Knutschkugel Berset

Die WeWo zündet eine Bombe. Die Mainstream-Medien in Schockstarre.

Das Wochenmagazin wirft dem Bundesrat Alain Berset Unerhörtes vor. Zwecks Bodigung der Folgen einer ausserehelichen Affäre habe der seine Machposition brutal ausgenützt.

Genauer: Der SP-Politiker habe «die Unwahrheit gesagt, Bundesbeamte missbraucht und Steuergelder verschleudert». Happige Vorwürfe; sollten sie sich bewahrheiten, haben wir eine veritable Staatsaffäre.

Was wir jetzt schon haben, ist eine Medienaffäre. Ab Donnerstagmorgen spätestens um 7 Uhr war die «Weltwoche» mit ihrem Cover am Kiosk erhältlich. Mit einer Bombenstory, mitten hinein ins langweilige Grau der Bundespolitik. Ein gefundenes Fressen für alle Medien.

Nur: kein Schwein schaut. Einzig «Inside Paradeplatz» berichtet sofort, was dort die Klickzahlen durch die Decke jagt, über 100’000 Leser hat der Artikel inzwischen. Rekord. Es berichtete noch «Die Ostschweiz» und natürlich ZACKBUM über die Medienresonanz.

Über 100’000 and counting: Klick-Rekord für den Finanzblog.

Was ist aber mit Tamedia, CH Media, Ringier, NZZ und SDA? In ihren Verrichtungsboxen in den Newsrooms sind die Kindersoldaten doch darauf getrimmt, jede Meldung sofort aufzunehmen, die Klicks generieren könnte. Denn das ist die Währung im Tagesgeschäft der Newsverbreitung.

Blick in einen Schweizer Newsroom.

Aber Wunder über Wunder: nichts ist. Schweigen herrscht. Man kann nun annehmen, dass es erst Chefentscheide brauchte, ob man der ungeliebten Konkurrenz, dem «SVP-nahen Organ», der Köppel-Postille den Gefallen tun soll, sie zu zitieren. Und Chefs stehen üblicherweise nicht so früh auf wie Roger Köppel, der in aller Herrgottsfrühe bereits die Schweiz mit seinem «Weltwoche Daily» beschallt.

Schweigen im Blätterwald, dröhnendes Schweigen

Aber der Donnerstag geht ins Land, nichts. Nichts am Morgen, nichts am Mittag, nichts am Nachmittag. Die vielen rasenden Reporter von SRF haben es selbst einen Tag später noch nicht für nötig gehalten, den wohl grössten Polit-Skandal seit Elisabeth Kopp zur Kenntnis zu nehmen. Bei der ersten Bundesrätin reichte übrigens das Herumdrucksen wegen eines Telefonats an ihren Gatten, damit sie so unter Druck geriet, dass sie zurücktrat.

SRF-Top News am Tag danach: gut investierte Gebührenmilliarden.

Aber doch nicht bei unserem Gesundheitsminister. Der trägt doch immer so scharf geschnittene Anzüge mit schmalen Krawatten, endlich etwas Clooney-Effekt in Bundesbern. Der hat doch so einen süssen welschen Akzent, und dann diese Augenbrauen unter der Glatze. Eine Knutschkugel halt.

Erst gegen Abend – und wie von seiner Kommunikationsabteilung bestellt – wagen sich CH Media, NZZ, Tamedia und «Blick» an das Thema heran. Allerdings alle mit dem Tenor: ach, alles halb so wild. Die WeWo, typisch Parteiblatt, übertreibt masslos.

Die Pille danach: die alte Tante rafft sich endlich auf.

Anhand des jetzigen Wissensstands werde die Affäre für den Gesundheitsminister kaum politischen Konsequenzen haben, meint die NZZ staatstragend. Sie will immerhin wissen, dass die Geliebte fälschlicherweise Geld für eine Abtreibung einer vom Bundesrat hergestellten Leibesfrucht gefordert habe, es handle sich in Wirklichkeit um die Einnahme einer Pille danach.

