Und Er heisst Köppel?

Der Mann kann was. Aber er ist nicht allmächtig.

Was über alles für Roger Köppel spricht: er ist der einzige Verleger, Herausgeber, Besitzer und Chefredaktor, den man in seinem eigenen Blatt kritisieren kann. Das schreibt ZACKBUM völlig schleimfrei, weil nicht nur wir das schon tun durften. Denn sein Kriterium ist einzig: wenn’s gut und anregend geschrieben ist, hat’s Platz in seiner «Weltwoche».

Allerdings verkörpert er auch als Einziger eine solche Personalunion und damit Machtvielfalt, sozusagen seine eigene Dreifaltigkeit. Hier kann kein Verleger, und erst recht kein Besitzer dem Chefredaktor sagen: lass den Quatsch, sonst knallt’s. Wenn schon, dann knallt’s unter ihm. So hat er nicht immer ein glückliches Händchen bei der Auswahl seiner Mitarbeiter oder gar Stellvertreter. Kenneth Angst, gerade nach einer üblen Affäre bei der NZZ in hohem Bogen herausgeflogen, denn deren Firmen-Kreditkarte sollte man nicht unbedingt im Rotlichtmilieu missbrauchen, konnte er bei der WeWo an Bord gehen. Kurzer Ausflug.

Viel länger hielt sich Philipp Gut auf dem Posten. Solidarisch, treu, Köppel konnte «fass» sagen, und Gut schnappte zu, verbiss sich und liess nie mehr los. Selbst Gerichtsurteile konnten ihn davon nicht abhalten. Dann zackiger Abgang, «nicht ganz freiwillig» mehr weiss man nicht. Auch hier: keine übergeordnete Kraft, die Köppel mal kurz in den Senkel stellte.

Die Auswahl des Personals ist nicht seine Kernkompetenz 

Auch Hanspeter Born (Toast Hawaii), wohl der einzige Journalist der Welt, der einen Täter freigeschrieben hat, kommt auch nach seiner Pensionierung immer wieder zu Gastauftritten. Urs Gehriger, mehrfach des Plagiats überführter «Auslandchef», echter Groupie von Donald Trump (und dessen Frau!): beim wiederholten Mal ein strenger Blick von oben, angebliches Opfer «interner Massnahmen», aber sonst: weiter so, Ausland ist weitgehend gegendarstellungsfrei, weiss man doch.

Dann füllt sich das Blatt mit der Krankheit Kolumnitis wie kein zweites. Darunter edle Federn, aber auch Abgehalftertes wie Hansrudolf Kamer, pensionierter Auslandchef der NZZ, mitten im Abklingbecken von ehemaligen Weltenordnern. Andreas Honegger, ehemaliger Zürich-Chef des Weltblatts, der schon damals sehr viel Zeit in Restaurants verbrachte. Oder Anabel Schunke, Postergirl von achgut.de und anderen Selbstbestätigungsplattformen. Claudia Schumacher, die das letzte Tröpfchen Langeweile aus dem Thema Liebe, Beziehungen und Sex rauspresst. Ganz zu schweigen von Tamara Wernli, die flacher als ein Blatt Papier schreibt.

Aber den Vogel schiesst Köppel gerade mit einem Wiederholungstäter ab. Das muss man schon beinahe pathologisch nennen. Denn Tom Kummer begleitet ihn schon seit vielen Jahren. Bereits im «Magazin» des «Tages-Anzeiger» durfte das Relotius-Vorbild seine Lügen- und Fakestorys veröffentlichen. Den Kollegen von der Süddeutschen kostete das den Job.

Und immer wieder grüsst der Faker

Nichtsdestotrotz bekam Kummer weitere Chancen in der WeWo. Und füllte das Blatt, wen wundert’s, mit Fake News. Resozialisierung, zweite Chance, Köppel war ganz als Mutter Theresa gestimmt. Und wieder fehlte ein Vorgesetzter, der ein Machtwort sprach: Köppel, lass den Quatsch. Kummer flog, Kummer fliegt wieder hinein. Und Köppel wird ein weiteres Mal auf die Schnauze fliegen, das ist so sicher wie das Amen in der Kirche.

