Osterweiterung der NATO

Ein militärischer Konflikt um die Ukraine ist denkbar. Wer kennt die Hintergründe?

Wir sind bis ins letzte Detail über die Spesenabrechnungen von Pierin Vincenz informiert. Wir sind einigermassen über die Schwierigkeiten der Credit Suisse informiert.

Die Debatte um die Aufhebung der Corona-Massnahmen; wann, welche, zu früh, zu spät, falsch, richtig, hängt uns allen zum Hals raus.

In 24 Stunden könnte man mit dem Auto die Strecke Bern – Kiew zurücklegen (2221 km). Die Ukraine ist flächenmässig der grösste Staat Europas. Auch nachdem das Territorium de facto um rund 27’000 km² abgenommen hat, seit sich Russland wieder die Krim einverleibte. Die 1954 von der Russischen Sowjetrepublik an den Bruderstaat übergeben worden war, die Ukrainische Sozialistische Sowjetrepublik.

1991 erklärte sich die Ukraine während des Zerfalls der UdSSR für unabhängig. Erst 1996 wurde die Ukraine nach verschiedenen Sicherheitsabkommen atomwaffenfrei. Historisch Bewanderte erinnern sich noch an Orange Revolution, an Juschtschenko, Janukowytsch und Tymoschenko. Helden und Schurken, alle verglüht.

Seit einigen Wochen scheint Russland grössere Truppenverbände an der ukrainischen Grenze zu stationieren. Das wird von der Ukraine selbst, der NATO, den USA und diversen europäischen Staaten als bedrohlich empfunden. Die Ukraine ist aufgrund ihrer Grösse und Lage seit dem Zerfall der UdSSR ein Zankapfel zwischen der Russischen Föderation und dem Westen.

In welche Richtung sich orientieren, nach der Auflösung des Warschauer Pakts: Beitritt zur NATO oder nicht? In den turbulenten Zeiten der deutschen Wiedervereinigung, gefolgt vom Zusammenbruch der Sowjetunion, gab es lebhafte Diskussionen, ob eine Osterweiterung der NATO russische Sicherheitsinteressen tangieren könnte.

Gab es Zusicherungen gegen eine Osterweiterung der NATO?

Wurde damals dem sowjetischen Präsidenten Gorbatschow zugesichert, dass es keine Osterweiterung über das wiedervereinigte Deutschland hinaus geben würde? Oder bezogen sich solche Aussagen nur auf das Territorium der DDR, während der Warschauer Pakt noch existierte (er löste sich 1991 auf)?

Das westliche Militärbündnis NATO umfasst aktuell 30 Staaten. 1999 traten Polen, Tschechien und Ungarn bei. 2004 folgten Bulgarien, Estland, Lettland, Litauen, Rumänien, Slowakei und Slowenien, 2009 Albanien und Kroatien. Schliesslich kamen noch Montenegro und Nordmazedonien dazu.

Ausser den Staaten von Ex-Jugoslawien alles früher Mitglieder des östlichen Verteidigungspakts. Nun ist es nicht wirklich so, dass Russland oder die UdSSR einige Male Europa überfallen hätte. Umgekehrt war das schon so, herausragend Napoleon und Hitler.

Der russische Präsident spricht nun von einer Bedrohungslage und will westliche Zusicherungen, dass die Ukraine nicht in die NATO eintritt. Das ist eine Einmischung in innere Angelegenheiten des Staates, aber Grossmächte machen solche Sachen. Angesichts der Geschichte der letzten 200 Jahren ist sein Sicherheitsbedürfnis nicht ganz unverständlich.

Das ein kurzer historischer Abriss. Nun ist ZACKBUM kein Kompetenzzentrum für das Thema Ukraine. Aber: die uns zugänglichen Medien in der Schweiz, Deutschland und Österreich sind nicht in der Lage, die Komplexität dieses Konflikts den Lesern verständlich darzulegen.

Lieber Klischees als Analyse

Es wird lieber mit den üblichen Klischees des bösartigen, machtgierigen Diktators Putin gespielt. Er ist sicherlich kein lupenreiner Demokrat, wie ihn der deutsche Ex-Bundeskanzler Schröder mal bezeichnete. Aber es wäre doch die Aufgabe der ach so wichtigen Vierten Gewalt, hier Erklärung, Analyse, Einordnung zu liefern. Eine Auslegeordnung, aufgrund derer sich der Leser eine eigene Meinung bilden kann.

