Vincenz? Da war doch mal was?

Es gibt News vom Fall Vincenz. Die News ist: es gibt keine. Also schon eine kleine.

Auch hier sorgt das Medienelend für schwere Belästigungen des Lesers. Wenn früher ein Redaktor mit so einer Story aufgeschlagen wäre, hätte spätestens der Chefredaktor gefragt: Und was ist genau die Story, dass wir daraus nicht einfach eine zweizeilige Meldung machen?

Wenn da der Journalist ins Stottern geraten wäre und dies und das gemurmelt hätte, wäre er aus dem Chefbüro gewedelt worden, und der Chef hätte den zuständigen Ressorleiter angerufen und ungespitzt in den Boden gerammt; wie es dem nur einfallen könne, so einen Text bis zu ihm durchzuwinken.

Im aktuellen Fall kommt allerdings noch zum Ausmelken jedes Newspfropfens hinzu, dass der Oberchefredaktor Arthur Rutishauser höchstpersönlich der Autor der zum Artikel aufgepumpten Meldung ist.

Im Titel ist bereits alles gesagt: Fall Vincenz kommt im Januar vor Gericht.

Im Januar 2022. Für Vorfälle, die bis ins Jahr 2007 zurückreichen. Wo selbst die als Hilfsanklage in höchster Not aus dem Hut gezauberten Anschuldigungen wegen Spesenbetrugs an der Verjährungsgrenze schrammen.

Wer hat Rutishauser angefüttert?

Während bezüglich der Schweinerei, dass die endlich nach vielen Jahren fertiggestellte Anklageschrift eher schneller bei den Medien waren als beim zuständigen Gericht, weiter nichts bekannt ist, wie es mit der Erforschung der Quelle steht. Obwohl ja der Kreis der Verdächtigen, die diese vertrauliche Dokument weitergegeben haben könnten, sehr, sehr überschaubar ist.

Es dürfte sich zudem um die gleiche Quelle handeln, die Rutishauser über die Jahre hinweg immer wieder mit pikanten Details anfütterte. Aber die gesamte Anklageschrift leaken, das ist schon besonders übel.

Aber statt ein Wort darüber zu verlieren, dass nun auch noch der Gerichtstermin ganze 15 Monate nach Einreichen der Anklage erfolgt, rollt Rutishauser nochmals die «schwer wiegenden Vorwürfe» auf. Als ob das Ansetzen eines Termins dafür wirklich genügend Anlass böte.

Gegen Ende macht Rutishauser dann nochmal einen Trommelwirbel: «Im Zentrum des Prozesses wird die Frage stehen, ob Vincenz und Stocker noch einmal ins Gefängnis müssen.» Und der juristische Laie meint, im Zentrum des Prozesses sollte stehen, ob Vincenz und den Mitangeklagten über jeden vernünftigen Zweifel erhaben rechtswidriges Tun nachgewiesen werden kann.

Am Schluss noch ein Höhepunkt

Aber den richtigen Knaller leistet sich Rutishauser mit seiner Schlusspointe:

«So schwer die Vorwürfe auch sind: Für alle Beteiligten gilt die Unschuldsvermutung.

Zur Erinnerung: Beim Swissair-Prozess war die Anklage auch ernsthaft, aber am Schluss gingen alle Angeklagten straffrei aus.»

Auch ernsthaft? Wer die beiden Anklagen vergleicht, kann bei dieser Bemerkung aber nicht ernst bleiben. Swissair war wirklich ein Riesending, das hier ist der verzweifelte Versuch eines bislang erfolglosen Staatsanwalts, gegen Ende seiner Karriere noch einmal Erfolg zu haben.

Lachschlager Unschuldsvermutung

Der lauteste Lachschlager ist das mit der Unschuldsvermutung. Nein, die gilt nun ganz sicher nicht mehr, und der Autor dieses Stücks hat daran einen sehr grossen Anteil …

Deshalb spielt es eigentlich keine grosse Rolle mehr, wann der Prozess stattfindet. Mit welchem Urteil er enden wird. Die Unschuldsvermutung ist schon längst ermordet, gevierteilt, gepfählt und auf den Schindanger geworfen worden. Die Reputation, die Lebensleistung, die Intimsphäre von Vincenz zerstört. Das alles ist nicht mehr heilbar.

 

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