Jagdszenen in der Schweiz

Das Vokabular wird kriegerischer und denunziatorischer. Von der NZZ abwärts.

Da interviewt doch die NZZ Peter Regli. Genau, den Apartheid-Regli. Den Aktenvernichter Regli. Den Crypto-Skandal-Regli. Den Fall Bellasi-Regli. Den umfassend disqualifizierten Regli, zu irgendwas irgendwas zu sagen. Sicherheitsrisiko? Das ist nicht die Schweiz, das ist der, der hier interviewt wird.

Wolfgang BorchertDraussen vor der Tür», Kindersoldaten: googeln) wusste, was der Vorwurf Defätismus bedeutet. 1944 wurde er von den Nazis deswegen zu neun Monaten Gefängnis verurteilt und dann zur «Feindbewährung» an die Front entlassen. Er starb 1947 an den Spätfolgen seiner Verwundungen.

Es gibt aktuell einige Wörter aus dem Vokabular der Übermenschen, die noch nicht wieder Einzug in den Sprachgebrauch gehalten haben. Noch nicht. Defätismus ist eines, Patriotismus hingegen erlebt bereits seine Wiederauferstehung. Nationalismus sowieso. «Für Führer und Vaterland» ist allerdings immer noch pfui.

Sehr im Schwang ist aber wieder «Feindpropaganda». Unter Adolf Nazi war es streng verboten, «Feindsender» zu hören. Insbesondere das Erkennungssignal der englischen BBC musste durchs Kopfkissen abgedämpft werden. Wehe, der Nachbar, der Denunziant, hörte es aus dem Zimmer nebenan.

Ein ähnliches Verhältnis entwickeln unsere freien westlichen Medien inzwischen zum Feindsender «Russia Today» (RT). Eigentlich gehörte der verboten, wie in der EU. Nun hat aber der Schweizer Bundesrat – zum Unverständnis vieler Kriegsgurgeln in den Medien – beschlossen, die Bundesverfassung («Zensur ist verboten») ernst zu nehmen. Gegen den Willen der Bundesrätinnen Amherd und Sommaruga, was ihr ewiger Schandfleck bleiben wird.

Wer tritt im Feindsender auf?

Nun wird nicht nur über die Propaganda dieses Feindsenders hergezogen, es wird auch genau beobachtet, wer sich dafür hergibt, bei ihm aufzutreten:

«Gastgeber Köppels war Thomas Fasbender, deutscher Journalist mit eigener RT-Sendung und viel Verständnis für Putin. Seit kurzem wird Fasbender auch als Moskau-Korrespondent von Köppels «Weltwoche» aufgeführt.» Eine Sternstunde des Recherchierjournalismus von Tamedia. Putin-Versteher Köppel, trat doch bei RT auf. Wo dieser Fasbender eine Sendung hat. Der wiederum für die WeWo nicht immer ganz dichte Analysen über Russland schreibt.

Wehrkraftzersetzung hätte man das früher genannt.

Kriegerisches Vokabular auch im Boulevard-Blödblatt «Blick»:

 

Wenn’s ganz blöd und lachhaft wird, darf einer nicht fehlen. Genau, Philipp Loser. Der gibt zuerst damit an, dass er doch tatsächlich Stefan Zweig gelesen hat. Was für ein Kulturbolzen. Von Arnold Zweig hat er aber sicher noch nichts gehört, obwohl sich dessen Lektüre auch lohnen würde.

Ausflug in die Hölle

Aber dieser Kurzausflug in die Niederungen des Trends zum Zweitbuch ist nur die Einleitung hierfür:

«Fast schon unverhohlen, wie man sich rechts der Mitte freut, endlich wieder über Krieg reden zu dürfen, über Sicherheitspolitik, Geostrategie, Panzer und Bomben. Ganz egal wo man in den Gender- und Identitätsdebatten der jüngeren Zeit steht: Müsste es nicht genau umgekehrt sein? Müsste es nicht unser aller Bedürfnis und Bestreben sein, in einer Welt zu leben, in der wir es uns leisten können, leidenschaftlich über den Genderstern zu streiten?»

Rechts der Mitte? Die öffentlich auftretenden Kriegsgurgeln stehen meistens links der Mitte, mit Verlaub. Zudem muss ZACKBUM hier kriegerisch widersprechen: nein, wir wollen keinesfalls, unter keinen Umständen – lieber tot als rot – in einer Welt leben, in der leidenschaftlich über einen Unsinn wie den Genderstern gestritten wird. So stellen wir uns die Hölle vor.

Da fehlt doch nur noch der eine Teil des die Qualitätssicherung vergeigenden Duos, die Reserve-Drittklass-Chefredaktion des «Tages-Anzeiger» in Form von Mario Stäuble. Der orgelt:

«Putins Krieg ist ein direkter Angriff auf Europas Sicherheit, auf die Freiheit, auf die Demokratie. Wo seine Ambitionen enden, weiss niemand mit Sicherheit. Sich auf ein harmloses Szenario einzustellen, wäre schlicht naiv. Also muss man den Schritt machen – und Putins Geldhahn zudrehen, auch wenn es schmerzt. Und auch wenn die Aussichten auf Erfolg ungewiss sind.»

Alles ist ungewiss, nur eines ist ihm klar: Geldhahn zudrehen. Glücklicherweise weiss er auch: wer hört schon auf Stäuble. Wer macht schon mit ihm den Schritt zum Geldhahn …

Apropos:

Was interessieren den Schweizer Leser die Ansichten des 82-jährigen ehemaligen deutschen Finanzministers? Ganz einfach, das Interview des Literaturkritikers der «Süddeutschen Zeitung» Willi Winkler fiel dort von Gabentisch und wird den Lesern der SoZ lauwarm serviert. Das Original erschien am 25. März in der SZ. Da ist dann der SoZ-Leser zweite Wahl zu erstklassigen Preisen. Die SZ kostet am Freitag Fr. 3.70. Die SoZ mit Aufgewärmtem Fr. 6.-, zwei Tage später.

Auch CH Media ist nicht frei von harschen Verurteilungen:

«Man würde von Schröder gerne wissen, wie er dazu steht, dass sein Freund Putin Kinderspitäler bombardieren lässt. Schröder sagt dazu natürlich nichts, lässt sich weiter von Putin bezahlen – und hat sich diskreditiert wie kein anderer Bundeskanzler vor ihm.»

Richtig, gegen den Putin-Versteher war selbst Alt-Nazi, NSDAP-Mitglied und Blockwart Kiesinger weniger diskreditiert. Das gilt natürlich auch für KZ-Baumeister Lübke. Aber was weiss Benini schon von deutscher Geschichte.

So rempelt Francesco Benini den deutschen Altkanzler an, während sein Bruder Sandro bei Tamedia den völlig von der Rolle gekippten Sandro Brotz verteidigt. Die Benini-Amok-Brothers in Fahrt.

Aber, man muss auch loben können, der gleiche CH-Media-Benini berichtet:

«Der FDP-Stadtrat ist in eine Einzimmerwohnung umgezogen, die in der gleichen Siedlung liegt.» Denn Filippo Leutenegger hat seine Vierzimmer-Wohnung einer ukrainischen Flüchtlingsfamilie überlassen.

Das ist wirklich toll, Filippo.  Aber, lieber Francesco, ob der Mut wohl reichen täte, Deinen Besitzer und Brötchengeber und Kriegsgurgel Peter Wanner zu fragen, ob er sich davon nicht ein Scheibchen abschneiden könnte?

So in seinem Herrensitz, seinem Schlösschen im Aargau, umgeben von eigenen Rebbergen? Der hat ja bislang nur bekannt gegeben, dass er dann vielleicht mal in Zukunft, nach dem Krieg, was für den Wiederaufbau der Ukraine spenden werde. Wenn er das bis dahin nicht längst vergessen hat.

Schliesslich ist Wanner doch für «klare Kante», will gerne einen Dritten Weltkrieg riskieren, plädiert dafür, sich von atomaren Drohungen doch nicht in die Knie zwingen zu lassen. Da vermisst man etwas den Kampfesmut von Francesco Benini. Denn wes Brot ich ess

Aber: Vielleicht wäre im Wanner-Schloss noch ein Zimmerchen im Gesindetrakt, im Kutscherhäuschen oder gar im Herrenhaus frei. Nur so als Idee. Könnte doch einer der beiden Beninis mal anregen. Ausserdem baut sich Big Boss Supino gerade einen schönen Herrensitz mit vielen Zimmern hin …

 

 

 

7 Kommentare
  1. Hnas von Atzigen
    Hnas von Atzigen sagte:

    Ach je, der sog. Westen schmiedet aktuell ein Zweckbündnis gegen sich selbst.
    Immer tüchtig drauf auf den Russen, das fördert Freundschaft und Bilaterales.
    Das härtet das Zweckbündnis China-Russland und Teilen des Nahen Ostens.
    Die Flucht aus Afghanistan war ein Signal.
    Da hat sich der Westen etwas viel vorgenommen, gleich gegen die drei zusammen.
    Einfach lächerlich, sogar für so Pinatz wie Covid-l9 Maulkörbe ist der marzialisch blökende Westen, offensichtlich auf China angewiesen_
    Kommt das WC Papier hergestellt aus Russischem Holz auch schon aus China? ? ? Weiss da einer etwas genaueres? ? ?
    Da geht es um mehr als nur Russisches Öl und Gas, da verschiebt sich die Weltdominanz von den USA nach Peking, dort stehen heute die Industriellen Produktionskapazitäten und damit auch das Kapital
    Der Russe liefert Rohstoffe, Öl und Agrargüter die Araber Öl.
    Och jeeee, mit soooooo Zusammenhängen sind die keifenden Kindersoldaten-Rotzbengel in den CH-News Rom logo überfordert. Punkt

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  2. Jürg Streuli
    Jürg Streuli sagte:

    Bis vor der Corona-Hysterie bestand ein Grundvertrauen in unsere Presse. Die manipulative Berichtetstattung während Covit hat dieses Vertrauen komplett zerstört. Mit der Ukraine-Krise geht es nahtlos weiter auf tiefstem Niveau. Wer sich ein einziges Medium als Quelle der Informationen nimmt ist zutiefst zu bedauern.

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  3. Victor Brunner
    Victor Brunner sagte:

    Qualitätssicherung vergeigen ist daily-business bei TAmedia. Print und online ein Artikel: «Taliban verwehren Mädchen den Zugang zur Schule». Im Artikel war zu lesen:

    «Es tut sehr weh, nicht mehr in die Schule gehen zu dürfen», sagte eine 13-jährige Schülerin aus Kabul dieser Zeitung am Wochenende».

    Was, TAmedia, Christof Münger haben tatsächlich einen Journalisten über das Wochenende nach Afghanistan geschickt um unabhängig von der SZ über das Land zu berichten? Fehlanzeige, Plagiat! Geschrieben hat den Artikel Tobias Matern, Journalist der SZ. Dumm das die Titelfrisierer nicht in der Lage sind ganze Artikel zu lesen. Der wöchentlich moralisierende Loser sollte sich einmal mit Wahrheit und Fiktion im hauseigenen Journalismus befassen!

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  4. Didier Venzago
    Didier Venzago sagte:

    Viel Geschrei und moralische Empörung von allen Seiten. Doch am Schluss kaufen doch alle wieder stillschweigend Putins Gas und Erdöl weil es halt trotz Windredli- Biogas- und Solarpanelhype doch nicht ohne fossile Energie geht, da „grüne Energie“ heute und auch in Zukunft höchstens ein paar Prozent des Energiehungers unserer moralisch dauerererregten Konsumgesellschaft decken kann. Das Nachsehen haben Leute wie die Ukrainer die um ihr Leben kämpfen während wir im besten Fall Unterstützung in Form von selbstgefälligen tränenreichen Sympathiebekundungen, lachhaften Oligarchenboykotten, oder von verschimmelten 40 Jahre alten Flugabwehrraketen leisten.

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