Sich zum Beispiel die Frage stellen dürfte, wieso es okay ist, wenn der US-Präsident Biden die Entsendung weiterer Truppen nach Polen und anderswo ankündigt. Russland aber aufgefordert wird, Truppen innerhalb des eigenen Territoriums zu verschieben. Der Leser könnte sich auch die Frage stellen, ob die harsche Kritik an der deutschen Weigerung berechtigt ist, der Ukraine Waffen zu liefern.

Holzschnittartige Schablonen haben den Vorteil, vermeintlich einfache Orientierungshilfe, Welterklärungsmodelle zu liefern. Nur haben die den kleinen Nachteil, eher wenig mit der realen Welt zu tun zu haben.

Zu erklären, dass Donald Trump ein gefährlicher Irrer als Präsident war, das war entschieden einfacher als zu erklären, wieso er denn dann gewählt wurde. Zu erklären, dass Putin ein gefährlicher Irrer ist, das ist entschieden einfacher als zu erklären, was denn seine Motive sind.

Wäre Aufgabe von Qualitätsmedien, die ihren Namen und Steuergelder verdienen.

 

 

 

15 Kommentare
  1. René Küng
    René Küng sagte:

    Ziemlicher Aufruhr im zackbum Gehege. Aber das ist verständlich, wenn das ’neutrale› Weltverständnis von uns Schweizern mit unserer Realität als USArschkriechern kollidiert:
    seit bald zwei Jahren forciert die NATO (nato who?) Manöver an der östlichsten europäischen Grenze der US-Einspritz-Sphäre, mit dem ganzen traditionellen Kriegs-Instrumentarium, vor der Haustüre der Russen.
    Option B vielleicht, wenn der Feldzug gegen die ‹freie› Welt mit ihren Pharma-Bomben fehl schlägt, immer gut, wenn Terror dann mit andern Mitteln aufrecht erhalten werden kann.
    Herr Streuli lesen, Herr Venzago, dann wissen Sie vielleicht etwas mehr, wer denn seit 100 Jahren der aktivste Aggressor war, global, – inklusive den von US-Kapital aufgebauten Adolf-Armeen damals, die Russland und den Kommunismus klein halten sollten.
    Und auf’s Lokale bezogen: tut mir leid Frau Sager, aber die Lehrerschaft muss ich nicht madig machen.
    Die machen sich seit zwei Jahren in ganz alleiniger Traurigkeit selber sowas von madig – Petzer, Denunzianten, ängstliche Heulsusen, die flächendeckend Kinder traumatisieren anstatt Kinder zu schützen vor Virus-hyperventilierenden Erwachsenen. Ein ganz, ganz trauriges Kapitel, übertroffen nur noch von der Ärzteschaft…..
    Es sind leider immer noch eine verschwindend kleine Zahl von mutigen Ärzten, die noch ein Gewissen haben https://aletheia-scimed.ch

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    • René Küng
      René Küng sagte:

      Intensivstationen-Auslastung im Kanton Zürich
      Punkto der Lehrerschaft, die sich so doll für die Kinder einsetzt, hier eine aktuelle Meldung:

      1. Im Kanton Zürich gibt es zurzeit kein Kind, dass wegen Corona auf der IPS liegt. Trotzdem werden die Kinder immer noch täglich mit schädlichen Masken und sinnlosem Testen gequält.

      Nicht der einzige Grund, wieso es schwer fällt, gut gelaunt zu sein.

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  2. Sebastian Ramspeck
    Sebastian Ramspeck sagte:

    Nach dem Untergang der Sowjetunion überliess die Ukraine die auf ihrem Gebiet stationierten Atomwaffen der Russischen Föderation; im Gegenzug anerkannte Russland die territoriale Integrität der Ukraine einschliesslich Krim-Halbinsel. Festgehalten im Budapester Memorandum von 1994. Es war Putin, der diesen Deal mit der Krim-Annexion zunichte machte.

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    • Rolf Karrer
      Rolf Karrer sagte:

      Bin sehr dankbar für ihre bedeutsamen Anmerkungen Herr Ramspeck. Die Nuklearköpfe würden sich wohl noch heute auf dem Territorium der Ukraine befinden, ohne seinerzeitiges OSCE-Abkommen. Interessant übrigens, weshalb dieser Sachverhalt in allen Medien total unterschlagen wird. Unerklärlich in der Tat.

