Lokaljournalist Strahm

Typisch Tamedia: starke Meinung, schwache Kenntnis. Und gnadenlos parteiisch.

Der ehemalige Preisüberwacher und SP-Politiker Rudolf Strahm bricht im Tagi eine Lanze für das Mediengesetz. Titel: «Die Lokalzeitungen sind in Gefahr». Das Schattenboxen um dieses Gesetz, so Strahm, erscheine «geradezu schleierhaft», und die Opposition dagegen führe ein «längst vergessener FDP-Hinterbänkler-Nationalrat». Strahm ist es natürlich von Herzen gegönnt, dass er mit seinen 78 Jahren noch längst nicht zu den Vergessenen gehört, sondern sich weiterhin im Licht der Öffentlichkeit sonnen darf, wo seine Eitelkeit sanft gestreichelt wird. «Geradezu schleierhaft» ist allerdings auch die Antwort auf die Frage, weshalb der SP-Mann plötzlich kompetent genug ist, über den Zustand und die Zukunft von Lokalzeitungen zu dozieren.

Kennt der 78-Jährige Ofenbänkler Lokalzeitungen von innen?

Von Preisüberwachung hat ZACKBUM wenig Ahnung, aber wir kennen wohl mehr Lokaljournalisten als Strahm. Wenn dieser nun behauptet, die Lokalzeitungen seien «in Gefahr», dann empfehlen wir ihm, zum Beispiel eine Regionalausgabe der «Luzerner Zeitung» vor 20 Jahren mit einer aktuellen Ausgabe zu vergleichen. Zwei Dinge werden ihm auffallen. Erstens: Es hat weniger Inserate. Zweitens: Qualität und Umfang der regionalen Berichterstattung haben massiv abgenommen. Sonst aber wird ihm nichts auffallen.

Und genau das ist der springende Punkt: null Innovation, null Risikobereitschaft. Nur Abbau und Sparmassnahmen. Die traditionellen Lokalzeitungen sind nicht «in Gefahr». Sie vegetieren mutlos vor sich dahin. Wenn sogar der publizistische Leiter von CH Media die Regionalzeitungen als Abfallprodukt bezeichnet, müssen wir uns schon fragen, ob Gelder der öffentlichen Hand hier sinnvoll angelegt wären. (Mit Sendungen wie «Die Bacherlorette» oder «Mein peinlichster Sex-Unfall» liefert CH Media wenigstens im Fernsehen noch Qualität auf Höchstniveau.)

Pathetisch, aber kreuzfalsch

Strahm schreibt:

«Die existenziell berührenden News aus unserem Lebensumfeld erhalten wir nur über die vielfältigen lokalen und regionalen Medien. Beim Mediengesetz geht es um sie

Schön und pathetisch formuliert, Herr Strahm, aber leider kreuzfalsch. Beispiel? Das lokale Online-Portal «Die Ostschweiz»*, in drei Jahren von null auf eine Million Visitors pro Monat und damit grösser als «Tagblatt» und Co. im Netz. Diese innovative Neuschöpfung bekäme keinen Rappen, der CH-Media-Koloss für seine «Luzerner Zeitung» und sein «Tagblatt» dagegen schon. Ist das in Ordnung, Herr Strahm?

Die verbleibenden medienkritischen (oder zumindest die Medien beobachtenden) Plattformen wie persoenlich.com, «Medienwoche» oder ZACKBUM bekämen auch keinen Rappen. Ebenso wenig «Infosperber». Für das Gesinnungsmagazin «Republik» hingegen wurde eine Sonderlösung gefunden. Ist das in Ordnung?

Faktencheck im Sinne des Preisüberwachers

Das Referendumskomitee gegen das Medienförderungsgesetz hat sich die Mühe eines Faktenchecks gemacht. Zur Behauptung, dass diese Förderung vor allem kleinen Lokalmedien zugute käme. Ergebnis:

«Nimmt man die «Top Ten» der Verlage, dann kassieren diese zusammen weit über 80 Prozent der Subventionen. Vor diesem Hintergrund das «Massnahmenpaket zugunsten der Medien» als Vorlage für die kleinen und mittleren Verlage zu bezeichnen, hält dem Faktencheck nicht Stand.»

Ein letzter Punkt: Hansi Voigt hat den Tagi-Artikel von Strahm stante pede auf Twitter gelobt. Wer sich gegen das Mediengesetz stemme, gehöre laut Voigt zu den «Demagogen», die mit «Volksverdummung viel am Hut haben». ZACKBUM nimmt Strahm nicht übel, dass er trotz fehlender Einsicht in den Lokaljournalismus über Lokaljournalismus referiert – auf dass er nicht zu den längst Vergessenen gehört. Dass er aber von Leuten wie Hansi Voigt beklatscht wird, sollte ihm zu denken geben.

