Geschützte Werkstatt

Schon mal swissinfo gehört? Nein? Nun gut, vielleicht kein Auslandschweizer.

So macht das Informieren Spass. 2020 betrug der Gesamtaufwand von swissinfo genau 18,354 Millionen Franken. Der Gesamtertrag 18,354 Millionen. Das ergibt ein Unternehmensergebnis von 0.

Davon auf einen Inhalt von 0 zu schliessen, das wäre natürlich nassforsch. Swissinfo wurde 1935 als «Schweizer Radio International» gegründet, angeflanscht an die Schweizerische Rundspruchgesellschaft SRG. Zweifache Aufgabe: Auslandschweizer über ihre Heimat informieren und Schweizer Präsenz im Ausland markieren.

2005 hatte swissinfo ein Nahtoderlebnis. Der Dienst hätte schwer gestutzt werden sollen. Angebot nur mehr auf Englisch und in den Landessprachen, je ein zuständiger Redaktor. Schlank und rank aufgestellt, mit allen Synergien hätte man das Angebot für eine halbe Kiste jährlich schaukeln können.

Warum schlank und billig, wenn’s auch dick und teuer geht?

Aber so geht es in Staatsmedien ja nicht. Pardon, in staatsunabhängigen, aber zwangsfinanzierten Medien. Pardon, in völlig unabhängig-objektiven Gebührensendern. Also blieb swissinfo dick und gefrässig und baute das Angebot aus; heutzutage wird in zehn  Sprachen gesendet.

Die Kosten dafür teilen sich die SRG und der Bund fast 50 zu 50. Schöner Vorteil für swissinfo: wer zwei Herren hat, kann eigentlich machen, was er will.

Bei swissinfo werkeln total 106 Mitarbeiter (wir verwenden weiterhin das generische Maskulinum, wenn’s recht ist). Das sind immerhin doppelt so viele wie bei der «Republik». 11 davon bilden das «Kader». Denn so ein Tanker braucht Führungskräfte. Qualifizierte Führungskräfte. Angeführt von der Direktorin Larissa M. Bieler.

Chefredaktion, Direktion, Qualifikation: Bieler.

Wir sind für Frauenförderung, absolut. Wir bewundern eine Flight Attendant, die nach dem Swissair-Grounding umsattelte, als freie Journalistin begann und ihr Studium mit einer Dissertation zum Thema «Verhältnis von Sinneswahrnehmung und sprachlichem Ausdruck im Geschmacksdiskurs» abschloss. 2013 kletterte sie auf den Chefsessel des «Bündner Tagblatt» (damals 8140 verkaufte Exemplare). Schon 2015 gab sie diese Funktion im Zentrum der medialen Landschaft ab und wurde im Januar 2016 Chefredaktorin von Swissinfo.

Alles qualifizierte Fachkräfte an Entscheidungspositionen

Hier wird sie von vier weiteren ausgewiesenen Fachkräften aus der Resteverwertungsanstalt des Journalismus unterstützt, das gab ihr die freien Valenzen, um ab 2018 auch noch die Direktion zu übernehmen. Der Kontakt zu den Hörern wird übrigens durch einen «Publikumsrat» sichergestellt. Auch von dem haben Sie sicherlich schon viel gehört; seine Mitglieder:

  • Marcel Stutz (Präsident) 
    Ehemaliger Schweizer Botschafter
    Muttersprache: Deutsch
  • Marina Karlin (Vizepräsidentin) 
    Direktorin des Monatsmagazins «Russian Switzerland»
    Herausgeberin und Journalistin
    Muttersprache: Russisch
  • Chok Woo
    Ingenieur und Manager
    Muttersprache: Chinesisch
  • Cinzia Dal Zotto
    Professorin an der Universität Neuenburg
    Muttersprache: Italienisch
  • Rose Wettstein 
    Englisch-, Medien- und Informatik-Lehrerin an der Sekundarschule
    Muttersprache: Englisch

Wenn man dann noch weiss, dass Silvia Egli von Matt die Ombudsfrau von swissinfo ist, bleiben eigentlich keine Fragen offen.

Zahlen und Namen sind das eine, was ist mit dem Inhalt?

Corona hatte für swissinfo segensreiche Auswirkungen. Die Zahl der Unique Clients verdoppelte sich von 2019 auf 2020 fast und stieg auf 2,1 Millionen pro Monat (zum Vergleich NZZ 8,8 Millionen).

Gut, das sind alles Zahlen und Rahmenbedingungen. Was liefern denn nun die rund 100 Kostenverursacher an Inhalt, denn darauf kommt’s ja irgendwie an. Oder auch nicht, wenn man null von der Einschaltquote, dem Markt, dem Generieren von Einnahmen abhängig ist.

