Pandora: die zerbeulte Büchse

Man wusste es: es braucht mal wieder ein Datenleak. Damit Tamedia toben kann – bis alles wieder vergessen geht.

Eigentlich könnte man die Textbausteine rezyklieren. Datenleak, Gigabyte, kriminell, weltweit, verstecken, Schwarzgeld, illegal.

Dazu noch: Potentaten, Diktatoren, Superreiche, Helfershelfer, Schweizer Schweinebacken in Treuhandgesellschaften und anderswo. Einmal gut umrühren, dann schütteln, und schon ist der nächste Riesenskandal ausgeschüttet: wir stellen vor, die Pandora-Papers.

Auch die Pandora-Papers, dieser Blick in die Zukunft sei gewagt, werden genauso verröcheln wie alle ihre Vorgänger. Aus den gleichen Gründen. Unbekannte Täter mit unbekannten Motiven entwenden ganze Datenbanken. Bei den «Panama-Papers» traf es in erster Linie die Firma Fonseca in Panama City. Die hatte jahrzehntelang sogenannte Sitzgesellschaften errichtet und verkauft.

Ein völlig legales Geschäft, deshalb hatte Fonseca auch niemals Scherereien mit dem Gesetz. Aber es waren natürlich alle Reizwörter versammelt. Panama, Briefkastenfirmen, superreiche Schweinebacken, Kriminelle und anderer Abschaum: schön, dass man in diese Dunkelkammer hineinleuchtet.

Kleines Problem: aus dem damals Hunderttausenden von Datensätzen ergaben sich am Schluss eine Handvoll Strafverfahren, die zu einem Händchen voll Verurteilungen führten. Denn die eigentliche Wahrheit hinter diesem Leak, hinter allen Leaks ist: sie beweisen, dass solche Sitzgesellschaften wohl die sauberste Art sind, international angelegtes Geld zu verwalten.

Die Rate der kriminellen Verwendung liegt im Promillebereich.

Zweites Problem: das internationale Journalistenteam, das jeweils die Beute ausschlachtet, ernennt sich selbst zum Staatsanwalt, Untersuchungs- und Scharfrichter. An den medialen Pranger werden ausgewählte Opfer genagelt. Auswahlkriterium: «öffentliches Interesse». Das ist lachhaft. Da die Journalisten zu ihrem Bedauern keine strafrechtlichen Untersuchungen führen können, unterscheiden sie feinsinnig zwischen legal (was normalerweise sowieso der Fall ist) und nicht etwa illegal, sondern «illegitim».

Das ist ein tolles Wort, das Kriminelles insinuiert, in Wirklichkeit aber nur bedeutet: nach der persönlichen Meinung des Journalisten tut man das nicht.

Regelmässig köpfen diese Scharfrichter die Falschen

Regelmässigf hauen diese selbstherrlichen Scharfrichter auch daneben. Stellvertretend für viele andere Opfer seien hier nur Gunter Sachs und Jean-Claude Bastos erwähnt. Beiden, Sachs sogar posthum, wurde die «illegitime» Verwendung von Firmenkonstrukten vorgeworfen. Mindestens zum Zweck der Steuerhinterziehung, wenn nicht gleich für kriminelle Aktivitäten.

Ist doch klar; der eine Playboy und Multimillionär, der andere Verwalter eines angolanischen Staatsfonds: plus Bahamas, Mauritius, Cook Island, Offshore: sonst noch Fragen? Allerdings. In beiden Fällen wurde nachgewiesen, dass sämtliche Anschuldigungen völlig aus der Luft gegriffen waren. Sachs hatte sich keinerlei steuerliche Vergehen zuschulden kommen lassen. Bei Bastos endete der Fall tragisch. Der schweizerisch-angolanische Geschäftsmann verbrachte einige Monate in einem angolanischen Höllenknast, seine Verwaltungsfirmen musste Bankrott erklären, weil beispielsweise die Schweizer Steuerverwaltung aufgrund der üblen Andeutungen von Tamedia deren Konten vorsorglich sperrte.

Zudem, wie Tamedia gross und triumphierend vermeldete, wurden an verschiedenen Orten der Welt Anklagen gegen Bastos eingereicht, zum Beispiel in London. Klare Sache, endlich kümmert sich die Justiz darum, der auch damals beteiligte Christian Brönnimann klopfte sich auf die Schulter, bis er fast vor Wichtigkeit einknickte.

Nur sehr, sehr klein – oder gar nicht – vermeldete dann Tamedia, dass restlos alle Strafuntersuchungen, alle Prozess ergebnislos eingestellt oder von Bastos gewonnen wurden. Nur: Firmen kaputt, Bastos ein gebrochener Mann, grobfahrlässig Schaden angerichtet. Wenigstens ein schlechtes Gewissen nachher?

I wo, man könne doch nichts dafür, wenn aufgrund der eigenen Artikel Strafuntersuchungsbehörden aktiv würden, meinte Brönnimann kaltschnäuzig. Bevor wie die aktuelle Sauce kurz in ein Sieb schütten, wiederholen wir heute den Artikel, den René Zeyer am 28. März 2019 über die damalige Sauce schrieb.

Über einen Medienskandal erster Güte, der leider für die Verantwortlichen völlig haftungsfrei ausging. So wie es auch diesmal der Fall sein wird. Normalerweise werden Wiederholungstäter schärfer angefasst als Ersttäter. Ausser bei den ewigen Leaks.

Laut der Sage enthält die Büchse der Pandora ja nicht nur alle Übel der Welt. Sondern auch Hoffnung. Aber hier ist die Sache hoffnungslos.