Das Recherchierblatt will sogar wissen: «Polizeiliche Ermittlungen legen offenbar den Schluss nahe, dass es sich bei der angeblichen Abtreibung um die Einnahme einer sogenannten Pille danach gehandelt haben dürfte – allerdings mehrere Monate nach Beendigung der Beziehung mit Berset, also im Zusammenhang mit einem anderen Partner. Die Konfrontation mit diesen Fakten soll die Künstlerin dazu bewogen haben, die schriftliche Vereinbarung mit Berset zu unterzeichnen.»

CH Media vermeldet, dass SVP-Nationalrat Alfred Heer in der Aufsichtskommission den Antrag stellen wird, diese Affäre genauer zu untersuchen. Was bedeutet: das wird dauern und das Resultat wird keinen Menschen mehr interessieren, wenn es publiziert wird.

CH Media, aufgewacht nach Tiefschlaf.

Tamedia hat immerhin vier seiner wenigen verbleibenden Journalisten in die Schlacht geworfen, um zu titeln: «Weltwoche» erhebt schwere Vorwürfe gegen Bundesrat.» Eingeschnappt vermeldet der Konzern, dass sich die WeWo auf eine Strafakte beziehe, «die dieser Zeitung nicht vorliegt.

Ob alle Informationen korrekt und vollständig wiedergegeben sind, lässt sich daher nicht verifizieren».

Bei CH Media wird Parteigenossen von Berset natürlich die Gelegenheit zum Zünden der üblichen Blendgranate gegeben: «Parteikollegen von Berset versuchen, die Aufregung als parteipolitisch motiviert darzustellen. Schliesslich stammt die Artikelserie von Ex-SVP-Nationalrat Christoph Mörgeli, und das Magazin wird von SVP-Nationalrat Roger Köppel herausgegeben. Und nun beantragt SVP-Nationalrat Heer eine Untersuchung der GPK.»

Alles easy, alles gut: der «Blick» knutscht den Bundesrat von oben und unten ab.

Den Vogel schiesst aber der «Blick» ab. Der nähert sich dem Halszäpfchen des Bundesrats von unten und knutscht gleichzeitig den Magistraten von oben ab. Muss man mal hinkriegen.

  • Sondereinheit Tigris im Einsatz? Ach, da gab es eben Drohungen aus Deutschland, und wusste man, ob die Erpresserin damit nichts zu tun hatte? «Involvierte sprechen von einer «Gefährdungssituation». Es war unklar, ob das Erpresser-Mail damit in Verbindung stand oder nicht.»
  • Amtsmissbrauch? Ach was, «da die Erpresserin aus Bersets persönlichem Umfeld stammte, schaltete der Innenminister gleichentags privat den Berner Anwalt Patrik Eisenhut ein
  • Missbrauch von Bundesbeamten? I wo, «die Vorwürfe lassen sich kaum stützen. So hat Bruhin (Bersets Stabschef, Red.) wohl etwa zwei Arbeitsstunden fürs Bearbeiten der Erpressung aufgewendet – auch weil man die Verbindung zur Gefährdungslage eruieren musste, sagen zwei Involvierte».
  • Verfahren gegen Berset? Ausgeschlossen, hingegen müsse die WeWo mit einer Anzeige wegen Verstosses gegen das Amtsgeheimnis rechnen, unkt «Blick».

Peinlich ist gar kein Ausdruck, wie die grossen Medienhäuser mit dieser Affäre bislang umgehen. Nur dem Schweizer Farbfernsehen kann man keinen handwerklichen Fehler vorwerfen. Wer die Hände im Schoss hat, macht keinen.

Skandalträger links, Hutträger rechts.