Checks and Balances ist nicht nur in der Politik eine gute Sache. Wenn das fehlt, kommt es hierzu:

«Wir freuen uns, Ihnen den Berner Schriftsteller Tom Kummer als neuen freien Mitarbeiter der Weltwoche vorstellen zu dürfen.»

Der soll angeblich einen Sohn haben, der in New York wohne, wo ihn Kummer besucht habe. Das schlägt nun alles.

Dem glaubt man nicht mal ein Selfie:
das soll Tom Kummer sein, möglicherweise vor Fototapete.

Schliesslich fehlt eine leitende Hand von oben, um Köppel vor sich selbst zu schützen. Denn der Workoholic mit täglichem Morgengrauen-Videocast, der unermüdliche Schaffer und Schreiber, der mehr Energie im kleinen Finger hat als ganze Redaktionen in allen Händen, schreibt auch ein markig mit «R.K.» gezeichnetes Editorial.

Eigentlich immer seiner nach Jahren etwas ausgeleierten Doktrin folgend: gegen den Strom. Was alle gut finden, finden wir aus Prinzip schlecht. Wenn alle Donald Trump bashen, entdecken wir seine staatsmännischen Seiten. Wenn alle Steve Bannon für einen geschwätzigen Vollidioten halten, der es sogar schafft, sich selbst aus rechtsgewirkten Plattformen zu kübeln, dann laden wir den nach Zürich ein und wollen uns in seiner aschgrauen Sonne glänzen sehen.

Auch ein Gottgleicher kann nicht alles

Vor allem aber, wenn es philosophisch wird, spielt Köppel leider ziemlich oberhalb seiner geistigen Gehaltsklasse. So bezeichnet er in seinem jüngsten Editorial den tief angebräunten Schwulstschwätzer aus dem Schwarzwald, den ehemaligen Nazi-Rektor und Lobhudel der braunen Pest, also den völlig zu Recht bis heute verfemten Martin Heidegger, als «Über-Philosophen», als «enttäuschten Katholiken», der nie über Nietzsche hinweggekommen sei.

Dabei ist dessen mystisches Geraune über Gesamtzusammenhänge der Welt als «Geviert» zutiefst kontaminiert durch seine NSDAP-Mitgliedschaft von 1933 bis 1945. Als Rektor der Freiburger Universität (und Nachfolger eines SPD-Rektors) salbaderte er über «Grösse und Herrlichkeit des Aufbruchs» der Nazis, war unbedingter Anhänger des Führerkults und mit einem Wort ein in der Wolle gefärbter Faschist.

Bis heute eigentlich nicht zitierfähig, abgesehen davon, dass sein schwülstiges Werk schwer verständlich ist und ohne Verluste an Erkenntnis ignoriert werden kann. Aber das ist für Köppel leider nur die Einleitung zu seinem eigenen Glaubensbekenntnis:

«Ich behaupte: es muss eine gütige Vorsehung geben, einen gnädigen Gott.»

Der Pfarrer von der Kanzel könnte es nicht besser: «Spielt es eine Rolle, ob wir an Gott glauben? Gottseidank glaubt Gott an uns.» Um mit einem urbi et orbi zu schliessen: «Fürchtet euch nicht. Bald ist Weihnachten.»

Nun ist Glauben Privatsache. Schon Bob Dylan sang:

But you’re gonna have to serve somebody, yes indeed
You’re gonna have to serve somebody
Well, it may be the devil or it may be the Lord
But you’re gonna have to serve somebody

Aus dieser Verirrung kam er dann auch wieder heraus, damals besass er noch eine Singstimme, und zusammen mit Mark Knopfler war das ganz schön rhythmisch inszeniert. Bei Köppel muss man bedauern, dass er selbst gottgleich über seiner Redaktion thront. Die darf zwar schon widersprechen, so ist’s nicht. Aber vor und nach Weihnachten entscheidet dann nur einer.