6 Kommentare
  1. Tim Meier
    Tim Meier sagte:

    «Datenleck» tönt so beschönigend. Die Daten aus den betroffenen 14 Kanzleien fliessen nicht einfach so ins Grundwasser, werden herausfiltriert und auf 3 Terabytes verdichtet. Das geht viel einfacher und heisst Datenklau.
    Beim Datamining ist’s wie bei der Goldsuche: die richtig grossen Nuggets sind sehr, sehr selten zu finden. Meist kommt nur Staub zum Vorschein: ein Anwalt, der half, eine Briefkastenfirma zu eröffenen und eine Atemtherapeutin im Dienste eines Präsidenten. So geht «Qualitätsjournalismus».

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  2. Didier Venzago
    Didier Venzago sagte:

    Herr Zeyer drückt hier ganz fest beide Augen zusammen und taumelt mehr oder weniger Blind durch seinen eigenen Artikel um ja nichts anstössiges oder kriminelles entdecken zu müssen. Ja der Skandal wird schnell wieder versickern aber er wirft doch ein grelles Licht auf das scheinheilige Getue von Politikern die zwar gerne selber die eigenen Wähler via Steuern gnadenlos schröpfen, selber aber alles tun um gerade eben diese Steuern zu vermeiden ( BR Amman, Tony Blair etc.). Dazu noch all die Diktatoren und Superreichen die ihre zusammengerafften Millionen mit unklarer Herkunft mittels willigen Schweizer Handlangern verstecken, verschieben und verschleiern. Fazit: Die Kleinen schröpft man (Der Staat braucht Geld!) und den Grossen lässt man gleichzeitig via exotischen Steuerschlupflöcher die Möglichkeit ihr Geld vor dem Fiskus zu verstecken. Die Dumnen sind wieder mal die kleinen Steuerzahler die praktisch jeden Franken vor dem Steuervogt deklarieren müssen während die Grosskopfeten ihre Millionen lachend an der Steuer vorbei in die Karibik verschieben. Der Skandal ist nicht die Berichtetstattung dazu, der Skandal ist dass eine solche Steuerbetrugspraxis auch noch vom Gesetzgeber gedeckt wird. Soviel zur Steuergerechtigkeit.

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    • Rolf Karrer
      Rolf Karrer sagte:

      Roger Köppel bringt es in seinem saloppen Weltbild auf einen einfachen Nenner. Er prangert die Verletzung der Intimsphäre an. Er lamentiert, dass die legale Steueroptimierung geächtet wird………

      Einverstanden Didier Venzago. Steuer(verhinderungs)kapriolen kann sich der kleine Steuerzahler schlichtweg nicht leisten.

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      • Victor Brunner
        Victor Brunner sagte:

        Das Problem von Köppel, er ist mittlerweile überfordert, mehrfacher stolzer Familienvater, Chefredaktor, Journalist, Nationalrat, Practicus, da wird der Blick und die Aussagen etwas trübe!

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        • Gerold Ott
          Gerold Ott sagte:

          ÜBERFORDERT GANZ BESTIMMT. Seine wochentäglichen Aussagen werden immer bizarrer und ohne jeglichen Selbstzweifel. Der Familienvater macht mittlerweilen auch mit in Russia Today, BILD-TV, dem österreichischen Sendegefäss «ServusTV» und im «SonnTalk». Nebenbei ist er auch noch Herausgeber und Chef der «Weltwoche». Dazu als Nationalrat im Parlament mit vielen Absenzen.

          Vielleicht wäre es eine gute Idee für einen psychologisch geschulten Journalisten (Universitätsstudenten), alle seine «Weltwoche-daily» wissenschaftlich und akribisch zu studieren. Eine Dissertation über den omnipresenten, eloquenten Publizisten, der einfach über alles Bescheid zu wissen glaubt. Bei Donald Trump und dem Schauspieler Klaus Kinski diagnostizierten etliche Fachpersonen über eine narzisstische Persönlichkeitsstörung. Beim immensen Ego des Roger Köppel scheint man vorerst immer noch ratlos zu sein.

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          • Alois Fischer
            Alois Fischer sagte:

            Übrfortdert anscheinend auch die Kommentatoren, die so gerne an Feindbilder hängenbleiben und denen eben überhaupt nichts Neues einzufallen scheint.
            «Den habe ich auf der Latte, der hat …, der soll …, der soll ganz sicher nicht … und so weiter und so blöd.»
            Immer wieder das Ego der Anderen und ganz sicher nicht sich selber als Narzisst outen wollen. Warum nicht? Warum schreiben Sie immer wieder Kommentare, die sicher nicht den Beifall suchen, sondern eben beweisen wollen, dass man die Einsicht oder gar das Vertrauen der innersten Kreise geniesst und diesen gerne immer wieder zum eigenen Nutzen missbraucht.
            Anstand als Fremdwort – anstatt als Geschäftsmodell? Warum nicht?
            Fragen und keine Antworten – aber gönnerhafte Belehrungen von Besserwissenden säumen den Weg. Warum?
            Hä ja, weil sie eben Recht haben und nicht Recht bekommen.
            Schade, leider, und zum Glück für uns alle nicht mehr als eine Fussnote.
            Schweigen wäre Gold oder zumindest goldrichtig. Ach ja, ich weiss, dass Sie auf sowas garantiert anspringen, durchdrehen und reinfallen: Also bitte nicht antworten. Sie entlarven nicht mich, sondern sich selber. Danke.

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