Rah-ha-ha-abkommen ist tot

Weder Befürworter noch Gegner kommen um die Erkenntnis herum: mausetot.

Eigentlich war die Haltung aller Schweizer Medien zum Gewürge mit dem sogenannten Rahmenabkommen mit Deutschland: im Prinzip ja.

Ringiers Vorschreiber Frank A. Meyer, Wohnsitz Berlin, ist ein vehementer Befürworter. Gewesen, denn was geht ihn sein dummes Geschwätz von gestern an. Auch der Club der Chefredaktoren, die etwas zu sagen haben, also Patrik Müller (CH Media), Arthur Rutishauser (Tamedia) und Eric Gujer (NZZ) waren mal mehr oder minder begeisterte Befürworter.

Zuerst Rutishauser, schliesslich auch Gujer gingen aber im Verlauf des Gemurkses immer mehr auf Distanz. Zwischendurch wurden Geheimpläne enthüllt, der arme Aussenminister demontiert, immer neue Verhandlungsvarianten ins Spiel gebracht. Halt das, was die Medien so tun, wenn ihnen absolut nichts mehr einfällt zu einem Thema.

Aber immerhin, es gibt News. Rahmenvertrag aus dem Rahmen gefallen. Was nun? «Nicht der Bundesrat, sondern das System ist schuld», (SRF), «Grenzregionen fürchten um ihre Wettbewerbsfähigkeit», (nau.ch), «Gescheitertes EU-Rahmenabkommen: «Die Schweiz hat das Feld verlassen, bevor das Spiel zu Ende war»», (CH Media), «Gescheitertes Rahmenabkommen: Grenzregionen fürchten um ihre Wettbewerbsfähigkeit», («watson»), «EU-Rahmenabkommen: Nicht alle Bundesräte wollten sofortigen Abbruch», («Blick»), «Nach dem Verhandlungsabbruch beginnt die Suche von vorn: Könnte eine Volksinitiative die EU-Frage klären?», (NZZ), «Exklusiv-Interview mit Carl Baudenbacher: «Das Geschäft muss auf ein neues Gleis»» («Nebelspalter»), «7 Folgen nach geplatztem EU-Deal: Hier drohen jetzt die nächsten «Nadelstiche»» (Tamedia).

1000 mal erwähnt, nichts passiert

Lassen wir es bei dieser Kakophonie bewenden. Insgesamt gibt die Suche nach «Rahmenabkommen» in der SMD für die letzten 7 Tage über 1000 Treffer. Wie könnte man die aufklärerische Wirkung messen, da dieses Thema offensichtlich von Bedeutung ist?

Ganz einfach; indem sich der geneigte Leser drei Fragen stellt (und beantwortet):

  1. Was beinhaltete das Rahmenabkommen?
  2. Ein Argument dafür, eines dagegen?
  3. Geht’s der Schweiz nun dreckig?

Vor allem bei der letzten Frage hält man sich inzwischen gerne bedeckt. Zu unangenehm noch die Erinnerung, als zur allgemeinen Überraschung 1992 schon etwas Ähnliches abgelehnt wurde. Damals wurde flächendeckend der Untergang der Schweiz an die Wand gemalt, der Ausbruch von neuem Elend, die Schweiz als Paria im Zentrum Europas. Eine Insel, die sich egoistisch dem europäischen Gedanken verweigert. Und schon sehen wird, was sie davon hat.

Das hat die Schweiz tatsächlich gesehen. Mit den üblichen Einschlägen entwickelte sie sich in den seither vergangenen knapp 30 Jahren prächtig. Was man von der EU wirklich nicht sagen kann. Bei allen Befürwortern, Euro-Turbos bis sich selber als Pragmatiker sehenden Politikern und Medienschaffenden: und jetzt?

Ein weiteres Armutszeugnis für die Medien; mit wenigen Ausnahmen. Sie beschränkten sich wieder darauf, im Wesentlichen grosse und kleine Teufel an die Wand zu malen, sollte diese Vereinbarung nicht zustande kommen.

Reflexe statt reflektieren

Der Reflex ist weiterhin überstark: Wenn die SVP dagegen ist, muss man dafür sein. Wenn Christoph Blocher dagegen ist, muss man dafür sein. Wofür? Ist doch egal.

