Rollenspiele

Tamara Wernli hat man einfach gernli. Einmal, zweimal, keinmal.

Frau, konservativ, provokativ. Mit dieser Nummer macht Tamara Wernli seit einiger Zeit den Abschied von der «Weltwoche» leichter. Letzte Seite, «Tamaras Welt», aber nicht meine, Heft wird zugeklappt.

Neben Claudia Schumacher ist Wernli wohl die bröseligste Platzverschwendung seit Erfindung des «Petit Beurre»-Krümelmonsters. Es ist ja auch nicht leicht, jede Woche keinen Einfall zu haben und damit eine Seite zu füllen. Über den Zusammenhang zwischen Corona und Sex im Stresstest. Über die angekündigte, aber wohl ausbleibende Apokalypse. Über die Abgabe von Gratis-Tampons.

Und was einem halt sonst noch einfällt, während man die High Heels auf den Schreibtisch legt. Die meisten dieser Stücke zeichnen sich durch humorlose Staubtrockenheit aus. Aber eigentlich kommt Wernli ja vom Bewegtbild, daher weiss sie, wie man eine Kamera aufstellt und etwas für Studio-Atmosphäre sorgt. Denn sie ist eine «Video-Bloggerin».

Tamaras Welt ist überall. Leider

So bespasst sie immerhin über 50’000 Abonnenten ihres Channels auf YouTube mit bislang 113 Videos. Bei diesem Oeuvre fällt es natürlich schwer, Frau und Werk richtig zu würdigen. Also greifen wir doch einfach das jüngste Spitzenerzeugnis heraus.

Keinen Gedanken haben und ihn ausdrücken können, das zeichnet nach Karl Kraus den Journalisten aus. Da legt Wernli noch locker ein, zwei Scheite drauf. Sie kann ihn nämlich nicht ausdrücken, wendet ihre Kernkompetenz Humorlosigkeit auf Satireversuche an und erschreckt uns damit gleich doppelt.

So in der «Parodie» «Corona: Wie sie uns heimlich ERZIEHEN wollen». Zunächst die Packungsbeilage: Für Schäden oder Nebenwirkungen lehne ich jede Verantwortung ab. In diesem Brüller sitzt eine locker gekleidete Wernli einer streng mit Brille, Deux-Piece und natürlich Goldkettchen mit kleinem Glitzersteinchen verkleideten gegenüber.

Zusammenarbeit: Roger Köppel (links) und Tamara Wernli (rechts).

Wernli streng gegen Wernli locker

Wernli streng spielt eine «Moralexpertin», die Wernli locker zu einem «Moraltest» aufgeboten hat, um «zu sehen, ob sie ein guter Mensch sind». Der Leser wird es mir danken, dass ich ihm das 60-minütige Feuerwerk an Pointen, knackig-witzigen Dialogen und krachenden Niederlagen der «Moralexpertin» erspare. Es steht am Schluss ungefähr 40 zu 0 für die lockere Wernli. Oh, ich sehe gerade, es sind nur 6 Minuten.

Auf jeden Fall endet die Horror-Parodie einer Satire damit, dass die lockere Tamara durch den Test gefallen, daher ein «schlechter Mensch» sei und ihr empfohlen wird, sich in ein Boot-Camp zu begeben.

Selbst der Blumenstrauss seufzt auf

Für die bis hierher Überlebenden fällt dann die strenge Tamara aus der Rolle, schiebt sich die Intellektuellen-Brille ins Haar und wünscht den Zuschauern ein gutes neues Jahr. Als sie androht, auch 2021 ihre Fans zu bespassen, lässt sogar der Blumenstrauss neben ihr hörbar eine Blüte fallen. Was soll er sonst auch machen, der Arme.

Vielleicht sollte Wernli mal ein paar Ausgaben von «Die Anstalt» im ZDF anschauen. Da wird der Fake-Dialog zwischen einem böswilligen Zyniker und einem um Fassung ringenden aufgeklärten Menschen in Perfektion dargeboten. Erst noch faktenbasiert mit Schautafeln. Sicher, das Beste, was dem deutschen Farbfernsehen seit Harald Schmidt eingefallen ist. Aber leider ist die Hoffnung wohl vergeblich, dass Wernli zur Einsicht fähig ist, dass die Welt schon trübe und traurig genug ist. Auch ohne Tamaras Welt.

