Wieso können wir das nicht?
Wer richtig melancholisch werden will, mache einen Streifzug durch angelsächsische Medien.
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Sicher, der potenzielle Leserkreis ist etwas grösser, wenn man auf Englisch publiziert. Mehr als 360 Millionen Muttersprachler, sicher über 1 Milliarde Menschen, die Englisch als Zweitsprache benutzen oder zumindest verstehen.
Aber Quantität alleine kann’s ja nicht sein, sonst wären die besten Zeitungen der Welt auf Mandarin abgefasst, oder Spanisch, da gibt es fast 550 Millionen Muttersprachler. Dagegen gibt es nur 130 Millionen, die Deutsch beherrschen. Also mehr oder weniger.
Dafür soll es ja angeblich die Sprache der Dichter und Denker sein. Ein Blick in die deutschsprachigen Medien bestätigt das nicht unbedingt. In Deutschland wird die Luft nach FAZ, «Die Zeit», «Die Welt» und halt immer noch «Der Spiegel» recht dünn. Österreich ist zwar das Land der Zeitungsleser im Kaffeehaus, aber eigene Produkte: schaler Kaffee.
Die Schweiz, oh je. Natürlich die NZZ, aber die reisst auch nicht alles raus, und sie steht so schrecklich alleine da. Die «Weltwoche» bietet auf ihre Art mit überschaubaren Bordmitteln jede Woche immer noch mehr An- und Aufregung als die gesammelte Tagespresse. Aber sonst? Erstaunlich, wie spurlos das Schweizer Gebühren-TV und -Radio jährlich 1,45 Milliarden Franken versenkt.
Melancholisch bis depressiv wird man allerdings, wenn man angelsächsische Medien durchblättert oder scrollt.
Da kommt keine Freude auf
«The Guardian», in vielen weltweiten Rankings immer auf den vordersten Plätzen. Webseite, grafische Aufbereitung von Themen, Vielfalt: top.
Herausgegeben von einer Stiftung; zwar auch gerupft durch die Medienkrise und Corona, aber immer noch miles above von allem, was auf Deutsch erscheint. Kein Wunder, hat sicher eine Riesenauflage, mag man nun denken. Think twice, die Auflage beträgt rund 130’000 Exemplare …
Das sind Infografiken, die den Namen verdienen.
Dann hätten wir, daran führt immer noch kein Weg vorbei, «The New York Times». Immer noch eine Referenzgrösse für Qualitätsjournalismus.
Man kann man nur grün vor Neid werden, mit über 1000 redaktionellen Mitarbeitern. 1000. Nicht immer fehlerfrei und sehr parteiisch gegenüber Ex-Präsident Trump, aber weiterhin eine halbe Million Auflage, vor allem aber: profitabler Internet-Auftritt. Es gibt genügend Leser, die bereit sind, für diese Qualität und Breite etwas zu bezahlen. Übrigens auch noch im Wesentlichen in Familienbesitz. Die Sulzbergers sahen die NYT aber nicht in erster Linie als Milchkuh. Im Gegensatz zu den Schweizer Medienclans.
Der NYT-Tower in New York.
Auch die Wirtschaftspresse ist eine Klasse für sich
Die Wirtschaftspresse wird zweifellos vom «Wall Street Journal» angeführt. Längst nicht mehr auf reine Wirtschaftsthemen fokussiert, erscheint das Blatt auf Englisch, Chinesisch und Japanisch. Auflage: über 2 Millionen Exemplare. Mehr, als in der Schweiz insgesamt pro Tag gedruckt wird.
Es ist Pflichtlektüre, Benchmark und absoluter Qualitätsstandard in der Berichterstattung, ein Machtfaktor zudem. So viel geballte Kompetenz muss sicherlich schweineteuer sein, wenn Schweizer Tageszeitungen schon mehr als 300 Franken im Schnitt für die digitale Ausgabe verlangen. Nun ja, ein Jahr WSJ online kostet schlappe 52 Dollar. Einen Dollar pro Woche (nicht pro Monat, wie ein Leser zu Recht monierte).
