Realitätsflucht

Wenn man trotz Medienmacht und Kohle satt verliert.

Es ist eine krachende und bittere Niederlage. Die Verlegerclans hatten das Medienpaket schlank durchs Parlament geschaukelt. Kein Wunder, die Parlamentarier sind auf Öffentlichkeit angewiesen. Sie werden nur dann öffentlich, wenn die Medien sie wahr- und aufnehmen.Das hilft bei der Wiederwahl.

Aber wie erklärt man der Bevölkerung, dass milliardenschwere Medienclans, die auch in den letzten Jahren satt verdienten, eine Steuermilliarde brauchen? Für ein zu Tode gespartes Angebot?

Schwierig; mit einem Willi Tell, der mit einer Zeitung eine Mauer niedermacht, sicher nicht. Wie jammert man sich das Resultat zurecht? Herausragend der Anführer der sieben Zwerge, die die Chefredaktion der «Blick-Gruppe» bestücken.

Oberchefredaktor Christian Dorer im O-Ton:

«aggressive Nein-Kampagne … rechtsbürgerliche Kleinverleger … vertrauen die meisten Menschen nicht kruden Quellen … grosses Kompliment … eine Niederlage, aber kein Misstrauensvotum.»

Die Bevölkerung wird gebeten, einen Chefredaktor mit grossen Augen hinter grosser Brille vorsichtig anzuhalten, wenn sie ihm begegnet. Er ist an der Dufourstrasse 23 in Zürich abzugeben, dort kümmert man sich dann um ihn.

Wobei es interessant wäre zu erfahren, wie man ihn an die Realität heranführt. Die Ja-Kampagne mit Tell, Meinungsfreiheit, Demokratie und unverzichtbar war aggressiv, aber nutzlos. Wer waren genau die rechtsbürgerlichen Kleinverleger? Schon mal einen Blick auf die Mitglieder des Referendumskomitees geworfen? Die meisten Menschen vertrauen genau nicht kruden Quellen wie dem «Blick» bei diesem Thema. Die Klatsche ist kein Kompliment, sondern eine Klatsche. Und zu hundert Prozent ein Misstrauensvotum. Was denn sonst, lieber Herr Dorer.

12 Kommentare
  1. Dominic Miller
    Dominic Miller sagte:

    Ergänzung zu meinem vorherigen Kommentar: Fairerweise muss man meiner Meinung nach auch sagen, dass auch die Politikerinnen und Politiker ihren Beitrag zur Ablehnung geleistet haben. Und zwar tatkräftigt: Weshalb sollen Online-Medien wie onlinereports.ch keine Subventionen erhalten, nur weil sie sich vollständig via Inserate und Spenden finanzieren, aber keine Abos anbieten? Und weshalb sollen gedruckte Zeitungen subventioniert werden – am Abend steht sowieso alles bereits im Internet von den gleichen Verlagen zur Verfügung gestellt, welche Bäume abholzen und physisch gedruckte Zeitungen durchs Land fergen mit den gleichen Inhalten, die dann 9 Stunden später auf dem Frühstücks-Tisch landen, während diese darin enthaltenen Nachrichten bereits wieder überholt sind. Das ist doch nur noch absurd und auch nicht mehr zeitgemäss. Zeitschriften und Bücher lese ich sehr gerne weiterhin gedruckt, aber bei News-Tageszeitungen bringen gedruckte Versionen wirklich nix mehr… Da sollte man auch keine Subventionen mehr hineinstecken, sondern auch hier geordnet liquidieren und voll auf «Online only» anstatt wie bisher «Online first» setzen.

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  2. Dominic Miller
    Dominic Miller sagte:

    Unfassbar, wie weit die Verlegerinnen und Verleger von ihrer Leserschaft (vulgo: ihrer Kundschaft) entfernt sind. Gewinne erwirtschaften, Corona-Subventionen annehmen, Dividenden ausschütten und trotzdem Subventionen erhalten wollen? Und dann allen Ernstes erstaunt sein, dass das Stimmvolk nicht goutiert? Oder wie CH Media sagen, man brauche diese Subventionen, weil man sonst in einigen Jahren rote Zahlen schreibe? Ja, um Himmels willen, was macht ein Unternehmer, wenn sich abzeichnet, dass er demnächst wirtschaftlich nicht mehr erfolgreich sein wird? Er senkt die Kosten, verbessert das Produkt – oder liquidiert geordnet. Aber nach Subventionen schreien ohne den Laden selber aufzuräumen kommt wirklich nur Verlegerinnen und Verleger in den Sinn… Wie gesagt: UNFASSBAR

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    • Rolf Karrer
      Rolf Karrer sagte:

      Interessanterweise gibt es da den Verleger Fredy Bayard, dem mehrheitlich die Mengis-Gruppe in Visp gehört. Er ist kein klassischer Verleger, sondern ein Kleiderhändler. Kürzlich hat der kleine, engagierte Mogul den„Walliser Boten“ saniert. Momentan ist er beschäftigt, das Gleiche beim “Bieler Tagblatt“ und „Journal du Jura“ zu tun. Ihm gehört auch das Lokalradio «Rottu».