4 Kommentare
  1. Alois Fischer
    Alois Fischer sagte:

    Erstaunlich, wie sich die Strategie gleicht. Egal ob Corona-Krise oder Privatkrise: fantasielos, panisch und angstgetrieben!
    Nicht erstaunlich, wenn man die Ursachen, Mittel und Massnahmen vergleicht. Kaum ist die Bestätigungswahl vorbei, wird sofort mit aller Härte eingeschüchtert, ein Exempel statuiert und die Einschüchterung kontinuierlich verstärkt. Das Schlachtfeld wird aufgeräumt und gesäubert, der «Krieg» für erfolgreich abgeschlossen erklärt und das ganze als Beweis gewertet, dass sich das «Opfer» nicht erpressen liess. Eine Nachuntersuchung sei nicht notwendig und weitere Informationen und Fragen nicht angebracht, sozusagen verboten.
    Corona oder Karriereschutz: Gleiche Panik, keine Fakten oder Beweise, keine Schuldigen, weil eigentlich gar keine Folgen und Opfer und darum auch keine Täter. Viel Lärm um nichts – angeblich.
    Das eine als hervorragendes Krisenmanagement (trotz eingestandenem Blindflug ohne Instrumente!) im Interesse der gesamten Bevölkerung und das zweite als Sturm im ganz privaten Wasserglas definiert und mit der geballten Macht der 4 grossen Verlagshäuser und dem bevölkerungsalimentierten Staatsfunk verschwiegen, verwedelt und als parteipolitisch motivierte Zwängerei abgetan.
    Nachfragen, nachfassen und eigene Recherche: nichts. Wo sind hier die vielzitierten Sauberfrauen- und -männer mit den ach so hehren Kommunikations-Idealen geblieben?
    Impfzwang wird es nie geben, aber ein bisschen Angstmache, Benachteiligung und Diskriminierung darf man getrost als cleveres Anreizsystem verkaufen. Aber nie und nimmer als versuchte Erpressung beurteilen?

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  2. Simon Ronner
    Simon Ronner sagte:

    Beschrieben wird hier ein weiterer Fall der zeigt, wie parteiisch ein Grossteil der Medien agiert.

    Was würde eigentlich mit einem Medienschaffenden bei Tamedia, CH Media, Ringier geschehen, der (aus welchen Gründen auch immer, bestenfalls aus Überzeugung) sich der anderen Seite zuwendet, sich deren Anliegen annimmt, deren Sicht einbringt? Würde, wie bekannt gewordene Fälle z.B. bei der NYT, er von den Kollegen geschnitten und gemobbt-, ihm gekündigt werden?

    Ist die Einseitigkeit, in welcher Form auch immer, intern verordnet, also Pflicht? Oder vereinsamt man einfach und muss mit Feindseligkeit und Ausschluss rechnen, wenn man sich gegen einen zwar ungeschriebenen, jedoch klar herrschenden Konsens des Juste Milieu stellt?

    Ich kann (sorry, möchte) mir einfach nicht vorstellen, dass sich Menschen Jahrzehnte lang in einer so offensichtlich verlogenen Bubble aufhalten können, und diese Falschheit, inkl. perfider Fertigmachereien gegen Andersdenkende, auch noch nach aussen propagieren.

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    • Beth Sager
      Beth Sager sagte:

      Opinion writer und Editor Bari Weiss rausgemobbt bei den New York Times. Juli 2020

      «Weiss, a self-professed centrist politically, said she is the subject of constant bullying by colleagues who disagree with her views. She said she has been called a “Nazi and a racist” by co-workers, and frequently belittled on company-wide messaging platforms in full view of the paper’s editors. She said co-workers insist that she needs to be “rooted out” if the newspaper is to be “inclusive”.

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  3. Jürg Streuli
    Jürg Streuli sagte:

    Wo bleibt der Aufschrei der sogenannten Feministinnen und Dauerempörtinnen von Zug Oberwil bis Bern gegen den eklatanten Machtmissbrauch von Berset? Der damit zu einer Schande für die Schweiz geworden ist und aus Anstand seinen Künstlerhut nehmen sollte. Der schmählich Auftrag gegeben hat seiner ehemaligen Geliebten mit ihrem vierjährigen Kind durch eine Kampftruppe der Anti-Terror-Polizei die Wohnung zu stürmen? Somit der extreme Machtmissbrauch eines verschmähten Gockels, um die nicht mehr willfährige Geliebte abzustrafen und einzuschüchtern! Das klassische Verhaltensmuster des düpierten Machos. Nur jetzt durch Berset mit den erweiterten Möglichkeiten des vor Eitelkeit strotzenden Bundesrates mit dem nicht mehr sauberen Hut. Welch eine Schande, wie die Feministinnen und Gutmenschinnen dazu schweigen, bloss weil der männliche Täter ein roter Bundesrat ist. Denn merke: Die linke Ideologie kommt bei den Roten vor dem Machtmissbrauch. Das war auch in der DDR nicht anders und zeigt die widerliche Unglaubwürdigkeit der sogenannten Feministinnen im angeblichen Kampf für mehr Gerechtigkeit.

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