Alles andere als intelligent: Voigt.

Dieser Bruchpilot und Heuchler hat die Gegner der Milliardensubvention auch schon als «Freund:innen des Faschismus» beschimpft. Als diese Rüpelei auf Gegenwind stiess, verlor Amok Voigt völlig die Kontrolle über die Sprache:

«Zur Info: Mein Tweet, der Formulierung „Freund:innen des Faschismus“ in Zusammenhang mit Mediengesetzreferendum gebracht hat, ist gelöscht Es ging nicht darum, alle Referendumsgegner zu verunglimpfen. Ich wollte ausdrücken, dass sich auch (!) ganz rechte Kreise im Umfeld tummeln.»

Dabei wollte er wohl nicht die Referendumsgegner verunglimpfen, sondern die Unterstützer…

Wer etwas schreibt oder äussert, das von Voigt applaudiert wird, weiss inzwischen, dass er einen schrecklichen Fehler gemacht hat.

*Packungsbeilage: René Zeyer schreibt regelmässig für «Die Ostschweiz».

 

 

6 Kommentare
  1. Victor Brunner
    Victor Brunner sagte:

    Strahm, den ich sonst sehr schätze, hat geschrieben wie ein «eingetteter» Journalist. Entgegen seiner Art wird er schon im ersten Abschnitt gegenüber Weigelt polemisch! Weil er kein SP Mann ist?

    Immerhin gibt er zu dass TAmedia mit 11% von den Geldern profitiert. Ausgerechnet TAmedia, der Konzern der am meisen dazu tut die Pressevielfalt in der Schweiz einzudampfen, der Konzern der auch während Corona Gewinne schreibt, der Konzern der von der SZ aus München abhängig ist, der auf den Redaktionsstuben nur noch MainstreamjournalistenInnen will, Gute werden zu Free Lancer degradiert, die ganz Guten verlassen den Konzern, zurück bleibt die Abnickergilde und Schwurbler. Man lese heute den Schwurblerleitartikel von Stäuble. Besser kann ein CR seinen begrenzten Fokus nicht dokumentieren (wahrscheinlich kam der Input aus München nicht rechzeitig), der Artikel hat nicht einmal Lokalzeitungsformat. Passend dazu die solala-Karikatur von Schaad.

    Strahm ist ein typischer Linker, ein Etatist. Möglichst viel vom Staat, wenig Innovation, wenig Eigenleistung, aber im Falle der Medien immer von Unabhängigkeit schwafeln, die seit 1849 nicht mehr ganz stimmt. Damals haben die freisinnigen Etatisten beigetragen als sie ihre dominierende Macht festigen wollten! Dass in der Schweiz Tausende Betriebe sich täglich dem Markt stellen müssen, ohne Unterstützung vom Bund, verschweigt er tunlichst. Er ist in den Medien gut «eingebettet!».

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  2. Adrian Venetz
    Adrian Venetz sagte:

    Interessantes aus der Strategie «CH Media 2025»:
    «Zum Bereich Publishing gehören die Bezahlzeitungen sowie die Anzeiger. Ziel in diesem Bereich ist es, mittelfristig die Printzeitung in ein erfolgreiches, digitales Angebot zu überführen.»
    Im Klartext: Die Pläne fürs Einstampfen der gedruckten Tageszeitung liegen bereits auf dem Tisch. Im vergangenen Jahr hat CH Media einen satten Gewinn von mehr als 22 Millionen Franken gemacht. Es darf sich nun jeder selbst Gedanken machen, ob die öffentliche Hand diesem Medienhaus tatsächlich mit Fördergeld, das notabene mindestens sieben Jahre lang fliesst, unter die Arme greifen muss. Vielleicht kann Herr Voigt einem Faschisten wie mir das erklären?

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    • Beat Morf
      Beat Morf sagte:

      Da werden Sie wohl enttäuscht. Voigt ist schon mit seinem eigenen Leben überfordert. Den Zusammenhang von Dividendensicherung für die Aktionäre mittels Steuergeldern, sieht er nie im Leben. Dann mit einem der vielen Totengräber des Qualitätsjournalismus über eben dieses Thema zu sprechen ist absolut sinnbefreit. Als Ersatz biete ich Ihnen meinen Hund für dieses Gespräch an; der versteht auch nichts!

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      • Adrian Venetz
        Adrian Venetz sagte:

        Danke, hab selber zwei. Wie sinnvoll das Mediengesetz ist, sähe man wohl erst, wenn ein Medien-CEO sich dezidiert für Regierungstreue ausspricht. Oh, Moment…

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