Feuer frei auf die SVP

Ein Glanzstück der Demagogie aus dem Hause Tamedia.

Die Frontseite des «Tages-Anzeiger» vom Samstag war zweigeteilt. Zum einen die obligatorische Trauer über das Versagen der Fussball-Nati beim Penalty. Daneben aber ein Glanzstück rabiater Demagogie.

Wir holen tief Luft und regen uns mal furchtbar auf. Worüber? Darüber: «SVP-Politiker rufen dazu auf, gegen das BAG zu «schiessen»». Das der Aufmacher auf Seite eins, weiter hinten schrumpft es dann eine Idee:

«Er schrieb «Feuer frei!» gegen das BAG in Chat mit 100 Mitgliedern».

Aufruf der SVP zu Gewalt? Müssen BAG-Mitarbeiter unter Personenschutz gestellt werden? Ist’s in der Schweiz nun auch so weit wie in den USA? Muss demnächst mit einem Sturm auf das Bundeshaus gerechnet werden? Lassen führende Exponenten der SVP nun die Maske fallen, und das trotz Corona?

Könnte man meinen, aber es kann Entwarnung gegeben werden. Denn das ist alles reine Demagogie; zwei Tagi-Autoren, von denen zumindest einer einen Ruf zu verlieren hatte, blasen einen armen Frosch solange auf, bis der platzt. Konkret: Ein St. Galler SVP-Kantonsrat vermeldete in einem Telegramchat stolz, dass er mit dem SVP-Regierungsrat Stefan Kölliker telefoniert habe. Thema: Die Forderung des BAG, alle Schüler regelmässig auf Corona testen zu lassen.

Die Formulierung des Anstosses zur Erregung

Dann wörtlich: «Stefan Kölliker sträubt sich und bat mich, über alle möglichen Kanäle gegen das BAG zu schiessen. In diesem Sinne: Feuer frei!»

Über die Schlauheit dieser Formulierung liesse sich sicher diskutieren, aber es steht hier nicht der IQ der beteiligten SVP-Politiker zur Debatte. Was macht nun der Tagi draus? Ein Lehrstück der hinterfotzigen Art. Das beginnt schon mit dem Artikeleinstieg:

«Es geschah am helllichten Tag, am Donnerstag zur Mittagszeit.»

Immerhin, ein wenig Bildung lassen die Autoren hier aufblitzen:

Was hat nun diese Verfilmung eines Dürrenmattstücks über einen Kindermörder mit diesem Spruch eines SVP-Politikers zu tun? Eigentlich nichts, aber das ist ja der Sinn von Demagogie. Assoziationsketten, Verbindungen herzustellen, wo eigentlich nichts ist. Eine Gewebe von Unterstellungen, Andeutungen, Bösartigkeiten zu knüpfen, um den politischen Gegner in die Pfanne zu hauen.

In diesem Sinne fahren die Autoren dieses Schmierenstücks, Thomas Knellwolf und Leo Eiholzer, fort: «Von dort fand die «Feuer frei!»-Aufforderung des Kantonsrats schnell Verbreitung im populären «Corona Rebellen Chat». Und sie wurde rege angesehen: bis Donnerstagabend rund 1900-mal.»

Von einem Spruch mit wenigen Handgriffen zu gewaltbereiten Rechtsradikalen

Mit einem schmutzigen Handgriff sind wir nun schon bei den «Corona Rebellen». Wer ist denn das? Der Chat «vereinigt Impfgegnerinnen und -skeptiker, zu denen man auch Bruno Dudli rechnen kann, mit Evangelikalen, Rechtsextremen und esoterisch angehauchten Globalisierungskritikern. Auf Telegram, dem verschlüsselten Messenger-Dienst, verbreiten sie Aufforderungen zum Widerstand gegen die Corona-Massnahmen, zum Teil mit absurden Theorien und manchmal auch mit Beschimpfung und Drohungen gegen Vertreterinnen und Vertreter von Wissenschaft, Politik, Medien und Behörden. Viele tun dies anonym.»

Flugs kann man auch den Autor von «Feuer frei!» zu diesem bunten Haufen «zählen». So wie man offenbar jeden zu jeder Gruppe von Spinnern «zählen» kann, wenn die nur ein Zitat weiterverbreiten. Dass diese «Verbreitung rege angesehen» wurde, nämlich sagenhafte 1900 mal, zeugt entweder von völliger Unkenntnis – oder ist vielmehr eine weitere Verbiegung der Realität im Sinne der Demagogie.

Aber damit ist die Beweisführung natürlich noch nicht abgeschlossen. Von einer möglicherweise deplatzierten Formulierung sind wir bereits mitten im Sumpf von potenziell gewalttätigen Rechtsextremen. Dagegen geschnitten wird nun eine Warnung: «Die Direktorin des Bundesamts für Polizei (Fedpol), Nicoletta della Valle, hatte bereits Ende 2020 in einem Interview vor Hass in den sozialen Medien gewarnt.»

Hass, Drohungen:

««Für den Verfasser waren es nur Worte, aber ein anderer Chat-Teilnehmer schreitet zur Tat», sagte sie.»

Mit anderen Worten: SVP-Politiker fordern «Feuer frei!» aufs BAG, wer weiss, andere nehmen das beim Wort und beginnen zu schiessen.