The Man. The Boss. Der, der keinen über sich hat und sich vor keiner Fehlentscheidung fürchtet.

 

Packungsbeilage: René Zeyer schreibt mehr oder minder regelmässig in der «Weltwoche». Weniger über Gott, mehr über die Welt.

13 Kommentare
  1. Victor Brunner
    Victor Brunner sagte:

    Köppel ist ein Blender, als Politker, als CR dessen WW immer mehr an Format verliert. Wie TAmedia immer mehr Gesellschaftsquatsch, Dr. Sommer lässt grüssen und Artikelimport aus D. Nächstens als Beilage Schnittmusterbogen!

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  2. René Zeyer
    René Zeyer sagte:

    Red. Wir weisen wieder warnend darauf hin, dass nun Replik und Duplik ausgereizt ist; gerne werden weitere Kommentare zum Inhalt des Artikels veröffentlicht …

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  3. Simon Ronner
    Simon Ronner sagte:

    Kein Journalist hat so viele erbitterte Neider in seiner Zunft wie Roger Köppel. Siehe gleich hier in den Kommentaren von Adrian Venetz: «Was dann im Text steht, weiss man auswendig.», «Für mich geht das eher in Richtung Völlerei.» Herr Venetz: Das ist überheblich, oberflächlich und kindisch. Sie können RK in keiner Art und Weise das Wasser reichen.

    Da möchte man sich die abgründigen Hassfantasien bei Tamedia oder SRF gegen RK lieber nicht vorstellen.

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    • Adrian Venetz
      Adrian Venetz sagte:

      Sie haben völlig recht, Herr Ronner. Ganz tief aus meinem Herzen spricht der Neid. Dass Sie mich einmal mehr auf den Pfad der Weisheit bringen, rechne ich Ihnen hoch an.

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  4. Mathias Wyss
    Mathias Wyss sagte:

    Roger Köppel handelt nach seiner Überzeugung, lässt sich nicht von Kritikern und Miesmachern beeindrucken oder gar beeinflussen. Er schreibt (und lässt schreiben) nicht für andere Journalisten, wie das sonst der Brauch ist in der Gilde. Während andere Medien laufend Leistungen und Personal abbauen, investiert er in Print und Online.
    Hermann Hesse: «Es ist sehr schade, daß der Eigensinn so wenig beliebt ist! Genießt er irgendwelche Achtung? O nein, er gilt sogar für ein Laster oder doch für eine bedauerliche Unart.»

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  5. Jürg Streuli
    Jürg Streuli sagte:

    Roger Köppel ist ein sehr intelligenter Tausendsassa. Seine klaren Meinungen heben sich erfreulich ab vom Einheitsbrei der verblödeten linken Journaille. Der vorauseilenden Erfüllungsgehilfen der sozialistischen SED pardon unseres BAG unter Führung des unfehlbaren Alain Berset. Das Einzige was mich bei Roger Köppel stört, ist die ständige penetrant inszenierte „Gute Laune“ bei Weltwoche Daily. Der noch nicht ganz erwachte Zuschauer wird damit förmlich erschlagen. Die Eröffnung kippt manchmal beinahe zum Sauglattismus. Dies hätte Roger Köppel nicht nötig und es passt wenig zu den folgenden ernsthaften Themen.

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  6. Adrian Venetz
    Adrian Venetz sagte:

    Hab früher die Wewo gern gelesen. Jetzt hab ich sie meist in 10 Minuten durch. Kurz Headlines anschauen. Was dann im Text steht, weiss man auswendig.

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  7. Gerold Ott
    Gerold Ott sagte:

    Borniertheit und Starrköpfigkeit, getarnt mit Freiheitsliebe. Vielleicht sollte der mehrfach geimpfte Schwurbler Roger Köppel erwachsen werden. Redet von Freiheit, meint dabei aber immer nur sich.

    Er scheint auch gar keine Selbstzweifel zu haben: In seinem Morgenblog vom 13.12.2021 sagte er gleich 2x, dass er ein „professioneller Kommunikator“ wäre.

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