      Hochachtung für Fredy Bayard und René Schuhmacher (K-Tipp). Sie scheinen die Antithesen von Peter Wanner zu sein.

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      • Adrian Venetz
        Adrian Venetz sagte:

        Von Antithese würde ich nicht sprechen. Der WB arbeitet eng mit CH Media zusammen. Entsprechend leidet mein Walliser Herz.

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  3. Niklaus Fehr
    Niklaus Fehr sagte:

    Oberflächlich betrachtet ist Christian Dorer der Hammer, einfach nur unterhaltend in seinen Kommentaren. Aber ich glaube das hat einen tragischen Hintergrund. Ich würde ihm Gefühlsblindheit/Narzissmus attestieren. Er merkt gar nicht was er mit seinen Äusserungen bewirkt. Aufgrund meiner eigenen Beobachtungen sind wahrscheinlich mehr als die offiziell vermuteten zehn Prozent der Bevölkerung davon betroffen. In Bereichen, wo Kommunikation gefordert wird ist er am falschen Ort. Mit seinem glattgebügelten Portrait hätte er in der Werbebranche als Traum aller Schwiegermütter bessere Chancen positiv wahrgenommen zu werden.

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  4. Victor Brunner
    Victor Brunner sagte:

    Die Resultate vom Wochenende haben gezeigt wie weit weg «Bern» von den Bürgerinnen ist. Die Bürgerlichen wie die Linken wollten einmal mehr wenige bevorzugen. Die Rechte mit Steuergerlassen, die Linke mit Steuergeldern. Bei beiden Vorlagen hätten wenige profitiert. Dummgelaufen!

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    • Beth Sager
      Beth Sager sagte:

      Die politischen Parteien müssten vermehrt über fair ausstaffierte Verträge nachdenken. Einen Erlass der wettbewerbsverzerrenden Stempelsteuer kann es nur geben, wenn beispielsweise die AHV-Besteuerung auf 80% gesenkt wird. Gibst du mir, so geb ich dir.

      Geben und nehmen in Päckli-Manier.

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      • Rolf Karrer
        Rolf Karrer sagte:

        Gehe mit ihnen einig. Das Ausbalancieren ist in unserem Parlament verloren gegangen. Diese „Päckli-Manier“ wird zukünftig noch wichtiger sein, um wirtschaftlich wettbewerbsfähig zu sein in der Schweiz. Die AHV-Revision müsste so zum Durchbruch verholfen werden.

        Diese AHV-Trödelei ist ein Anachronismus – und toxisch dazu.

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        • Mario Sacco
          Mario Sacco sagte:

          Die letzte AHV-Revision ist am 1. Januar 1997 in Kraft getreten.

          Auf eine neue, erfolgreiche 11. AHV-Revision warten wir somit seit 25 Jahren!

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    • Schorsch Baschi
      Schorsch Baschi sagte:

      Sie sollten, wenn Sie gendern wollen, dies auch entsprechend durchziehen: Bürgerlicheinnen und die Linkeinnen oder so. Dann geht es flott weiter mit den Rechtinnen. Aber nur halbbatzig gendern – so wird sich gendern durchsetzen. Aber noch besser und einfacher, weglassen diesen Müll, dann kann man die Zeilen wieder lesen.

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  5. Marcella Kunz
    Marcella Kunz sagte:

    Dorer ist eine Mischung aus Arroganz und Ignoranz, der seine Leser für dumm hält. Dass ein Boulevardblatt so regierungsfreundlich bis -nah daherkommt, dürfte in einem demokratischen Staat einzigartig sein. Aber letztlich ist er nur ein gutbesoldeter Befehlsempfänger, wie es jüngst öffentlich wurde.

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  6. Adrian Venetz
    Adrian Venetz sagte:

    Den Kommentar Dorers (und auch die Leserreaktionen) sollte man sich wirklich nicht entgehen lassen. Ist doch schön, wenn die neue Woche mit einem Lachkrampf beginnt.

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