4 Kommentare
  1. Victor Brunner
    Victor Brunner sagte:

    Liebes Ruthli, für Frau Schumacher etwas schwierig beim TA unterzukommen. Da wimmelt es von MainstreamjournalistenInnen, die decken alles ab was es an Unsinn zu schreiben gibt. Die unermüdliche Bettina Weber empfiehlt «Männer unter sich» auf Amazon Prime, die immer jugendlich wirkende Michele Binswanger, bald ein halbes Jahrhundert alt, freut sich über Trainer Chris, könnte Brad Pitts Bruder sein, «K.o. in der ersten Runde», Nina Kobelt legt sich für vegane Ernährung und trockenes Ofengemüse ins Zeugs, «Einen Monat vegan: so schaffen sie es» mit Satzhülsen die wir letztes Jahr immer wieder lesen konnten. Guido Kalberer, Philippe Zweifel, Michèle Binswanger, Sandro Benini, Andreas Tobler, Linus Schöpfer, Susanne Kübler, Nora Zukker, Martin Ebel, Alexandra Kedves empfehlen uns die besten Bücher von 2021, sie haben auch schon die Bücher gelesen die noch im Lektorat sind, eine enorme Leistung. Auch Bücher, 5 Kochbücher, empfiehlt Christian Seiler, 3 aus dem AT Verlag, ein Schelm wer da Filz vermutet.

    Sie sehen für Frau Schumacher hat wenig Chancen an der Werdstrasse. Für die treuen und dummen Abonnenten des TA die all den Käse und Lügen, beste Bücher, finanzieren kann es auch 2021 nur heissen «Machen wir das Beste daraus» und hoffen dass die Werdstrasse den journalistisch möglichen Tiefpunkt endlich erreicht hat!.

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  2. Victor Brunner
    Victor Brunner sagte:

    Man muss Frau Wernli zugute halten dass «Bespassen» immer schwieriger wird wenn frau bald ein halbes Jahrhundert alt ist. Welche Follower will ich ansprechen? Wie kann ich bei Jungen punkten? Sexualität? Können andere besser? Ältere mit Familienthemen und Zusammenleben? Eher nicht! Beispiel: youtube.com/watch?v=oTMbL5jHn3w. Gähnminuten, aber genial für den Kanal einen Sponsor zu finden und bei Laune halten.

    In einem Interview hat Frau Wernli einmal gesagt: … Ich schreibe ja oft mit einem Augenzwinkern. Schön wäre es, wenn ich dabei das eine oder andere Schmunzeln auslösen könnte». Das gelingt ihr, ein nachsichtiges und grosszügiges Schmunzeln ist fair, sie macht was sie kann, mehr geht nicht. Vielleicht kann sie ihren Chef zum schmunzeln bringen der gerade eine desaströse Zeit durchlebt. Trump weg, meine «brillianten und wortreichen» Analysen alles falsch, USA nicht verstanden und meine Bekannte in den USA hat nur drei Stimmcouvert bekommen (natürlich nicht belegt), mein grosses Idol hättevon 300 gesprochen!

    Das Leben im Asylzentrum an der Förrlibuckstrasse ist hart und herausfordernd, Tamara Wernli ist da bestimmt ein Sonnenschein und Bereicherung, man mag es ihr gönnnen!

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  3. Ruthli vom Rütli
    Ruthli vom Rütli sagte:

    Weltwoche: Bei Claudia Schumacher gebe ich Ihnen recht. Die Narzisstin sieht sich als grosse Autorin und schreibt über irgendwelche US-Popsternchen und Rapperinnen, die kein Schwein interessieren, ebenso wenig wie ihre amourösen Befindlichkeiten. Mainstream pur. Die Dame soll doch beim Tagi oder bei der «Zeit» ihr Zeilengeld abholen.
    Youtube & Co.: Sorry, Herr Zeyer, das ist für Dauerpubertierende. Gestandene Leute ignorieren den Schrott.

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