Dummheit ist ansteckend

Leider eine weitere Folge. Inzwischen ist das Virus auf die Credit Suisse übergesprungen.

Am Donnerstag gab die einstmals stolze und starke Bank ihr Quartalsergebnis bekannt. Reinverlust eine runde Viertelmilliarde. Mindestens 7 Milliarden mit nur zwei Investitionen verröstet. Einem vorbestraften Family-Office-Manager 10 Milliarden Spielgeld geliehen, vielleicht sogar 20. Also die Hälfte des geschrumpften Eigenkapitals. Risk Management, gesunder Menschenverstand, Kontrolle, die simple Frage: was machen wir da eigentlich, und ist das tatsächlich sinnvoll? Abwesend.

Aktienkurs seit Februar um ein Drittel geschrumpft, und wir messen hier sowieso schon im Keller. Von einstmals stolzen 13,50 Franken auf etwas über 9 Franken. Erinnert sich noch jemand daran, dass er mal über 60 Franken war?

Das ist die Realität. Nun gibt es in jeder Bank die sogenannte Corporate Communication. Also die Oberhoheit über alles, was die Bank so rauslässt. Das hat sehr häufig mit Compliance zu tun, also was muss man zu einem Anlageprodukt sagen, welche Gesetze und Vorschriften müssen eingehalten werden.

Der anspruchsvolle Auftrag

Das ist der dröge Teil der Arbeit. Etwas anspruchsvoller sind die Quartalsberichte und der jährliche Geschäftsbericht. Denn da geht es immer häufiger darum, aus Scheisse Gold zu machen. Also das Kunststück zu vollbringen, Desaster und Katastrophen und Versagen so aufzuhübschen, dass es sich viel weniger schlimm anhört, als es eigentlich ist.

Dabei gibt es aber ein Problem. Man kann ein Ei bunt anmalen. Ein Schleifchen drum drapieren. Es in ein süsses Nest legen. Es sogar golden ansprayen. Aber wenn man es aufschlägt, und es ist ein faules Ei, dann verbreitet sich unvermeidlich ein übler Geruch. Da nützt dann die ganze Dekoration nichts.

Angesichts der aktuellen Zahlen der Credit Suisse wäre es zwar angebracht, einfach zu sagen: Es ist grauenhaft, wir beschäftigen Totalversager für viel Geld. Dafür entschuldigen wir uns, haben sie alle rausgeschmissen und hören endlich auf, Investmentbanking zu spielen, wo die «stupid gnomes from Zurich» seit Anfang an nur Verluste gemacht haben.

Etwas eleganter und staatstragender formuliert, wäre das eine Ansage, die mit der Realität in Kontakt steht. Aber wer das Statement von CS-CEO Thomas Gottstein verfasst hat, ob intern oder – immer noch gefüllte Geldtröge für die darauf spezialisierten Agenturen – extern, der müsste zugeschüttet werden. Nein, nicht mit Gold.

Hätte ein böser Satiriker diesen Text als Persiflage verfasst, es wäre geschmunzelt worden, aber er bekäme gesagt: Vielleicht etwas weniger Gas geben, sonst wird es wirklich zu unrealistisch. So etwas sagt doch kein CEO.

So etwas sagt dieser CEO:

«Unser zugrunde liegendes Ergebnis unterstreicht die Ertragskraft der Credit Suisse.»

Wohlgemerkt, dieses Ergebnis beinhaltet, dass die CS in nur einem Quartal mindestens 7 Milliarden Franken verröstet hat. Mit lediglich zwei riskanten Wetten, bei denen sie einen guten Teil des Eigenkapitals ins Feuer gestellt hat.

Problem? Was für ein Problem? Wo ist ein Problem?

Aber, das ist kein Anlass zu Panik, liess sich Gottstein in den Mund legen. Eigentlich läuft alles bestens, vor allem, weil «wir alles daransetzen, dass die Credit Suisse gestärkt aus dieser Situation hervorgehen wird.» Das freut natürlich den gequälten Aktionär ungemein, vor allem, weil im völlig Ungefähren bleibt, wann denn «diese Situation» gestärkt verlassen wird. Und was das eigentlich heissen soll.

Selbstredend wird durchgegriffen, neu aufgestellt, «Inakzeptables» wird nicht länger akzeptiert, selbstverständlich verzichtet die Geschäftsleitung – und freiwillig auch VR-Präsident Urs Rohner – auf den Bonus fürs letzte Jahr. Das ist nett von denen, aber solange die «Key Risk Taker» sich noch jedes Jahr aus einem Bonustopf von einer Milliarde bedienen – unabhängig davon, ob sie dafür einen Milliardenverlust basteln –, kann von einem Umdenken keine Rede sein.

Damit die CS wie immer gestärkt, wie immer nach einem Schwächeanfall, «aus dieser Situation» herauskommen kann, braucht sie schlappe 1,7 Milliarden frisches Kapital. Das nimmt sie mit Zwangswandelanleihen auf. Diese Contingent Convertibles heissen in Japan «Todesspiralenanlagen». Denn sie werden zwangsweise in Aktien umgewandelt, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind.

Bis vor Kurzem stotterte die CS noch bis zu 10 Prozent Zinsen auf die erste Runde in der Finanzkrise eins aufgenommene Gelder auf diesem Weg. So sieht dann die Quartalsbilanz so aus: Risk Management: versagt. Investment-Banking: versagt. Compliance: versagt. Geschäftsleitung: versagt. Verwaltungsrat: versagt. Das kann niemand schönreden, nicht einmal schönsaufen. Ausser, man will den CEO lächerlich machen. Corporate Communication: versagt.

 

 

1 Antwort
  1. Eveline Maier
    Eveline Maier sagte:

    Die Hypothekarbank Lenzburg ist ordentlich gut – und vorallem berechenbar unterwegs. Kenne niemanden mehr, der Aktien unserer drei Grossbanken im SMI besitzt.

    Sehr traurig, dass institutionelle Anleger oft den ganzen Index kaufen müssen.

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