Dicht gefolgt wird das WSJ vom englischen «Economist» und natürlich der «Financial Times». Im deutschen Sprachraum wurde die FT in letzter Zeit wieder sehr bekannt, weil sie quasi im Alleingang das Schwindelkonstrukt Wirecard entlarvte. Lange Zeit verteidigten deutsche Medien den Konzern gegen einen angeblich ungerechtfertigten Angriff der neidischen Engländer. Bis Wirecard Insolvenz anmelden musste und in aller Hässlichkeit nackt und betrügerisch dastand.
Ein Mosaiksteinchen dabei: Die FT kam auf die naheliegende Idee, mal einen Reporter in Asien zu den Adressen zu schicken, wo angeblich gewaltige Umssätze von lokalen Partnern gemacht wurden. Es handelte sich aber um ein bescheidenes Einfamilienhaus, eine leerstehende ehemalige Autowerkstatt, usw. Kein deutschsprachiges Medium wollte das Geld aufwerfen, dass diese naheliegende Recherche gekostet hätte.
Besser aufkaufen als selber machen
Vor Kurzem hat der deutsche Springer-Verlag «Politico» gekauft. Ein Beispiel der sehr lebendigen US-Medienszene. Eigentlich von bescheidener Auflage (40’000 Exemplare), ausserhalb der Sitzungszeiten des Kongresses erscheint das Blatt nur wöchentlich einmal. Aber im Internet und durch die Konzentration auf die Washingtoner Politik mit 350 Mitarbeitern, ist «Politico» ein Beispiel von neuen Medien. Erst 2007 gegründet, soll Springer dafür angeblich fast 700 Millionen Dollar aufgeworfen haben.
Solche Neugründungen gibt es zu Hauf; die «Huffington Post» ist wohl das bekannteste Beispiel, obwohl sie mit Internationalisierung und der Eroberung des deutschsprachigen Marktes scheiterte.
Dann gäbe es noch den «New Yorker», «The Atlantic», «Mother Jones», den «Rolling Stone», «Vanity Fair», weitere exzellente Tageszeitungen, darunter auch die «India Times», und, und, und. Es gibt Experimente wie «Substack», eine Plattform für die vielen Tausend Journalisten, die auch in den USA ihre Stelle verloren in den letzten Jahren. Hier gibt es moderne Mittel zur Distribution. Im deutschen Sprachraum wird das Pausenzeichen gesendet.
Schweizer Medienmanager (Symbolbild).
Es gäbe noch Dutzende von weiteren Beispielen, aber wir sind schon depressiv genug und lassen es dabei bewenden. Aber so viel zum Thema, dass die digitale Transformation in der Schweiz nur mit gewaltigen Staatshilfen gestemmt werden könne. Das ist nichts anderes als: der Steuerzahler soll für die Unfähigkeit der wohlbezahlten Medienmanager und der geldgierigen Besitzerclans abdrücken.
Auch Dürer wusste, was Melancholie ist.
Auch mit Sozialhilfe vom Staat wird die digitale Transformation nie gelingen. Die Gelder werden in den Unternehmen versickern und in 6 Jahren schreien die Medienunternehmen wieder und wollen Verlängerung der Sozialhilfeleistungen. Böse gesagt: die Unternehmer wollen sich ihre Dividende auf Kosten der BüezerInnen sichern. Sie sind faul geworden. Unternehmerischer Stolz, Fehlanzeige. Da kann von den auf Mainstream gedrillten Journis keine grossen Sprünge erwartet werden.
Wie peinlich ein Medienunternehmen sein kann beweist TAmedia fast täglich. Gestern wurde die 25-jährige Zürcherin Julie Derron in Valencia Triathlon Europameisterin über die Olympische Distanz. War da etwas in der SoZ? Nichts! Auch in TAonline, Nichts. Ausgerechnet bei TAmedia, deren Journis Quoten, Diversity und Frauen mehr im Fokus verlangen wird der Erfolg von Derron verschwiegen.. Dafür in der SoZ 3 volle Seiten, 1 Seite Fotos, Kilchberger Schwingfest. Obwohl ein Goldmedaille an einer EM höher zu gewichten ist als ein Sieg an einem Schwingfest.