      Auch Putin-Versteher Roger Köppel blended diese Thematik mit den Atomwaffen, in seinem wochentäglichen Exkurs immer aus. Anstatt seine aufgesetzte gute Laune zu zeigen, sollte er sich viel eher diesem Memorandum dieser OSCE-Konferenz annehmen. Erschreckend, wie er sich bloss auf oberflächliche, manipulative Wortfetzen festlegt.

      https://en.m.wikipedia.org/wiki/Budapest_Memorandum_on_Security_Assurances

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  3. Hans von Atzigen
    Hans von Atzigen sagte:

    Angst —Mediengesetz- frisst Panik, der Blick -aktuell- will nicht mehr Covid-19 spielen.
    Russland-UDSSR.
    Jeder 2.Tote inklsive Zifilisten des 2.WK war UDSSR Bürger.
    Die erste Abwehrfront miserabel geführt und Ausgerüstet wurde aus
    Russen und Ukrainern gebildet, die Verluste absolut verheerend.
    Der Gegenschlag wurde mit Reserven von hinter dem Ural resp.
    der Linie hinter Moskau und der Südflanke der UDSSR aufgestellt.
    Nachvollziehbar dieser Blutzoll samt Stalinterror, stekt den Russen
    bis heute in den Knochen, und beinflusst deren Denken und Wahrnehmung.

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  4. Jürg Streuli
    Jürg Streuli sagte:

    Die von den USA orchestrierte Hetze gegen Russland gefährdet den Weltfrieden. Russland soll propagandistisch verteufelt und militärisch eingekreist werden. Die Amis haben bei der Anwendung dieses Rezeptes mit Ländern wie Vietnam und Irak grosse Erfahrungen gesammelt. Danach folgen dann Tod und Zerstörung. Die Presse mischt völlig unkritisch mit. Heute wird Russland im Schwarzen Meer mit Kriegsschiffen der USA, England und Spanien und im Baltikum mit NATO-Truppenmanövern provoziert. In Norwegen dem Vasallen der USA in Skandinavien wurden bei Trondheim ständig B52-Bomber stationiert. Sie provozieren die Russen mit Flügen vor Murmansk und der Kola-Halbinsel. Im März wird im norwegischen Porsanger-Fjord nahe der Grenze zu Russland ein Grossmanöver der NATO mit Beteiligung von zwei Flugzeugträgern durchgeführt. Aus Sicht von Moskau soll Russland erneut von Süden bis Norden militärisch eingekreist werden. In diesem Nervenkrieg genügen eine Provokation und ein Missverständnis damit Krieg losbricht. Nach Asien und Arabien nehmen die westlichen Strategen dies jetzt offenbar für Europa in Kauf.

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  5. Didier Venzago
    Didier Venzago sagte:

    Ja sie haben recht. Die westlichen Medien verbreiten auffallend ähnliche Bedrohungsszenarios über Russland. Einseitig und holzschnittartig wie das halt so bei gelenkten Kampagnen der Fall ist. Warum auch immer. Putin wird sich evtl. im besten Fall die Seperatistengebiete einverleiben. Im schlimmsten Fall und wenn er schlecht genug beraten ist, versuchen die ganze Uraine zu erobern. Was aber keinen Sinn macht, da die grosse Mehrheit der Ukrainer auf keinen Fall zurück zu Russland will. Weiter zündeln und destabilisieren macht hier für die Russen mehr Sinn. Obwohl dier Westen ausser Helme und Sanitätsmaterial zu schicken wohl im Ernstfall militärisch nichts machen würde. Sie allerdings Herr Zeyer beweisen mit Ihrer Aussage das Russland/UDSSR nie Europa angegriffen hat, dass Sie im Geschichtsunterricht in der Schule gepennt haben. Polen 1921, Polen 1939, Finnland 1939, Baltikum 1939, Bessarabien 1940, Ungarn 1956, Tchechoslowakei 1968. Nie anggegriffen? Da kann man als Geschichtslehrer nur rufen „Zeyer aufwachen“.

