Was macht eigentlich …
… Pascal Hollenstein? Die journalistische Leiter nach unten von CH Media?
Sein Megaphon im Dienste von Jolanda Spiess-Hegglin verstaubt zurzeit in der Ecke. Publizistischer Bedarf besteht auch nicht. Eigentlich könnte Pascal Hollenstein in die Frühpensionierung abschwirren. Der Leser würde es ihm danken. Ausser, er machte den Felix E. Müller (Ex-Chef der NZZaS, pensioniert und weiterschreibende Sparmassnahme) und schriebe und schriebe und schriebe.
So ist Pascal Hollenstein nicht. Hat er nichts zu sagen, schweigt er. Schweigt er nicht, hat er trotzdem nichts zu sagen. Item, zum Abbruch der Verhandlungen über ein neues Rahmenabkommen mit der EU hielt die Welt gespannt den Atem an und kriegte schon ein rötliches Gesicht.
Die hat sich nun entladen, endlich. Hollenstein präsentiert das Resultat tiefen Nachdenkens, unermüdlichem Polierens, einem titanischen Kampf mit der Sprache (nach dem dritten K.o. warf sie das Handtuch).
Hollenstein geht’s ums Ganze, worum denn sonst
In seinem Kommentar geht es ums Ganze:
«Ein Sieg von Blocher und der SVP, für den die Partei einen hohen Preis zahlen könnte».
Hollenstein versucht sich hier an einem gepflegt-staatstragenden Ton, der Helmut Schmidt gut anstand. Auch Hollenstein will das ganze Orchester auffahren. Warnen, mahnen, erinnern. Analytische Schärfe aufblitzen lassen. Sozusagen das Wort zum Sonntag der Politik sprechen. Oder in einem Wort: klugscheissen.
Auch das muss man können. So versemmelt es Hollenstein schon mit der Einleitung: «Die Schweiz mag die politische Folklore. Zum festen Inventar gehört dabei die Illusion, Bundesräte stünden immer und in jedem Fall über parteipolitischen Interessen.» Keine Ahnung, bei wem – ausser vielleicht Hollenstein – diese Illusion zum festen Inventar gehört. Wer trotzdem weiterliest, wird dafür nicht belohnt. Eher gequält.
Wohin und zurück mit Hollenstein.
Denn Hollenstein hat eine (in Zahlen 1) Idee gehabt. Nicht originell, nicht umwerfend, aber he, immerhin eine Idee. Die lautet so: durch den Abbruch der Verhandlungen über ein neues Rahmenabkommen ist der SVP der nächste Wahlkampfschlager, wenn nicht die Seele der Partei abhanden gekommen. Ihre Daseinsberechtigung. Denn wäre es doch noch zu einer Einigung gekommen: «Ein Traumszenario für die Volkspartei, deren einstiger kometenhafter Aufstieg eng mit der EWR-Abstimmung 1992 zusammenhängt.»
Dieser Abbruch trifft die SVP hart, meint Hollenstein
Also sozusagen a one trick pony, wie der Ami sagt. SVP, das ist Anti-EU. Lassen wir mal die Partei als Hort von Volksverhetzern, Corona-Leugnern, staatliche Massnahmen laienhaft und verantwortungslos kritisierenden Dumpfbacken beiseite. Also Anti-EU. Denn für sie sei mit dem Abbruch der Verhandlungen
«der Feind abhandengekommen, das Lieblingsthema weg und kein anderes in Sicht. Kurz: Ein Desaster.»
Schön für die bürgerlichen Parteien, und da kann es für die NZZ nur eine geben. Aber da sieht Hollenstein ein kleines Fünklein Licht, das er nun auch während Dusche und Bad nie mehr erlöschen lässt: «Nicht gut, aber immerhin etwas besser sieht es für FDP, Mitte und SP aus. Allen drei Parteien drohten bei einem Abstimmungskampf zum Rahmenabkommen hässliche interne Querelen. Der SP mit ihrem Gewerkschaftsflügel. Insbesondere aber die Freisinnigen boten im Rahmenabkommen-Dossier ein pitoyables Bild, ihr Aussenminister Ignazio Cassis wäre in den Wahlen zur ernsthaften Belastung geworden.»
Wir lieben es, wenn ein Tiefflieger das Wort «pitoyabel» verwendet, weil er meint, damit eine geradezu goetheanistische Flughöhe zu simulieren.
Nachdem Hollenstein die Auswirkungen dieses historischen Moments (meiner Treu, Verhandlungen wurden abgebrochen, das kann doch mal passieren, passiert auch ständig) abgeschmeckt, abgewogen, staatmännisch eingeordnet hat, in einer verstaubten Grossbürgersprache, wie es sich nicht einmal mehr die NZZ trauen würde, sondern nur noch Möchtegerns, wie sieht denn das Orakel die Zukunft?
Höret und staunet:
«Für die FDP und insbesondere Ignazio Cassis geht es in den nächsten Wahlen um viel, der Formstand der Partei ist miserabel. Gewiss, nach dieser Woche ist nun die Konkurrentin SVP thematisch geschwächt. Aber ob das reicht, um den freisinnigen Absturz zu verhindern, bleibt offen. Denn die eigentliche Gefahr droht den Freisinnigen ohnehin von den Grünliberalen. Mit dem historischen europapolitischen Entscheid vom Mittwoch ist sie nur noch grösser geworden.»
Ein Desaster. Dieser Kommentar von Hollenstein
Wer einen Ausblick auf kommende Wahlen mit «für xy geht es um viel» beginnt, hat eigentlich schon jede Kontrolle verloren. Denn, vielleicht abgesehen von Diktaturen, wann geht es bei Wahlen für Parteien mal nicht um viel? Wann hört man aus Parteizentralen: Ach, die nächsten Wahlen? Sind uns egal, wir müssen noch überall das Gendersternchen einpflegen.
Ich schwör’s, Hugo Bütler hätte so einen Satz vielleicht noch per Montblanc Meisterstück und grüner Cheftinte aufs Papier gekritzelt. Dann angeschaut, kurz den Kopf geschüttelt, leise «Quatsch» gesagt, das Papier zerknüllt, Papierkorb, neuer Anlauf. Nicht nur das unterscheidet Hollenstein von Bütler.
Der ehemalige Chefredaktor der NZZ, dessen Kürzel Bü. lautete, wurde von Niklaus Meienberg selig (Nora Zukker, das war, aber lassen wir’s) völlig richtig damit vorgeführt. Ob Bü. wohl für Büttel stünde? Oder für Bünzli? Nein, das stehe für Bürgertum, donnerte Meienberg. Wofür steht denn dann hol.? Genau, für ein fehlendes h nach dem o.
…>Sozusagen das Wort zum Sonntag der Politik sprechen. Oder in einem Wort: klugscheissen.<…
Ich lach jetzt noch.
Mein Eindruck zum Hollenteinschen Erguss: Reisserische Schlagzeile zum heissgeliebten Aufhänger: SVP. Etwas Vorgeplänkel mit sattsam wiederholten Fehleinschätzungen und damit bekannten Vorurteilen und dann geht es nur noch um die FDP und deren «Angstgegner» die GLP.
Selten so einen unsinnigen Verleumdungsartikel, pardon: Meinungsartikel, gelesen und mich gefragt wer das denn verbrochen habe. Jetzt weiss ich es und damit auch, dass es sich auch weiterhin lohnen wird solche Antiqualitätszerftifikate in den CH.Medien lesen zu dürfen.
Hier disqualifiziert sich leider auch eine Verleger-Nachwuchsgeneration in kläglicher Selbstzermalmung.