Schamloses blowin´ in the wind
Geburtstagsgeschenk zum 80. Für Bob Dylan. Missbrauchsvorwürfe …
Dustin Hoffman soll sich vor einer Frau entblösst und sie anschliessend um eine Fussmassage gebeten haben. Der grosse US-Schauspieler entschuldigte sich hilflos dafür – da er sich nicht mehr an den Vorfall aus dem Jahr 1985 erinnern konnte. Kein Wunder, mit weit über 80 und mehr als 30 Jahre später, als er zum ersten Mal erhoben wurde.
Ein neuer Rekord wird aktuell bei Bob Dylan aufgestellt. Der grosse Sänger und Literaturnobelpreisträger soll eine 12-Jährige sexuell missbraucht haben. Das behauptet sie zumindest in einer jüngst eingereichten Klage vor dem Obergericht Manhattans.
Die Frau ist heute 68 Jahre alt, der Missbrauch soll sich 1965 ereignet haben. Die in der Klageschrift anonymisierte Frau will bis heute unter den Folgen leiden und verlangt Schadenersatz in nicht bezifferter Höhe. Dylan liess mitteilen, dass diese falsche Anschuldigung energisch bekämpft wird.
Das rauschte natürlich durch den Medienwald, «Spiegel», «stern», FAZ, auch «20 Minuten» oder «Blick» schrieben die gleiche Tickermeldung ab und ergänzten sie mit mehr oder minder aktuellen Fotos des Künstlers.
Von «Spiegel» bis «20 Minuten», von «stern» bis «Blick»: gleiche Tickermeldung …
Dabei übersahen die Recherchiergenies dieser Qualitätsmedien allerdings ein kleines, aber entscheidendes Detail. Das mit ganz wenig Aufwand herauszufinden wäre. Aber das würde eine halbe Minute Aufwand bedeuten, plus den Einsatz von minimalem Grips sowie einem Hauch journalistischem Gespür.
Kurze Recherche mit interessantem Ergebnis
Denn eigentlich müsste sich jeder Journalist, der diesen Titel verdient, eine naheliegende Frage stellen:
Wieso wird diese Klage nach so langer Zeit ausgerechnet jetzt eingereicht? Und ausgerechnet in New York?
Als Gratulation zum 80. Geburtstag? Das kann ja wohl nicht der Grund sein.
Ist es auch nicht. Der Grund heisst «Child Victims Act». Das ist ein New Yorker Gesetz, das alle Verjährungsfristen für sexuellen Missbrauch an Minderjährigen aufhebt. Genauer: aufhob. Das sogenannte Lookback-Window, also das Zeitfenster, in dem entsprechende Klagen eingereicht werden konnten, endete am 14. August 2021. Genau zu dem Zeitpunkt, als diese Klage eingereicht wurde.
Das muss nun nicht heissen, dass ein solcher Missbrauch nicht stattgefunden haben könnte. Das muss nicht heissen, dass die Betroffene sich unglaubwürdig macht, indem sie erst 56 Jahre danach Klage einreicht. Das muss nicht heissen, dass sie es deswegen zu diesem Zeitpunkt tat, weil sonst schon längst alle Verjährungsfristen abgelaufen wären. Das muss nicht heissen, dass sie im letzten Moment die Berühmtheit des von ihr Angeschuldigten ausnützen will, um ihre Altersversorgung sicherzustellen.
Qualitätsmedien ohne Qualität
Aber die Berichterstattung zeigt: Selbst bei einer solchen Pipifax-Meldung, die überschattet wird von der Zivilisationstragödie in Afghanistan, sind die deutschsprachigen Medien, die Schweizer Medien nicht mal in der Lage, eine Sekunde Hintergrundrecherche zu investieren.
Das müsste den Unterschied zwischen Gratis-Info via Internet auf allen Kanälen und Bezahl-Info mit Zusatznutzen, aggregierter Qualität, einem wertigen Plus ausmachen. Damit der Käufer einen Grund dafür hat, seine Ausgabe nicht zu bereuen. Schliesslich hat er einen Wert bekommen, der gratis nicht erhältlich war.
So sollte es sein, wenn unsere Medien tatsächlich Qualität produzierten – und sie nicht nur behaupten würden. So müsste es sein, wenn sie verdienen würden, als unverzichtbare Vierte Gewalt mit 400 Millionen Steuerfranken pro Jahr subventioniert zu werden.
Das wäre schön. Aber die Realität ist hässlich: dazu sind sie nicht in der Lage.
Diese Information gibt’s nur auf ZACKBUM, der One-man-Show. Gratis.
Auch TAmedia , die Erfinderin des schwarzen Kästchens «Darum gehts» ist aufgesprungen: «Bob Dylan weist 56 Jahre alte Missbrauchsvorwürfe zurück». Grosser Titel, Lead, dann die Agenturmeldung wie millionenfach publiziert. Hoffnung auf vertiefte Information das schwarze Kästchen «Darum gehts». Hoffnung enttäuscht, im schwarzen Kästchen ist die Agenturmeldung auf 3 Sätze eingedampft, mehr nicht. TAmedia 2021, da ist verständlich warum der Verleger an die Honigtöpfe der SteuerzahlerInnen will, er glaubt nicht mehr an das Personal der «unabhängige Schweizer Tageszeitung».