Saure Geheimnisse
«Suisse Secrets»: 30’000 Kunden der Credit Suisse am Pranger.
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Mal ernsthaft, liebe Credit Suisse. Wäre es nicht für alle Beteiligten einfacher, wenn sämtliche Kundendaten schlichtweg öffentlich einsehbar wären? Online, mit einfacher Suchmaske nach Namen, Betrag oder Volumen.
Unabhängig von der aufklärerischen Brisanz ist es eine Bankrotterklärung für eine Schweizer Bank, dass ihr Kundendaten in diesem Ausmass abhanden kommen. Ob das etwas damit zu tun hat, dass aus Spargründen immer mehr Dienstleistungen ins ferne (Indien) oder nähere (Polen, etc.) Ausland ausgelagert werden?
Oder hat es damit zu tun, dass beim Migrieren von Daten aus alten Programmen in neue Datenbanken häufig mit Klarnamen gearbeitet werden muss, weil sonst die Algorithmen, Suchmasken und weiteres IT-Blabla nicht richtig funktionieren?
Oder kann man systemisch sagen, dass ein Datenberg von einer gewissen Höhe heutzutage niemals geheimgehalten werden kann? Offenbar wurden die Daten schon vor einem Jahr der «Süddeutschen Zeitung» zugespielt, die sich einen Namen in der Verwertung von gestohlenen Geschäftsunterlagen gemacht hat.
Die Begründung des anonymen Diebs ist mehr als dünn: «Ich halte das Schweizer Bankgeheimnis für unmoralisch. Der Vorwand, die finanzielle Privatsphäre zu schützen, ist nur ein Feigenblatt, das die schändliche Rolle der Schweizer Banken als Kollaborateure von Steuerhinterziehern verdeckt.»
Die «Süddeutsche» hat wie immer auf Kooperation gesetzt und mit «Organized Crime and Corruption Reporting Project (OCCRP) und 46 Medienpartnern aus aller Welt, darunter dem britischen Guardian, Le Monde in Frankreich und der New York Times» die Hehlerware ausgewertet.
Alle üblichen Verdächtigen an Bord, mit einer Ausnahme
Allerdings fehlt diesmal der «Tages-Anzeiger». Man habe sich nicht getraut, weil das einen Verstoss gegen Schweizer Gesetze darstellen würde, jammert das Blatt. Gegen Gesetze von fernen Ländern wie Panama, Singapur oder kleinen karibischen Inseln zu verstossen, dass ist dem Provinzblatt aus Zürich hingegen egal. Da hat es sich schon mehrfach am Ausschlachten beteiligt; allerdings ohne durchschlagenden Erfolg.
Im Gegenteil, sobald es konkret und mit Schweizbezug wurde, landete Tamedia einen Flop nach dem anderen. Erwähnt seien nur Gunter Sachs und ein schweizerisch-angolanischer Geschäftsmann. Beide wurden mit massiven Vorwürfen eingedeckt – die sich am Schluss alle in Luft auflösten. Sachs wiederfuhr das posthum, beim Geschäftsmann führte das zum Ruin seiner Firma und zu schweren persönlichen Schäden, dank eines Aufenthalts in einem angolanischen Höllenknast.
Hier beschränkt sich nun Tamedia darauf, die Ergebnisse zu berichten. Wenn’s stimmt, ist’s natürlich saftig. Schlichtweg der Beweis, dass alle Behauptungen von verschärften Kontrollen gegen Gelder aus krimineller Herkunft oder gegen Geldwäsche reine Lippenbekenntnisse sind.
Die CS erscheint immer mehr sturmreif geschossen. Ein VR-Präsident, der Reisen im Privatjet liebt und sich um Corona-Bestimmungen foutierte, ist dabei ja nur eine ärgerliche Randbemerkung. 2,6 Milliarden Busse im US-Steuerstreit, die höchste Zahlung einer ausländischen Bank weltweit. Insgesamt drückte die CS seither über 10 Milliarden an solchen Zahlungen ab.
Aktuell läuft vor dem Bundesstrafgericht in Belllinzona ein Prozess wegen möglichen Verwicklungen rund um die bulgarische Mafia, in Genf laufen Strafuntersuchungen wegen eines östlichen Präsidenten mit Konto bei der CS, in London hängt der Mosambik-Skandal wie ein Damoklesschwert über der Bank.
Gewinnwarnung, Kunden und Mitarbeiter laufen weg, keiner in Sicht, der das Ruder rumreissen könnte. In der übliche Medienhatz wird mal wieder die Ausgangsfrage bei jedem Anfüttern nicht gestellt: cui bono?
Wem nützt es, wenn ein Medium solche Informationen publiziert? Um das abschätzen zu können, hilft es ungemein, die Quelle zu kennen. Das ist hier – wie bei allen Leaks und Papers bislang – nicht der Fall. Eine anonyme Quelle übermittelte auf angeblich nicht rückverfolgbarem Weg die Daten. Ohne finanzielle Interessen.
Es folgt Teil 2
Man kann davon ausgehen, dass es sich hier, wie bei der behaupteten Klientel üblich, um Nummernkunden handelt. Ob die geleakten Daten Fake sind oder nicht, ist offen. Wie ein Recherchierteam diesen Fakt verifiziert haben will, steht in den Sternen. Nachfragen bei der CS geht nicht. Prominenter Namen = «kriminelles» Geld? Also, wie genau soll das gehen? Das wissen nur Tamedia & Co.
Vor ein paar Jahrzehnten war es Usanz, dass von Nummernkunden einzig die Nummer in den Datenbanken gespeichert wurde. Die kundenidentifizierenden Attribute waren schlicht leer. Abfragen wie «zeige mir die Konti von Diktator xxx» führten zu einer leeren Resultatmenge. Das Mapping Nummer zu Kunde war auf einer Liste aufgeführt, die der Kundenberater im Tresor aufbewahrte.
Später wurden diese Listen auf einem nicht vernetzten PC ohne USB Anschluss geführt, der im Tresorraum stand. Evtl. werden heute alle Attribute von Nummernkunden in den Datenbanken gespeichert und mittels Verschlüsselung gesichert. Macht doch alles viel einfacher. Geniale Idee? Eher weniger.