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    • René Küng
      René Küng sagte:

      Herr Geschichtslehrer, bin kein Freund von Einmärschen der Russen in Ungarn, Tschechei, Adolf in Polen, den grossen ‹Freunden der Freiheit› aus Washington in …..
      (wie lang hätten Sie die Liste denn gern?).
      Aber bevor sie so rumbellen als Geschichtslehrer sollten sie mal Geographie, oder Geo-Politik mit einbeziehen: Ihre Angriffe der Russen auf den ‹Westen› waren in deren Politik-Verständnis Macht-Demonstrationen und Macht-Erhaltung in ihren Sphären.
      Halt die übliche Scheisse dieser Welt.
      Aber sie verwursteln einfach alles in ihr etwas einfach gestricktes Lehrer-Weltbild. Passt verdammt gut zum Lehrer- und Pädagogen-Niveau dieser Berufsgruppe 2022.
      Maske aufsetzen, oberhalb der Nase, Stöpsel in die Ohren (mit SRF Beschallung) und Nase zuhalten, wenn’s ringsum stinkt, auch vom Gschmäckle in den eigenen Hosen als ungeheuer gefährdete Berufsgruppe….
      Entschuldigung, bin heute etwas schlecht aufgelegt, wenn ich solches Gedudel lese und wir nicht merken, dass die Kriegstreiber wieder Hoch-Konjunktur haben. Weil die Virus-Kriegsform so dreist-dumm aufgezogen wurde, dass es allmählich sogar den hochverbildeten Akademikern schwant, dass und wie verbrecherisch die Menschen verschaukelt werden sollten.

      Aufwachen WER?

      Antworten
      • Beth Sager
        Beth Sager sagte:

        Herr (schlecht aufgelegter) René Küng, machen sie mir doch bitte die Lehrerschaft nicht madig. Von „bellen“ ist da wirklich keine Spur. Ja diese sogenannte „Geo Politik“ist die Klammer und das Synonym für etliches Unheil.

        Bald haben wir Covid hinter uns und wir können hoffentlich unser Scope wieder erweitern.

        Antworten
      • Didier Venzago
        Didier Venzago sagte:

        Jetzt lassen Sie mich ratlos Herr Küng. Was genau wollten Sie erwidern oder sagen? Gerne würde ich auf eine fundierte auf den Punkt gebrachte Kritik antworten.

        Antworten
      • Bea Kocher
        Bea Kocher sagte:

        Bitte Herr Küng lesen sie doch ihren Überschwang von Ansichten immer RUHIG und BESONNEN durch.

        Ihr Eingeständnis ihrer schlechte Laune dürfen sie nicht an Herrn Venzago ausleben lassen.

        Antworten
      • Benno Derungs
        Benno Derungs sagte:

        Gegründet wurde die NATO im April 1949, weil es zwischen den USA im Westen und der Sowjetunion mit Russland im Osten der Welt eine große Feindschaft gab. Beide haben jeweils viele andere Länder auf ihre Seite gezogen, indem sie mit ihnen Bündnisse schlossen. Die USA mit der NATO und die Sowjetunion mit dem Warschauer Pakt (gegründet 1955).

        Wäre diese Sowjetunion nicht im Jahre 1991 wegen ihrer Misswirtschaft zusammengekracht, so gäbe es diese beiden Bündnisse wohl noch heute.

        Ihr fingerpointing bezüglich Aggressor äusserst fragwürdig und unausgewogen. Die Herren Ramspeck und Venzago bringen einen interessanten geschichtlichen Input dazu. Ich bedanke mich bei ihnen.

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    • Eveline Maier
      Eveline Maier sagte:

      Unvergessen geblieben. Als junges Schulmädchen lief ich 1968 an einer Kundgebung in der Stadt Zürich mit und skandierte laut „ Dubček Svoboda“. Dies nach dem Einmarsch der Warschauer-Pakt-Staaten in die ČSSR am 20./21. August 1968 und der Arrestierung der tschechoslowakischen Politiker Alexander Dubček und Ludvík Svoboda.

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  6. Tim Meier
    Tim Meier sagte:

    Wer vom vermeintlich gefährlichen Irren schwadroniert und beim offensichtlich Senilen auf die drei Affen macht, kann nicht mehr ernst genommen werden.
    Die Auslandberichterstattung der Tamedia-Blätter wird von der SZ übernommen und zeigt die deutsche Sicht. Da geht die lächerliche Lieferung von 5000 deutschen Helmen an die Ukraine anstelle der gewünschten Waffen halt «vergessen».
    Dass die ehemaligen Satellitenstaaten der UdSSR sich gerne unter den NATO-Schutzschirm begeben, wer kann ihnen das verübeln? Als eine der wenigen Quellen in militärischen Fragen dient diese hier: https://bulletin-1.ch/biss-der-gewaltige-artillerie-aufmarsch/.

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