Johann Oberauer: «Ihr seid mir zu negativ»
Der Verleger des «Schweizer Journalisten» über Leidenschaft.
Der wichtigste Medienflüsterer der Schweiz will ein Österreicher sein: Johann Oberauer*. Vor 15 Jahren hat er das Fachmagazin aus dem Boden gestampft. Früher lag das Heft nur ein paar Stunden auf den Schweizer Redaktionen herum, bis es jemand entwendete; so geil war es. Der Glanz früherer Tage hat etwas nachgelassen. Der 61-Jährige ist aber immer noch der Gleiche. Zackbum findet er wahrscheinlich ziemlich bedeppert:
ZACKBUM: Sie kennen ja beide Welten (Österreich und Schweiz). Merken Sie gleich, ob ein Text von einem Österreicher oder Schweizer geschrieben wurde?
Johann Oberauer: Es ist die gemeinsame Sprache, die uns trennt, hat einst Karl Kraus über das Verhältnis der Österreicher zu den Deutschen geschrieben. Mag sein, dass das auch für die Beziehung zwischen der Schweiz und Österreich gilt. Ich persönlich liebe die Schweizer Sprache, auch wenn ich nicht alles verstehe. Und ich liebe die Schweizer. Aber das ist ein anderes Thema.
Die beiden grössten Geschichten in der Schweiz wurden entweder von amerikanischen Medien (Sepp Blatter) oder von der Einmannfirma InsideParadeplatz (Pierin Vincenz) enthüllt. Was sagt das über den Schweizer Journalismus aus?
Finden Sie? Unsere Journalistinnen des Jahres haben zur Crypto-Affäre aussergewöhnliche Arbeit abgeliefert. Kann es sein, dass Zackbum die Arbeit von Frauen nicht gleich würdigt?
Nicht doch. Wie kann man einer 20-Jährigen am besten vom Journalismus abraten?
Warum? Journalismus ist einer der spannendsten Berufe. Mag sein, dass es früher noch besser war. Aber früher war ja alles besser. Ich habe übrigens meinen beiden Kindern geraten, Journalismus zu machen.
Und ich drohe meinen Kindern. Was halten Sie generell vom Schweizer Journalismus?
Mir gefällt offengestanden Ihre Frage nicht. Da schwingt wenig Wertschätzung mit. Ich habe in mehr als 15 Jahren in der Schweiz aussergewöhnliche Journalistinnen und Journalisten kennengelernt – und auch weniger aussergewöhnliche. Wie in Österreich oder in Deutschland auch. Das das ist aber auch bei Automechanikern und Ärzten so.
Wie unterscheidet sich der Journalismus in Österreich von dem in der Schweiz?
Nicht so stark, als dass man darüber eine Geschichte schreiben könnte.
Was muss in der Schweiz geändert werden, damit der Journalismus nicht von Bettelaktionen abhängig ist?
Ich verstehe Ihren Stolz und ich stehe liebend gerne an Ihrer Seite. Aber die Wirklichkeit sieht manchmal etwas anders aus. Nebenbei, wie die Republik das zum Beispiel macht, ist hoch kreativ. So etwas habe ich in all den Jahren noch nie gesehen. Da werden normale Leserinnen und Leser als Verlegerinnen und Verleger angesprochen. Ein Überhöhung, um dann elegant Geld aus der Tasche zu holen. Hut ab. Ich habe übrigens auch gerne gezahlt.
Okay. Was halten Sie eigentlich von uns?
Ihr könntet das besser machen. Viel besser. Nur jammern und runterziehen bringt uns als Branche nicht weiter. Zeigt Lichtblicke. Gebt Hoffnung. Die Welt da draussen ist schöner und besser als ihr das beschreibt. Echt, ihr seid mir viel zu negativ. Ich komme zu Ihrer Eingangsfrage zurück, wo ich Ihnen geantwortet habe: Ich liebe die Schweizer Sprache und ich liebe die Schweizer. Wie ist das mit Ihnen? Lieben Sie den Journalismus? Lieben Ihren Job? Und wie stehen Sie zum Thema Verantwortung?
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*Johann Oberauer über sich: «1959 als Sohn eines Briefträgers geboren. Vater und Mutter sind Kinder Salzburger Bergbauern. Das hat wohl auch mich geprägt. Ich bin diesem Land tief verbunden, besonders den Bergen. Seit mehr als 30 Jahren Verleger, Herausgeber und Journalist – und oft genug in einem überschaubaren Medienunternehmen auch «Mädchen für alles». Ich mache meine Aufgabe mit Leidenschaft und werte mein Tun nach dem Sinn für diese Gesellschaft. Das ist manchmal mehr und manchmal auch weniger. Geld ist für mich in diesem Zusammenhang notwendig, aber nicht die treibende Kraft. Ich bin überzeugt, dass Medien und Journalismus wichtig für unsere demokratischen Strukturen sind, heute mehr denn je. Ich bin auch überzeugt, dass wir Antworten für manche Fragen im Kleinen finden und manche im Grossen. Vor diesem Hintergrund bin ich auch ein überzeugter Europäer. Mein Ziel ist, noch einige Jahre gestaltend im Unternehmen zu wirken. Meine Töchter Verena und Dagny sind längst an meiner Seite und werden mal ganz übernehmen.»
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