Gerüchte um TELE-Einstellung

Ringier leistet sich den Luxus von sechs TV-Programmzeitschriften und neu einem speziellen «Streaming-Heftli».

TV-Programmzeitschriften liegen auf dem Sofatischchen. Man blättert darin. Was kommt nach der Tageschau Spannendes in der Glotze? Die Heftli scheinen wie aus der Zeit gefallen. Sie werden mit dem traditionellen Publikum älter, das nichts von zeitversetztem TV-Konsum wissen will und SwisscomTV und UPC für etwas bezahlt, das es nie nutzt.

Fast das Monopol

Ringier Axel Springer Schweiz ist bei Programmzeitschriften Markführer in der Schweiz. Man leistet sich den Luxus interner Konkurrenz. TELE und TV Star heissen die beiden Flaggschiffe. Daneben gibt’s noch TVvier, TV Land & Lüt und TV8. Als Supplement gibt’s  die dünne Gratisbeilage TV täglich, die etwa der Schweizer Illustrierten beiliegt. Doch der Gemischtwarenladen hat sogar noch eine Neuerscheinung im Angebot: Seit November ist die komplett neue Zeitschrift Streaming auf dem Markt. Ist der Erscheinungsrhythmus üblicherweise einmal wöchentlich, kommt «Streaming» 12-mal im Jahr heraus. Speziell und neu ist, dass man es wie Netflix monatlich abonnieren und abbestellen kann.

Gleiche Redaktion für ein komplett neues Heft zusätzlich

Doch die Redaktion stöhnt. Denn die gleichen Leute müssen nun mit «Streaming» noch ein weiteres Heft produzieren – mit immerhin 84 Seiten. Gemunkelt wird, dass zumindest TELE bald nicht mehr erscheint. Die Auflage sinkt und die interne Konkurrenz ist gross. Böse Zungen behaupten gar, dass «Streaming» eine Art interner Test sei, wer fit für die neuen Medien sei. Sprecher Mike Pelzer gibt sich aber gelassen: «Eine Einstellung oder Zusammenführung von TELE und TV-Star ist nicht geplant». Und die Belastung der Redaktion mit dem neuen Streaming-Heft? Auch da sieht er kein Problem: «Die Produktion des Magazins liegt bei der bestehenden TELE-Redaktion, deren Expertinnen und Experten sich seit Jahren mit dem Streaming-Angebot auseinandersetzen.»

Warum hat man ein neues Heftli lanciert und nicht versucht, die Streaming-Angebote ins TELE und/oder in den TV Star zu integrieren? Darauf antwortet Pelzer nicht. Als interne Konkurrenz betrachtet er das neue Heftli ebenfalls nicht. «TELE und TV-Star berichten nebst dem klassischen TV-Programm ebenfalls über Neuheiten aus diesem Bereich – Streaming hingegen fokussiert voll und ganz auf die Welt von Netflix, Sky, Disney+ & Co. und schafft damit ein neues, für die Schweiz einzigartiges Angebot.»

Zufall? Gleiches Lancierungsdatum und gleicher Name

Zeitgleich hat übrigens die deutsche Funke-Mediengruppe eine Zeitschrift gleichen Namens lanciert. Laut der «Medienwoche» zufällig und ohne Zusammenarbeit. Da war man – als Erinnerung – bei Landliebe (CH) weniger konsequent. 2011 adaptierte der ungekrönte Ringier-Heftlichef Urs Heller das Vorbild Landlust (De) auf die Schweiz. Landliebe ist und bleibt vorderhand eine der erfolgreichsten Neulancierungen der letzten zehn Jahre. Die Auflage beträgt 225000 Exemplare. Dieses Jahr kann Landliebe sein 10-Jahr-Jubiläum feiern.

Keine Zahlen, keine Auskunft

Ob das «Streaming» auch schafft? Wie das Heft beim Publikum bisher angekommen ist, will der Ringier-Sprecher nicht sagen. «Zur Anzahl Abonnements oder Kioskverkäufen unserer Titel geben wir generell keine Auskunft». Das lässt nicht gerade einen schnellen Start vermuten.

Verzicht auf Onlinepräsenz als Vorbote?

Überhaupt läuft es mit den Programmzeitschriften nicht gerade gut. Sinkende Auflagezahlen und ein für die Branche untypischer Entscheid. «TELE verzichtet auf seiner Onlinepräsenz seit kurzem bewusst auf die vollständige Auflistung des TV-Programms. Das Interesse an einer digitalen Version des linearen Programms hat sukzessive abgenommen», so der Ringier-Sprecher. Wenn das nur nicht der Anfang vom Ende ist. Das Interesse an einer digitalen Version am linearen Programm nimmt ab. Wie sehr muss über kurz oder lang nicht auch das generelle Interesse am linearen Programm abnehmen? Mike Pelzer* bleibt optimistisch: «Wir setzen deshalb nicht zuletzt auch mit streaming.ch auf redaktionelle Einordung und schaffen so für unsere Leserinnen und Leser einen echten Mehrwert.»

*) Mike Pelzer? Pelzer war neben Gülsha Adilji beim damaligen Jugendsender Joiz das Aushängeschild. 2015 sagte er zum online-Portal persoenlich.com: «Ich bin des Geschichtenerzählens müde. Nach Erfahrungen im Print, Radio und TV freue ich mich auf eine neue Herausforderung abseits der Medienbranche». Was er zukünftig machen werde, bleibe deshalb auch sein Geheimnis. Nun ist klar, er ist Mediensprecher geworden. Also fertig Geschichten erzählen….

1 Antwort
  1. Andi
    Andi sagte:

    Die vielen Serien mit einem Printprodukt abzudecken ist an sich eine durchaus tolle Idee. Nur hat man es bei Ringier Springer verpasst, eine gute Zeitschrift zu kreieren. Mengenmässig viel zu umfassend, die Navigation ein unübersichtliches Schlachtfeld, das Design/Layout wirkt wie vor 20 Jahren, ältlich, und hat den Touch von hausgemacht. Schade. Man hat eine grosse Chance verpasst, das Produkt wird nicht lange überleben. Oder wie bei Ringier Springer üblich: es wird lange schöngeredet und eines Tages spontan wortreich begraben. Amen.

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