Nehmen wir mal eine Aufforderung zur Debatte. Heisses Thema: «Was halten Sie vom Entscheid der Migros, den Verkauf von Alkohol zu prüfen?» Das müsste ja eigentlich unter Aufreger laufen und ein Quotenrenner werden, zumal der Beitrag dreisprachig existiert. Nur: Nach einigen Tagen haben sich ganze 17 Kommentatoren («ich bin dagegen») eingefunden.

Was bewegt denn die Schweizer im In- und Ausland, was will die Welt wissen? Nun ja:

Es geht aber noch besser; dieses Ereignis hat von Indien bis Neuseeland, von Bolivien bis Russland – und in ganz China – Anteilnahme und Mitgefühl ausgelöst:

Gut, schauen wir mal, was in einer der meistverwendeten Sprachen der Welt los ist:

Auf Spanisch können wir feststellen, dass Aktualität nicht wirklich ernst gemeint wird. Und der grossartige Aufmacherartikel? Worum geht’s da eigentlich, was soll der Auslandschweizer und der Spanischsprechende überall auf der Welt von der Schweiz mitnehmen? Das hier:

«Die Corona-Pandemie trifft fast alle Demokratien hart. Für Diversitäts-Beraterin Estefania Cuero aber sind diese Auswirkungen gerade in der Schweiz Ausdruck von grundlegenden, bereits seit langem bestehenden Problemen. Sie und andere Expert:innen fordern mehr Inklusion und stellen die Machtfrage.»

Das ist mal wieder der richtige Moment, um festzuhalten: nein, das ist keine Satire und das Beispiel ist nicht ausgedacht. Aber vielleicht gibt es ein anderes Thema in der Weltsprache Nummer eins (abgesehen von Chinesisch)?

Sir, no Sir, wie man da auf Macho-Englisch sagen muss. Erschwerend kommt noch hinzu, dass die rund 100 Swissinfo-Mitarbeiter und -Kader die Last der Newsherstellung nicht etwa alleine auf ihren schmalen Schultern tragen müssen. Sie können die SDA und natürlich alles vom breiten Angebot der SRG verwursten.

Auch den Chinesen wird das Thema Diversität und Inklusion, sowie die Gefährdung der Demokratie, nähergebracht:

Warum nicht zurück zur Entscheidung von 2005?

Es ist nicht so, dass die SRG noch nie eine Sendequelle hätte versiegen lassen. Radio Beromünster gibt’s nicht mehr, SPlus/Schweiz 4 hat das Zeitliche gesegnet, auch der Telefonrundspruch gehört der Vergangenheit an. Das «World Radio Switzerland» wurde verkauft.

Swissinfo lebt. Hier dürfen Redaktoren noch ihre Hobbys pflegen. Losgelöst von Aktualitätsdruck vor sich hinwerkeln. In den grossen Topf vorhandener Angebote greifen. Qualitätskontrolle, Ansprüche, Niveau? Nun, sagen wir so: Was für das «Bündner Tagblatt» gut war, kann doch für einen staatlichen Gebührensender nicht falsch sein. Schliesslich ist Bieler nicht die einzige Medienmanagerin mit Graubündner Wurzeln, die Karriere gemacht hat.

Einen Wermutstropfen gibt es allerdings. Zu den zehn Sprachen, in denen Swissinfo sendet, gehört Rätoromanisch – nicht. Das ist traurig, trist, trest und truli.

3 Kommentare
  1. Hans von Atzigen
    Hans von Atzigen sagte:

    Swissinfo was soll der Unsinn im Zeitalter des Internet, jeder der will kann sich direkt informieren.
    Sicher da war mal ein Schweizer Radio International. Der Sender hatte, das wissen etwas breiter
    informierte, zu seiner Zeit Weltruf BBC London war die No.1 Weltweit, die No. 2 war Schweiz
    International. Was innzwischen aus den Schweizer Medien geworden ist, schlicht unterirdisch, eine Schande bald nur noch Mainstream der übelsten Sorte, einfach Schrott.
    Wer will der findet innzwischen alternativen, einfach ohne Scheuklappen suchen.
    Allerhöchste Zeit das der Stimmbürger bei der übernächsten Abstimmung ein deutliches Zeichen setzt.

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  2. Didier Venzago
    Didier Venzago sagte:

    Bei Swissinfo wundert mich gar nichts. Halt eine typische staatliche Instituion die in erster Linie mit sich selber beschäftigt ist. Aber: Die Republik hat mehr als 50 Schreibkräfte? Kaum vorstellbar bei dem Rinnsal an News und Artikeln. Was machen die den ganzen Tag?!

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