Schreiben Sie einen Kommentar zu René Küng Antworten abbrechen

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert