Chäfs auf dem Kriegspfad

Der eine Verleger und Besitzer, der andere Oberchefredaktor. Beide Kriegsgurgeln.

Wenn Peter Wanner in seinem Herrensitz zum Griffel greift, dann werden die Frontseiten seiner Kopfblätter freigeräumt. Von Patrik Müller abwärts stehen die Chefredaktoren Gewehr bei Fuss und sondern Ergebenheitsadressen ab.

«Ich habe sehr viele Komplimente aus der Redaktion erhalten. Die denken gleich in dieser Frage», sonnt sich Wanner im Lob seiner Untertanen. Die folgen dem alten Indianersprichwort:

«Der Häuptling singt immer am schönsten.»

Dabei ist es ein recht garstiger Gesang, den Wanner angestimmt hat. «Klare Kante» müsse der Westen zeigen, die Nato sei «feige». Offensichtlich hat Wanner einen gut ausgerüsteten Bunker unter seinem Schlösschen: «Nur weil der russische Machthaber droht, Atomwaffen einzusetzen, darf man noch nicht in die Knie gehen

«Erbärmliches Schauspiel», MiG-29-Kampfjets hätte man doch einfach «still und heimlich liefern» sollen, dagegen gab es einen «weinerlichen Auftritt» des deutschen Vizekanzlers in einer Talkshow.

Und wenn Wanner schon so schön in Fahrt ist, als gehöre er zum Ensemble des Geniestreichs von Kubrick «Dr. Strangelove», nimmt er sich auch noch die Schweiz zur Brust: «Selbstverständlich muss sie die Handelsdrehscheibe für Öl-und Gaslieferungen und die damit verbundenen Geldströme sofort stilllegen und die Vermögenswerte einfrieren, auch jene der russischen Oligarchen, denn sonst macht sie sich mitschuldig an der Finanzierung von Putins brutalem Krieg.»

Was kann die Schweiz sonst noch tun? Natürlich, «sich solidarisch zeigen, Flüchtlinge aufnehmen und helfen, wo sie nur kann». Wunderbar, Herr Multimillionär, und was tun Sie denn so, traut sich persoenlich.com zu fragen.

Da wird’s dann allerdings peinlich. Sehr peinlich:

«Ich werde sicher Geld spenden für die Flüchtlinge und wenn es um den Wiederaufbau des Landes geht.»

Man beachte: Futur. Von der Frage kalt erwischt, schnell sich was ausgedacht. Als ob es auf dem Herrensitz nicht jede Menge Platz für die Unterbringung von Ukraine-Flüchtlingen gäbe. Aber gross mit Forderungen auftrumpfen, klein mit eigenen Taten werden, wie peinlich ist das denn.

Ganz abgesehen davon, dass es Wanner offenbar schnurz ist, ob die Befolgung seiner Forderungen einen Dritten Weltkrieg auslösen würde oder nicht. Schliesslich geht der ansonsten zu Vernunft fähige deutsche Medienmanager und Mitbesitzer des Springer-Verlags noch einen Schritt weiter: «Die Nato-Mitglieder müssen jetzt ihre Truppen und Waffen dahin bewegen, wo unsere Werte und unsere Zukunft noch verteidigt werden», schrieb Mathias Döpfner, eine Ansicht, die Wanner «weitgehend» teile.

Jede Menge Kriegsgurgeln kommen aus den Löchern

Damit sind die beiden Kriegsgurgeln nicht alleine. Nachdem sich Big Boss Pietro Supino noch etwas von der krachenden Niederlage im Kampf um eine zusätzliche Steuermilliarde erholen muss, springt bei Tamedia Arthur Rutishauser in den Schützengraben. Allerdings bleibt sein «Editorial» hinter der Bezahlschranke verborgen.

«Flugverbotszone errichten, wirksame Waffen liefern, die Nato vielleicht sogar Truppen.»

Die Schweiz muss sofort den Rohstoffhandel stoppen und alle Russengelder «sperren». Also ist auch Sandkastengeneral Rutishauser bereit, den Weg in den Dritten Weltkrieg zu befehlen. «Mir nach», kräht er aus der mit russischen Erdgas wohlbeheizten Redaktionsstube. Für ihn ist es ein hinnehmbarer Kollateralschaden, dass er gleichzeitig den Rechtsstaat Schweiz zu Kleinholz verarbeiten möchte. Wo bislang selbst für Russen eine Eigentumsgarantie galt und selbst für Rohstoffhandel die Gewerbefreiheit.

Manchmal hilft historische Distanz zur Einschätzung von Gegenwärtigem. Wer sich bislang angewidert fragte, wieso die Massenmedien spätestens ab dem Ersten Weltkrieg zu üblen, chauvinistischen Hetz- und Propagandaorganen denaturierten, wo der Gegner entmenschlicht und für verrückt erklärt wurde, versteht das angesichts von aktuellem Anschauungsmaterial viel besser.

Wer sich fragte, wieso denn damals die Massen dieser hysterischen Kriegspropaganda glaubten und martialische Forderungen bejubelten, von Schreibtätern und Schreikräften, die andere in die Schützengräben beorderten – auch der findet hier seine Antworten.

7 Kommentare
  1. Adrian Venetz
    Adrian Venetz sagte:

    «Jeder einzelne erlebte eine Steigerung seines Ichs, er war nicht mehr der isolierte Mensch von früher, er war eingetan in eine Masse, er war Volk, und seine Person, seine sonst unbeachtete Person hatte einen Sinn bekommen.» (Schriftsteller Stefan Zweig zur Stimmung vor dem Ersten Weltkrieg)

    Herrgott nochmal, fällt denn niemandem etwas auf?

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  2. Victor Brunner
    Victor Brunner sagte:

    Humoristisch unschlagbar ist Peter Wanner wenn er «Klare Kante» fordert. Erinnern wir uns, vor einigen Wochen hat er gejammert ohne Medienförderung würden Teile von CH Media pleite gehen. Da war keine «Klare Kante», ich bin stolzer Unternehmer und verzichte auf Steuergelder, ich respektiere dass jede/r selber entscheiden kann was er liest und für was er bezahlen will, ich will Markt. Dass die Redaktion (die Untergebenen) ihm für den Schwachsinn applaudieren versteht sich. Auch bei ihnen ist Sachverstand und Kompetenz nicht dicker gesät als beim Chef!

    Dass der Dr. Rutishauser von TAmedia in seinem Editorial nur gefährlichen Schwachsinn verbreitet ist nicht verwunderlich. TAmedia hat sich ja längst vom grossen Ausland verabschiedet und frisst das was vom Tisch der SZ fällt. Nur sollte dann der Doktor diesem Umstand Rechnung tragen und über das schreiben wovon er versteht und nicht plumpe und gefährliche Kriegshetze betreiben. Würde die Schweiz an der Ukraine angrenzen würde er anders schreiben. Der Krieg in der Ukraine beweist, TAmedia ist global gescheitert und für die Information und Meinungsbildung nicht mehr relevant.

    Kürzlich hat der Tages-Anzeiger, Papier und online, einen Artikel zum Zähneknirschen publiziert

    https://www.tagesanzeiger.ch/entlastung-fuer-das-gebiss-580159827636

    Scheinbar weiss die Redaktion was ihre Arbeit auslöst. Peinlich daran, der Füller ist vom Tisch der Schweizer Familie gefallen. Die Leute von der Werdstrasse haben bald Rückenschäden weil sie kriechen müssen um genügend Stoff zu finden!

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  3. Leni
    Leni sagte:

    Ich weiss es wirklich nicht, was Menschen dazu treibt, Kriege resp. die atomare Vernichtung herbeizuschreiben. Verantwortungslosigkeit mit Sicherheit. Dummheit auch. Weil es das ist, was sie glauben, dass es die Massen lesen oder hören wollen?

    Letztendlich drehen wir uns hier immer nur im Kreis und kommen immer wieder an den selben Punkt, auch in Hinblick darauf, welche „objektiven“ Presseerzeugnisse man bekommt oder eben nicht:

    Menschen müssen dazu bereit sein, Dinge zu hinterfragen, sich ein eigenes Urteil bilden zu wollen, sich in alle Richtungen zu informieren. Das setzt aber auch die Bereitschaft (ist ja auch Arbeit) und vor allem das Vermögen voraus, in grösseren Zusammenhängen denken und Texte und Absichten überhaupt erfassen zu können.

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    • Victor Brunner
      Victor Brunner sagte:

      Rutishauser und Wanner sind sich ihrer Verantwortung nicht bewusst. Aus der «sicheren» Sofa Schweiz Kriegshetze betreiben ist billig, gefährlich und dumm!

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      • Leni
        Leni sagte:

        Ich habe das jetzt mal eben nachgeschaut (denn das sind alles Leute, mit denen ich mich normalerweise nicht befasse):

        „ Peter Wanner studierte Politikwissenschaften in Berlin und Paris sowie Politische Philosophie und Schweizer Geschichte in Basel.“
        (Quelle: https://www.azmedien.ch/peter-wanner)

        Ich glaube nicht, dass er nicht weiss, welche Verantwortung er hat und was er anrichten kann. Irgendwann während seiner o.g. Studien werden sicher auch die entsprechenden Themen zur Sprache gekommen sein.

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  4. Tim Meier
    Tim Meier sagte:

    «still und heimlich MIG-29 liefern». Herkunft unbekannt, gekauft auf dem Flohmarkt, transportiert im Laderaum eines weissen VW-Lieferwagens?
    NATO-Truppen aus D, F oder PL? Sicher nicht aus den USA, hier geht’s um Europa. Wie war das damals in Jugoslawien, da mussten die USA den Dreckjob erledigen. Bei Libyen war’s anders, da durften die Europäer «mitfliegen».
    Kollateralschäden infolge unausgegorener «Massnahmen» scheinen den Schreiberlingen egal. Wieso erinnert das an Politiker, vor allem an den aus dem Kreml?

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