Halt! Haltet einmal ein

Lassen sich Jolanda Spiess-Hegglin und Andreas Glarner auf ein Experiment ein?

Von Adrian Venetz

Ohne Streit erlischt die politische Debatte. Unterschiedliche Meinungen sind das Benzin jeder Demokratie. Dabei geht es aber um viel mehr als um das unsäglich ermüdende Links-Rechts-Gepolter, das vor allem in sozialen Medien auf die Spitze getrieben wird. Die «Linken» sind weder besser noch schlechter als die «Rechten»– et vice versa. Wer die Weltwoche und den Nebelspalter als einzige vernünftige Informationsquelle ansieht und alles andere verteufelt, hat genau so wenig begriffen wie jemand, der keine politische Berichterstattung rechts von WoZ und Tagi zulassen will. Es ist gut, dass es linke Meinungen gibt. Es ist gut, dass es rechte Meinungen gibt. Und es ist wichtig, dass sie sich aneinander reiben.

Weniger gut ist, dass es Menschen gibt, die ihre Fehden auf Twitter und Co. austragen. Denn hier finden wir vor allem die Kläffer und Kurzdenker. Zwei prominente Beispiele dafür sind Andreas Glarner und Jolanda Spiess-Hegglin. Mit beiden habe ich noch nie ein Wort gesprochen. Beide erwecken bei mir den Eindruck, dass sie mit ihren Äusserungen auf den sozialen Medien nichts, aber auch gar nichts zu einer anständigen Auseinandersetzung mit kontrovers diskutierten Fragen beitragen. (Was aber keineswegs heissen soll, dass andere – inklusive ich – als Musterknaben gelten.)

Kürzlich hat ein Kommentator hier geschrieben, Jolanda Spiess-Hegglin sei eine durchaus vernünftige und umgängliche Frau, wenn sie nicht vor einer Tastatur sitze. Gewiss sagen Glarners Freunde dasselbe von ihm. Und da dürfte etwas Wahres dran sein. Ich glaube aber nicht, dass die Tastatur das Problem ist. Vielmehr ist es das Publikum auf Twitter, das pausenlos kommentiert, retweetet, Herzchen verteilt. Es ist wie in Kafkas Parabel «Auf der Galerie»: Glarner und Spiess-Hegglin werden von all den Dampfhämmern auf Twitter durch die Manege gejagt, führen brav ihre Kunststückchen auf, unterhalten ihr johlendes Publikum. Sie kommen nicht zur Ruhe.

Ich möchte Jolanda Spiess-Hegglin und Andreas Glarner Folgendes beliebt machen:

  • Beide sind während zwei Wochen mucksmäuschenstill auf Twitter. Sie verteilen keine Herzchen, sie retweeten nicht, sie kläffen nicht.
  • Sie treten stattdessen auf der neutralen Plattform jolandreas.ch in einen Dialog. Ein digitaler Briefwechsel. Durchaus pointiert, aber anständig. Beide schreiben in diesen zwei Wochen mindestens zehn Beiträge mit je mindestens 300 Wörtern. Sie beleidigen sich nicht, sondern legen ihre Standpunkte dar und gehen auf die Standpunkte ihres Gegenübers ein. Sie verhalten sich wie zwei vernünftige Menschen. Sie beweisen, dass sie mehr können als kläffen.
  • Auf jolandreas.ch kommen nur diese zwei Personen zu Wort. Ihre Beiträge werden nicht kommentiert. Es werden keine Daumen nach unten verteilt, keine Herzchen gesammelt. Das Publikum hält einfach die Schnauze.
  • Einen ersten Beitrag zu einem aktuellen politischen Thema schicken Jolanda Spiess-Hegglin und Andreas Glarner bis spätestens Dienstag, 11. Mai, 20 Uhr. Geschieht das nicht, wird die Website gelöscht. Lassen sie sich darauf ein, gilt ab diesem Zeitpunkt das zweiwöchige Twitter-Verbot. Liefert nur eine der beiden Personen einen Beitrag, schicke ich dieser Person eine gute Flasche Walliser Weissen, verbunden mit einer Portion Respekt.
  • Halten sich die beiden an die oben aufgeführten Spielregeln, spende ich je 300 Franken an eine von ihnen ausgewählte wohltätige Institution. Ich bin finanziell alles andere als auf Rosen gebettet, 600 Stutz sind verdammt viel Geld für mich. Aber mein Ehrenwort gilt.

Wer ich bin? Ein Niemand. Nur ein Zuschauer, der das Halt! durch die Fanfaren des sich immer anpassenden Orchesters ruft.

8 Kommentare
  1. Hans von Atzigen
    Hans von Atzigen sagte:

    Jolanda Spiess Hegglin???
    Hä waaas ehhhh aaaa ja da war mal etwas, vor ??? Jahren.
    Aaaa, ja der Blick war auch dabei.
    Wen interessiert das noch???
    Mehr als ein 1% der Schweizer Bevölkerung kaum.
    Hat die Schweiz keine gewichtigeren Probleme???

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  2. Simon Ronner
    Simon Ronner sagte:

    Herr Venetz, lesen Sie «Weltwoche» und «Nebelspalter» überhaupt? Wenigstens ab und zu? Ja? In dem Fall haben Sie nichts begriffen, null.

    Konträr zu linken Medien mit ihrem erzieherisch-autoritärem «Prawda»-Gebaren sind Köppel und Somm massgeblich beeinflusst von liberalen Vordenkern wie Hayek, Locke, Mill – daher offen für die Debatte: wer etwas beizutragen hat, aufrichtig und schlüssig argumentiert, der ist willkommen. So konträr die Ansichten auch zu «traditionellen» Positionen von FDP oder SVP stehen mögen.

    Eine heillose Überforderung für typisch selbstgerechte Bünzli-Linke, die nur in schwarz-weiss denken wollen. Ausserdem suchen die sowieso das Heil in der Mehrheit, wollen bei denen sein, die von Medien, Intellektuellen und Künstlern als «gut», «gescheit», «richtig», «schön», «cool» dargestellt werden (klar abgegrenzt von denjenigen, die als hässlich, primitiv, dumm diffamiert werden). Sie werden zeitlebens bei Twitter (dem linken Intranet), beim «Tages-Anlüger» und der «WoZ» bleiben.

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    • Adrian Venetz
      Adrian Venetz sagte:

      Ja, ich lese die Wewo. Auch die WOZ. Aber um mir eine wirklich fundierte Meinung zu bilden, lese ich am liebsten Ihre Kommentare. Merci bien und schönen Nachmittag!

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  3. Marcella Kunz
    Marcella Kunz sagte:

    Stimme nicht zu. Es gibt einen Unterschied zwischen der Offenheit der WeWo (bzw. Köppel) für andere Meinungen (Bodenmann ist nicht einfach ein Feigenblatt) und der linken Intoleranz von WOZ/Tagi (lese beide zwar schon lange nicht mehr).

    Zu Twitter (bin nicht drauf): If you can’t stand the heat, get out of the kitchen. Es gibt ohnehin zu viel Harmoniesucht und damit Hinterzimmer-Küngelei in der CH-Politik. In Frankreich z.B. sind die Debatten viel härter. Glarner, der Mann hat Rückgrat. JSH hat sich politisch ins Abseits manövriert, Twitter ist ihre Ersatzpolitik und ihr Geschäftsmodell. Abstinenz ist illusorisch.

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    • .Victor Brunner
      .Victor Brunner sagte:

      Glarner Rückgrat? Wenn ja dann das eines Haribo Gummibärchen. Beispiel die junge Lehrerin die er gemobbt hat und die faulen Ausreden hinterher, wie bei «Arschlan», der Facebook-Gruppe die zu Gewalttaten aufgerufen hat und Glarner einer der Administratoren war, oder die Häme über die erfolgreichen Lehrlinge von Aldi in Perlen. Immer im Nachhinein faule Ausreden. Glarner ist ein Sprechapparat ohne Denkprozessor, Rückgrat hat er nicht!

      Bezüglich WeWO gebe ich ihnen recht, Köppel als Chefredaktor macht einen guten Job, liberal, und meinungsoffen, diskussionsfreudig. Als NR liefert er eine grottenschlechte Performance! Da ist von liberal und offen keine Spur mehr, nur noch SVP Blasen!

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    • Gerold Ott
      Gerold Ott sagte:

      Glaube zwar eher, JSH therapiert sich auf Twitter. Dazuhin braucht diese schwache Figur ihre Claqueure, um sie mit Bauchpinsel-Attitude anzufeuern.

      Die Intoleranz von WOZ/TA ein grosses Ärgernis. Lese gerne die Kolumne von Peter Bodenmann in der Weltwoche.

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  4. .Victor Brunner
    .Victor Brunner sagte:

    Gute Idee, aber Dienstag, 11. Mai, 20 ist zu kurz. Um eine gepflegte Debatte zu führen brauchen JSH und Glarner mehr Zeit um sich der persönlichen und geistigen Entwicklung zu widmen. Empfehle auch den Dienstag, 11. Mai, aber 2027!

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