Diese demagogische Spitzenleistung müsste unbedingt in Lehrbücher aufgenommen werden. Als Sahnehäubchen folgt natürlich noch die Konfrontation des Autors und des Regierungsrats mit diesem Spruch. «Am Donnerstagabend rechtfertigte Dudli am Telefon seine «Feuer frei!»-Aufforderung. Kurz danach schrieb er aber: «Hiermit untersage ich jegliche Zitierung/ Verwendung/Verbreitung.»»

Wunderbar, freuen sich die Demagogen, nun eiert der überforderte Provinzpolitiker noch rum. Souveräner reagiert der SVP-Regierungsrat, aber auch ihm kann man vorwerfen: «Stefan Kölliker will sich vom «Feuer frei!»-Post, der in seinem Namen verschickt wurde, nicht distanzieren.»

Mit Steinen aus dem Glashaus werfen …

Das hat nun null und nichts mit aufklärender Berichterstattung zu tun. Das ist schäbigster Gesinnungsjournalismus. Schlimmer noch: das ist mit Steinen aus dem Glashaus an der Zürcher Werdstrasse werfen. Denn im gleichen Haus wütet bekanntlich die Corona-Kreische Marc Brupbacher. Der lässt keine Gelegenheit aus, Regierungsverantwortliche auf das Übelste zu beschimpfen, im Diskant Tod und Teufel an die Wand zu malen, ständig neue Verschwörungstheorien und ungehemmte Rechthaberei zu verbreiten.

Ein amtlich zertifizierter Amok und Verschwörungstheoretiker. Na und, der darf das.

Im Gegensatz zu diesem SVP-Politiker hält er es zudem nicht für nötig, auf entsprechende Fragen oder die Möglichkeit zur Stellungnahme auch nur zu reagieren. Auch Arthur Rutishauser mag nichts dazu sagen, ob er es mit einer führenden Position in seiner Redaktion für vereinbar hält, Sottisen, Verleumdungen, Beschimpfungen und auf den Zehenspitzen gekrähten Unsinn zu verbreiten.

Aber he, Brupbacher gehört sicherlich nicht der SVP an, der darf das.

Rammstein: Aufruf zur Gewalt?

3 Kommentare
  1. Victor Brunner
    Victor Brunner sagte:

    Der IQ dieser SVP Politiker steht sehr wohl zur Debatte. Auch die Frage wie halten es die beiden mit ihrer Verantwortung. «Feuer frei» im Zusammenhang mit Menschen geht nicht, es gibt immer Deppen die solche Aufrufe falsch interpretieren.

    Für den TA natürlich ein gefundenes Fressen, Thomas Knellwolf und Leo Eiholzer haben ihren Auftrag erfüllt, Spalten füllen, egal wie, auf der Titelseite des Grauens. Mehr als die Hälfte der Seite ein wenig aussagekräftiges Bild mit 2 Fussballern von hinten. Fussballer haben ja kein Gesicht.

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  2. Hans von Atzigen
    Hans von Atzigen sagte:

    Der Tagi, Blick und Co und Aufrufe zur Gewalt.
    Wenn es um deren Sicht der Dinge geht, dann fordern die Postwendend ohne unparteiische Prüfung des Sachverhaltes, umgehend Gewaltmassnahmen.
    Selbstverständlich mit dem gröbsten das die zeitgenössische Waffentechnik zu bieten hat.
    Eine erste Welle mit Tarnkappenjägern und eine 2 +? Welle mit schweren Bombern.
    Im Lager der „Bösen» SVP muss man solche Ergüsse suchen.
    Diese stehen erwiesenermassen eher für besonnen und im Zweifelsfall für Neutralität. Wer schnell draufhaut der hat ein sehr hohes Risiko den Falschen zu treffen. Darum sollte und muss der Tarnkappenjäger, der schwere Bomber, die absolut letzte Option sein und bleiben.
    Ach ja, die Corona Taskforce die glaubt, hmmm??? Sehr wahrscheinlich selbst nicht mehr an die Thesen und die darauf bauende Panikdresche die sie hinausposaunt.
    Der Corona Panik- Hype, mit immer offensichtlich quasireligiösem Unterthon wird langsam bis zum Überdruss langweilig.
    In einem unterscheiden sich die Deutschen und die Schweizermedien. Die Deutschen Medien Präsentieren fast immer den gleichen Corona Knallfrosch.(KL😊) Die Schweizermedien sind etwas ausgewogener gerechter, hier dürfen schön der Reihe nach alle ihren GLEICHLAUTENDEN Saft hinausblasen.
    Die besonnenere Opposition und Fachwelt, wird beidseits des Rhein ausgesperrt und verteufelt.
    Schönen Sonntag

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  3. Tim Meier
    Tim Meier sagte:

    Tamedia? Da sind doch die, welche Probleme mit den Entscheiden des BR haben. Täglich mehrere Artikel betr. dem F-35 Entscheid, der natürlich völlig falsch sei. Und hockt einer im EU-Parlament ganz ‹hinten, so darf er in den Tamedia-Blättli doch gegen die Schweiz ’schiessen›.
    Heute darf wieder der Cottier aus dem Vollen schöpfen und will mit einer Studie einen ‹Verfassungsbruch› erkennt haben. So der Teaser, für den ganzen Artikel wird Geld verlangt. Nun, was von all den Studien, Experten und sonstigen Besserwissern zu halten ist, hat die Corona-Krise deutlich aufgezeigt: der Lack ist ab.

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