Pietro Supino macht sich stark für die Sozialhilfe. TAmedia wird das nie schaffen, nicht einmal die Homepage mit dem Titel «Die Köpfe hinter dieser Zeitung» können sie bewirtschaften, letzte Aktualisierung, 13. Januar 2021. In den vergangenen 9 Monaten hat es einige Wechsel im Personal gegeben, beispielsweise Salome Müller neu bei Tsüri, Claudia Blumer verbannt zu 20 Minuten. Sie sind aber immer noch auf der Homepage aufgeführt. Bei soviel Trägheit, fehlendem Stol, fehlender Kompetenz wird die Transformation auch mithilfe von Zwangsfinanzierung der SteuerzahlerInnen den Bach runtergehen.
Bravo Victor Brunner für diesen Primeur. Dies ist ein Riesenskandal, dass Tamedia Julie Derron’s tolle Leistung vergessen hat. Diversity und Quoten-Vorgaben machen definitiv völlig betriebsblind. Der Tagesanzeiger vernachlässigt das Brot und Butter-Geschäft.
Ein Triathlon- Europameistertitel einer Schweizerin darf nie unterschlagen werden. Beste Munition, um diese Medien-Zwangsfinanzierung erst recht bachab zu schicken.
Heute 1600, TAonline, ein Bericht über Roger Federer:
Federer zu seiner Zukunft
«Bis ich wieder Tennis spielen kann, werden einige Monate vergehen».
Über Derron nichts, was für Ignoranten hocken in der Sport Redaktion von TA. Die Frau wird geradezu mit Füssen getreten, Sportinteressierte auch!
Inputter Victor Brunner hat der Julie Derron in der heutigen montäglichen Ausgabe zu einer kleinen Würdigung verholfen. ZACKBUM wird ja auch auf der Redaktion im Versteckten gelesen. Vielleicht hat Oberchef Arthur Rutishauser die Blattmacher der Sonntags Zeitung zu Rede gestellt?
Dachte immer, wer Europameisterin wird, hat eine halbe Seite garantiert. Bei Julie Derron war es ein Zweizeiler plus Minimalbild (Thumbnail-style) auf Seite 25.
Wenn der Roger Federer halbseitig über seine Gebresten dozieren kann, so hat man der Triathletin Julie keinen wirklichen Respekt entgegengebracht.
Richtig gesagt Eveline Maier: Wenn der Tom Lüthi mit seiner Maschine stürzt, bekommt er ebenso viel Resonanz, wie der heutige Schmalspur-Artikel mit der Europameisterin.
Ein waschechter Skandal, diesen Europatitel der Zürcherin Julie Derron nicht journalistisch zu würdigen. Die Prioritäten bei Tamedia liegen oft falsch. Selbst wenn im Motorsport Tom Lüthi den 11. Rang macht, wird dies vermeldet.
Der BLICK hat übrigens gestern den tollen Erfolg von Julie Derron gemeldet. Der überforderte Tagesanzeiger ist auch heute nicht in der Lage, diesen gravierenden Fehler zu korrigieren.
https://www.blick.ch/sport/triathlon/ich-bin-mega-stolz-em-gold-fuer-triathletin-derron-id16860966.html
Der Europatitel von Julie Derron zu vergessen ist ein starkes Stück von Inkompetenz beim TA. Sowas darf nicht passieren bei einer Publikation, mit einem derart ellenlangen Impressum von Fachleuten.
Hier liegen sie falsch: Salome Müller und Claudia Blumer sind nicht mehr im Impressum etwähnt. siehe Link:
https://www.tagesanzeiger.ch/impressum-tages-anzeiger-876605432348
Man rechne … Nun ja, ein Jahr WSJ online kostet schlappe 52 Dollar. Einen Dollar pro Monat.
Pro Woche – und immer noch billiger und preiswerter!
Klar, die genannten Musterschüler haben eine grössere Reichweite, ein anderes Budget. Sie haben aber – und das ist der zentrale Punkt – etwas, das Schweizer Konzernen wie CH Media völlig abgeht: Leidenschaft für Journalismus.