Nun wäre nach dem Katzenjammer eigentlich angebracht, sich Gedanken zu machen, wie das nun weitergehen könnte. Denn, Wunder über Wunder, die Welt ist nicht stehengeblieben, als der Bundesrat das Ende des Gemurkses verkündete.

Aber wenn man nicht mit routiniertem Griff copy/paste machen kann, die ewig gleichen Gedanken nochmal durchschütteln und wieder in Spalten giessen – dann herrscht erst mal gähnende Leere. Ein schwarzes Loch, in das Millionensubventionen geschüttet werden.

6 Kommentare
  1. Marcella Kunz
    Marcella Kunz sagte:

    Die linken, grünen (inkl. grün»liberaler») und anderen neuen Freunde der Exportwirtschaft sind exakt jene, die bei jeder Gelegenheit Exportverbote und andere Sanktionen für Russland, die Türkei, Saudi-Arabien, die Golfstaaten, China, Brasilien etc. fordern. Also am liebsten nur noch mit der EU und den USA (seit Biden) Handelsbeziehungen möchten.

    Antworten
  2. Sam Thaier
    Sam Thaier sagte:

    Den Faktencheck ist erst seit etwa fünf Jahren en vogue. Empfehle den Journalisten die «EWR-Arena» vom 27.11.1992 anzusehen, u.a. auch mit Christoph Blocher in der Debatte. Kann (glücklicherweise) immer noch auf der Website von SRF abgerufen werden.

    https://www.srf.ch/play/tv/arena/video/abstimmungs-arena-zum-ewr-beitritt?urn=urn:srf:video:c174b9a5-0c0d-48b5-940a-30a2f3771f48

    Ein kritischer «Faktencheck» dieser damaligen denkwürdigen Debatte, wurde leider von unseren Medien auch jetzt nie unterzogen. Die heutige Sicht wäre aber zentral, was war – und daraus geworden ist.

    In dieser Debatte behauptete Christoph Blocher etwa, falls die Schweiz nicht dem EWR beitrete, so könnten die Gesuche der weiteren EWR-Interessenten nicht in Kraft treten.

    Ja, wo sind denn Island, Norwegen und Liechtenstein trotzdem gelandet? Natürlich im EWR!

    Blocher behauptete auch, dass auf den EWR-Beitritt, ein unweigerlicher Beitritt in die EU (damals noch EG genannt), erfolgen müsse. Frage an kritische Journalisten, die denn Job richtig machen: Wo sind denn Liechtenstein, Island und Norwegen auch nach bald 30 Jahren geblieben. Natürlich im EWR! Wie es ihnen nach diesen langen Jahren Mitgliedschaft geht, wurde von unseren Journalisten auch kaum erforscht.

    Antworten
    • Peter Moser
      Peter Moser sagte:

      Der EWR- Zug scheint mir abgefahren zu sein. Mittlerweilen ist das Gebilde EU auch arrogant und diktatorisch geworden. Die grossen Länder drücken dort ihre Interessen und Ansichten durch, das ist inkompatibel mit einem demokratischen Staat.

      Speziell Norwegen wird seit Jahren von der EU gegängelt, endlich beizutreten. Die Länder Island und Liechtenstein sind einfach nicht wichtig genug für bilaterale Streitigkeiten.

      Der Fall Norwegen im EWR, wurde meiner Ansicht nach von unseren Medien ungenügend beleuchtet, in all den Jahren.

      Antworten
  3. Tim Meier
    Tim Meier sagte:

    Der tumbe Haltungsjournalist reagiert beim Token «SVP» mit dem üblichen pawlowschen Reflex. So was von voraussehbar und öde. Noch mehr Geld im Schwarzen Loch bringt keine Besserung sondern produziert noch mehr vom Selben.

    Antworten
  4. Beat Reichen
    Beat Reichen sagte:

    Das kollektive Versagen und die pathologische Unfähigkeit der Journaille hat sich hier einmal mehr gezeigt. Das Wundenlecken bei SRF war so augenscheinlich und peinlich wie unwürdig.

    Antworten

Dein Kommentar

An Diskussion beteiligen?
Hinterlasse uns Deinen Kommentar!

Schreiben Sie einen Kommentar zu Marcella Kunz Antworten abbrechen

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert