Umfrage oder Dummfrage?
Wie leicht lassen sich Online-Umfragen manipulieren? Kinderleicht.
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SRF fühlt immer wieder den Puls des Publikums. Mit Umfragen. Beispiel: «Die Coronazahlen steigen in der Schweiz. Sind Sie für schärfere Massnahmen zur Eindämmung des Virus?»
Hier könnte man zunächst an der Formulierung mäkeln; was sind schärfere Massnahmen, und wieso sollen die das Virus garantiert eindämmen?
Aber darum geht es nicht. Das Abstimmungsresultat pendelte nach rund 10’000 Votes um 62 Prozent dafür, 38 Prozent dagegen. Das dürfte, wenn man den feuchten Finger in die Luft hält, auch ungefähr der Stimmungslage in der Bevölkerung entsprechen, nimmt man die 40 Prozent, die gegen das Covid-Gesetz gestimmt haben.
Und dann kam die Wende …
Insgesamt wurden bei diesem Online-Voting laut Zähler 54’033 Stimmen abgegeben. Also eine recht repräsentative Abstimmung. Allerdings veränderte sich das anfängliche Resultat bedeutend. Am Schluss stand es immer noch 62 zu 38. Nun aber waren 62 Prozent GEGEN schärfere Massnahmen.
Das konnte ja wohl nicht mit rechten Dingen zu und hergehen. Tat es auch nicht. Dieses Resultat wurde von einem IT-Fachmann manipuliert. Um zu zeigen, wie einfach das geht, wenn man über Programmierkenntnisse verfügt und einen Bot basteln kann. Mit etwas Gelenkigkeit kann man auch Zutrittsbeschränkungen wie ein Captcha ausbremsen.
Natürlich entscheidet sich niemand bei einer Abstimmung aufgrund einer solchen Umfrage für ein Ja oder ein Nein. Aber die Masse einer Mehrheit lässt auch niemanden wirklich kalt. Daher ist dieses Experiment erschreckend. Nicht nur, wie leicht eine solche Manipulation ist. Sondern auch in den Folgen.
Die Manipulation ist beunruhigend, die Folgen auch
Zunächst handelt es sich ja nicht um ein Gaga-Voting für den «Journalisten des Jahres» usw., wo man ebenfalls beliebig oft seine Stimme abgeben konnte. Sondern die Veranstalter sind hier das SRF, Tamedia und ähnliche Player.
Die ganze Sause beschreibt der Autor umfangreich bis länglich auf «Inside Paradeplatz». Die Frage: wieso denn auf einem Finanzblog, lässt sich leider leicht beantworten. Weil sonst niemand davon Notiz nehmen wollte.
Das stimmt allerdings nicht ganz. SRF selbst nahm durchaus vom Resultat Notiz und schrieb einen Kommentar dazu. Peinlich, beunruhigend.
Fordert das die Community oder ein Manipulator?
Noch beunruhigender ist aber, dass der IT-Fachmann dieses sichtbare Resultat seiner Manipulation, inklusive der verwendeten Methode, bei SRF und bei verschiedenen Medien zur Kenntnis brachte. Reaktion? Null. Inzwischen raffte man sich zu einem fadenscheinigen Dementi auf.
«Satte Mehrheit lehnt weitere Verschärfungen ab …»
Dabei schreibt er auf IP: «Letztlich ist es einfach so, dass bei Online-Befragungen, bei jeder Arbeit am Computer, niemand feststellen kann, ob die Eingaben durch einen Menschen oder durch ein Programm erfolgen.» Noch schlimmer ist eigentlich, dass er sich gar keine grosse Mühe zur Verschleierung machte. So stammten alle von seinen Progrämmchen abgegebenen Votes von der gleiche IP-Adresse.
Ist es tatsächlich so einfach?
Das müsste eigentlich jedes anständige Voting-Programm misstrauisch machen und ausflaggen. Worauf dann ein Mensch draufschauen und sagen müsste: hallo, das stimmt doch was nicht. Allerdings liesse sich auch das ohne grosse Mühe vermeiden, indem eine Unzahl verschiedener IP-Adressen generiert wird, als ob die Stimmen aus ganz verschiedenen Gegenden der Schweiz von völlig verschiedenen Computern aus abgegeben würden.
Wie schreibt der Autor:
«Epilog: Ist es wirklich so einfach? Ja, es ist in der Tat sehr einfach.
Mit den hier angeführten Informationen kann jede/r, der einigermassen computergewandt ist, mit einem einzelnen Gerät pro Tag (je nach Länge der Umfrage) zwischen einigen wenigen Tausend bis hinauf in einen sechsstelligen Bereich für oder gegen etwas „abstimmen“.»
Bedenklich ist eben auch, dass bedingt durch die Verelendung des Journalismus, den Todessparmassnahmen und eine atemlos-klickgetriebene Abfüllmentalität vertiefte Recherchen, sinnvolle Reportagen, bei denen der Puls der Bevölkerung genommen wird, immer seltener werden. Oder überhaupt eingespart worden sind.
Stattdessen kommt so eine Umfrage immer repräsentativ und interessant daher, oft schafft es das veranstaltende Organ, damit auch in den Medien zitiert zu werden. Das Zitat «wie eine Umfrage im Auftrag von Tamedia ergab» zum Beispiel, rentiert die Ausgabe schon, wenn es auf SRF in der «Tagesschau» verwendet wird; die Wiedergabe in Konkurrenzmedien ist dann noch das Sahnehäubchen.
Anschliessend werden tiefschürfende Analysen und Kommentare dazu abgegeben. Obwohl das Datenfundament überhaupt nichts mit der Meinung in der Öffentlichkeit zu tun hat. Und Bots, kleine Programme, haben keinerlei eigene Meinung.
Interessant war die Erkenntnis, dass mitten in der Nacht irgendwer «mitbot». Vielleicht wollte jemand das Resultat zugunsten des Auftraggebers frisieren und hat dann mangels wunder Fingerkuppen aufgeben müssen.
Fazit einmal mehr: solche Umfrageergebnisse kann man getrost in die Tonne treten.